Bislang galten – neben der Austrocknung der Schwarzarbeit – vor allem die Verwirklichung des gläsernen Bürgers, die Nachverfolgbarkeit aller Geldströme und die lückenlose Ausforschung des Konsumverhaltens als Hauptmotive der schleichenden Abschaffung des Bargelds. Nun kommt noch ein weiterer, womöglich ausschlaggebender Nebeneffekt zum Vorschein: Zunehmend entpuppt sich das bargeldlose Zahlen als gefährliche Gebührenfalle. Die deutschen Geldinstitute zocken ihre Bürger immer dreister ab.
In Zeiten von Nullzinspolitik und Wirtschaftskrise sind die Banken ganz wepsig auf jede sich bietende Gelegenheit, für noch so geringfügige “Dienstleistungen”, bei denen es sich im Prinzip um Selbstverständlichkeiten der Geschäftsbeziehung handelt, satte Gebühren zu verlangen – vom Kontoauszug über Einzahlungsspesen bis zu Strafgebühren bei der Annahme von Münzgeld. Neuerdings breitet sich in Deutschland flächendeckend eine weitere Unsitte aus: Immer mehr Institute bitten ihre Kunden für Zahlungen mit ihrer Girocard (ehemals ec-Karte) schamlos zur Kasse – aber nicht etwa durch Monatspauschalen, sondern jeweils pro einzelnem Bezahlvorgang. Wie der “Stern” vergangene Woche berichtete, erheben mittlerweile mehr als 460 deutsche Institute Gebühren für jede Transaktion.
Sie nutzen damit unverschämterweise gleich zwei Effekte für sich aus: Zum einen wird aus Hygienegründen seit Beginn der Pandemie sowieso weitaus öfter zur Kredit- oder Giro-Karte gegriffen, selbst bei kleinsten Zahlungsvorgängen und Besorgungen – ob Parkhaus, McDrive, Tankstelle oder bei Aldi. Corona erhöhte die Zahl der einzelnen Kartentransaktionen merklich. Zum anderen führt die Reduzierung der Bargeldstückelungen – der 500-Euro-Schein wird bereits eingezogen, die Abschaffung des Kupferkleingelds wird diskutiert – zur immer stärkeren Verleidung und Verkomplizierung der Barzahlung für den Kunden. Und gerade weil es so praktisch, hygienisch, diebstahlsicher und vermeintlich kostenlos ist, verwenden immer mehr Deutsche achtlos die Karte und gehen oftmals sogar ganz ohne Bargeld aus dem Haus.
Doppelte Ausnutzung argloser Kunden
In Italien, Griechenland oder Spanien werden oftmals sogar Centbeträge über Karte bezahlt – kein Problem, weil hier die Girokartennutzung in der Regel, wie überall im kompletten Euroraum, für die Endverbraucher völlig kostenlos ist. Nur in Deutschland wird zugelangt – manchmal nur wenige Cent, manchmal aber bis zu 75 Cent pro Buchung. Der Schnitt soll, so Ballio.de, bei mittlerweile 35 Cent pro Transaktion liegen; 255 Euro zusätzliche Gebühren bedeutet dies für den, der zweimal am Tag die Karte zückt.
Besonders dreist: Oft werden die Gebühren gar nicht separat ausgewiesen, sondern kumuliert unter dem Posten “Buchungsgebühren” eingezogen – und fallen so vielen Kunden überhaupt nicht auf. Dass bei dieser insgesamt fragwürdigen Praxis ausgerechnet Sparkassen sowie Volks- und Raiffeisenbanken als besonders teure “Wegelagerer” in Erscheinung treten ( obwohl sie als öffentliche oder genossenschaftlich organisierte Banken eigentlich eine soziale Satzungsgrundlage verfolgen), ist mehr als ärgerlich. (DM)