So tragisch und bedauerlich der Tod der CDU-Bundestagsabgeordnete Karin Strenz auch ist – einige offene Fragen müssen in diesem Zusammenhang erlaubt sein. In einer Pandemie, die den Bürgern nie gekannte Freiheitseinschränkungen abverlangt, ist das Verhalten insbesondere von Volksvertretern von höchsten öffentlichen Interesse, die dafür die politische Verantwortung tragen. Zumal die Unionsfraktion nach den Maskenskandalen ohnehin unter besonderer Beobachtung steht.
So stellt sich zuerst einmal die Frage: Was macht eine deutsche Bundestagsabgeordnete der Regierungsfraktion im Lockdown, während Millionen Deutsche wirtschaftlich und seelisch vor dem Kollaps stehen, auf Kuba – wohlgemerkt inmitten der laufenden Sitzungsperiode des Bundestages? Es sind keine Parlamentsferien, der Wahlkampf steht unmittelbar bevor, gerade in Zeiten wie diesen sind Dauerpräsenz und offenes Ohr für die Bürger für JEDEN Abgeordneten das Mindeste, was erwartet werden muss. Strenz, die mit ihrem Mann in Kuba war, war jedenfalls nicht als Abgeordnete, sondern privat unterwegs; der eigentliche Hintergrund der Reise ist unklar. Aus der CDU/CSU-Fraktion heißt es, so die „Tagesschau„, sie sei „nicht dienstlich unterwegs gewesen„.
Ausgerechnet also während Mallorca-Reisende beargwöhnt, mit Pflichtquarantäne bedroht und als unsoziale Mutanten-Einschlepper vorkriminalisiert werden, während man den Deutschen zu Ostern bestenfalls wildes Campen oder kleinteilig-isoliertes Pseudo-Urlauben im eigen Bundesland zugesteht, da machen Vertreter der politischen Eliten Weltreisen und genießen karibischen Urlaubsflair, was bei den üppigen (im Gegensatz zu Corona-Hilfen krisensicher und pünktlich ausgezahlten) Diäten natürlich kein finanzielles Problem darstellt. Man kann nur hoffen, dass Strenz und ihr Mann nicht womöglich eines der Kombi-Angebote aus Luxusurlaub und Impfung im Ausland in Anspruch genommen hatte; abgesehen davon, dass es sich in diesem Fall um ein inakzeptables Vordrängeln gehandelt hätte, wäre der Tod Strenz‘ dann am Ende vielleicht ja gar ein Impfunfall…
Eigenmächtigkeit der Eliten?
Strenz, wie Angela Merkel Abgeordnete aus Mecklenburg-Vorpommern, galt ohnedies als angezählt – sie stand im Mittelpunkt von Ermittlungen der Aserbaidschan-Affäre Anfang 2020, als es im Zusammenhang mit Geldflüssen aus dem autoritär regierten Kaukasusland sogar eine Hausdurchsuchung bei der CDU-Politikerin gab (es ging um rund vier Millionen Euro, die zwischen 2008 und 2016 über britische Briefkastenfirmen und baltische Konten geflossen seien). Gegen Strenz wurde daraufhin wegen Mandatsträgerbestechung und Geldwäsche ermittelt. Anders als ihre Fraktionskollegen Georg Nüßlein und Nikolas Löbau, die bei Maskengeschäfte abkassiert hatten, wurde Strenz jedoch nicht zum Rücktritt genötigt.
Dass die 53-jährige jetzt trotz Notlandung in Irland verstarb, ist fraglos schrecklich und eine menschliche Tragödie – doch dieser Umstand darf nicht vom Grundsätzlichen ablenken: Um wieviel gleicher als andere sind eigentlich manche in dieser Pandemie? Was erlauben sich – vor allem in Merkels Unionsreihen – die Parlamentarier noch alles an politischen Instinktlosigkeiten, seit sie der Regierung auf dem Silbertablett weitreichende Vollmachten übertragen haben? Und: Handelt es sich hier womöglich nur um die Spitze eines Eisbergs? (DM)