Bayerns CSU-Ministerpräsident Markus Söder – wer sonst – war natürlich der erste, der das zuvor von der gesamten deutschen Politik einhellig beschworene Freiwilligkeitsprinzip bei der Corona-Impfung zur Diskussion stellte: Der mit weitem Abstand zynischste und ruchloseste Corona-Sheriff der Nation pickte sich die impfskeptischen Angehörigen der Pflegeberufe heraus, rückte sie sublim in die geistige Nähe von Covidioten und Verschwörungstheoretikern – und wollte sie als Berufsgruppe einem kollektiven Impfzwang unterwerfen. Es dauerte nicht lange, bis andere auf den Zug aufsprangen.
Am Ende, das lässt sich jetzt schon nüchtern festhalten, wird es dann genau so kommen, wie von Anfang an befürchtet – die Politik hat wieder einmal dreckigst gelogen und ihre eigenen Zusagen schamlos aufgeweicht. Statt die an vorderster Front mit Covid konfrontierten Pflegekräfte erst zu nehmen, macht Schröder sie lächerlich, setzt seine “Weisheit” über den Impfstoff über ihre Bedenken – und will sie als Brückenkopf einer dann absehbar nach und nach auf andere Gruppen ausdehnbaren Impflicht missbrauchen. Soviel übrigens zum Thema “Dankbarkeit” für die in dieser Krise wohl systemrelevantesten Fachkräfte, für die letztes Jahr von Balkonen geklatscht und im Internet Dankessständchen dargeboten wurden, und die laut vollmundiger Versprechungen der Regierenden unbedingt materiell bessergestellt und mit mehr “Wertschätzung” bedacht werden müssten.
Schäbig, aber erwartbar war da, dass selbst der deutsche Ethikrat eine Impfpflicht für Pflegeberufe “nicht ausschließen” will; kein Wunder – kam doch im November aus dessen Reihen die Forderung nach einem mögliche Beatmungsverzicht für Nichtgeimpfte; eine reine Geisterdebatte ohne realistischen Hintergrund zwar, die dennoch tief blicken ließ. Die Ärzteverbände hingegen erteilten einer Impfpflicht eine kategorische Absage.
Erst Södolf, dann Brinkhaus
Dass diese nach und nach dennoch kommen wird, und zwar letztlich für alle, das zeigten dann vorgestern die Einlassungen eines weiteren Unionspolitikers: CDU-Fraktionschef Ralph Brinkhaus bezeichnete es plötzlich als “fair”, wenn Länder in der Europäischen Union eine Risikoeinschätzung bei geimpften oder nicht geimpften Reisenden vornehmen würden – so wie dies zuvor Griechenland (mit seiner Forderung nach einem Impfpass) angekündigt hatte. Wenn jemand aus einem stark belasteten Corona-Gebiet komme, “dann möchte ich natürlich wissen, welches Risiko der nach Deutschland mit reinbringt“, sagte Brinkhaus der “RTL/n-tv“-Redaktion. Wenn die Person geimpft sei, dann bringe diese ein “geringeres Risiko” nach Deutschland. Brinkhaus wörtlich: “Insofern ist es dann so, dass es schon Sinn macht, die Person anders zu behandeln als jemanden, der nicht geimpft ist.” Das ist EXAKT jene Diskriminierung, die es nicht geben sollte – und zieht eine Impfpflicht für jeden nach sich, der diese Diskriminierung für sich ausschließen will.
Kein Wort verlor Brinkhaus übrigens über die unmittelbaren Nachbarstaaten von Deutschland, wo die von ihm geforderte Risiko-Achtsamkeit so überhaupt keine Rolle spielt – etwa Tschechien, das seit Wochen landesweite Corona-“Inzidenzwerte” von 600, 700 und mehr pro 100.000 Einwohner aufweist. Hier spielt wohl wieder die enge EU-Nachbarschaft eine zu große Rolle. Dass aus Tschechien Tag für Tag über 9.000 Tschechen alleine nach Sachsen kommen, um hier zu arbeiten, das scheint für Berliner Corona-Wächter keinen akuten Handlungsbedarf erforderlich zu machen. Die “Welt” schreibt in diesem Zusammenhang von einem “Kontrollverlust, der bis heute in Europa so gut wie beispiellos ist“. Dieses Problem war übrigens schon bekannt, als deutsche Qualitätsmedien im Dezember angebliche “AfD-Hochburgen” in Sachsen – wegen des behaupteten Konnex zur Querdenker-Bewegung – als Treiber der Corona-Infektionszahlen ausgemacht zu haben meinten. (DM)