Auch Frank-Ulrich Montgomery, Präsident des Weltärztebundes, reiht sich nun in die Linien der regierungs- und maßnahmenloyalen Alarmtröten ein – nachdem er letztes Jahr, bei Masken und PCR-Tests, noch recht luzide und unaufgeregte Standpunkte vertreten hatte. Jetzt knöpft er sich eine der wenigen Bastionen der Hoffnung auf zumindest simulierte Teilnormalität vor – und greift das „Tübinger Modell“ des dortigen grünen OB Boris Palmer scharf an: Dieses sei „mehr oder weniger gescheitert„. Dass Menschen also das im Frühling das Normalste der Welt unternehmen, im Freien zusammensitzen und dies sogar nur nach vorherigem Negativtest, ist für den Spitzenfunktionär der Weltmedizin also ein Scheitern – welch ein ideeller Offenbarungseid!
Man gewinnt zunehmend den Eindruck, selbst kluge Köpfe mit privilegiertem Zugriff auf Datenmaterial verlieren im fachidiotisch-panikgelenkten Tunnelblick inzwischen das Wesentliche aus den Augen. Die Devise „Operation gelungen, Patient tot“ realisiert sich bei ihnen in der Erwartung, am besten alles Leben abzuwürgen, damit niemand mehr biologisch stirbt. Was hier zum Zweck der „Infektionsvermeidung“ bei einem relativ unauffälligen, im Vergleich zu anderen Erregern kaum letalen Virus an Kollateralschäden, Nebenwirkungen und Opfern in Kauf genommen wird, sprengt inzwischen jede Dimension und zeigt eines: in dieser Pandemie hat längst der Schwanz begonnen, mit dem Hund zu wedeln.
Dass auch Montgomery im Interview mit „n-tv“ an den Anfang seiner Überlegungen die These der „steigenden Infektionszahlen“ stellt und von dieser ausgehend die „dritte Welle“ mit ihren angeblich horrenden Auswirkungen entwirft (die in den Urspungsländern der Mutante B.1.1.7, Großbritannien und Irland, erstaunlicherweise ausblieben), macht im Prinzip schon seine weiteren Ausführung obsolet. Denn es ist ja gerade dieser willkürlich zusammengetestete, wertlose und keiner stochastischen Systematik folgende „Inzidenzen“-Wahn, der überhaupt die von niemandem erlebte, im Alltag nirgends präsente Krise einzig abbildet. Und wer um die zwangsläufig ständig durch die Bevölkerung laufende, riesige Dunkelziffer immer schon vorhandener, aber nicht getesteter Infizierter ohne jede behördliche Registrierung weiß, dem muss auch klar sein, dass das Infektionsgeschehen völlig unabhängig von den jeweils ergriffenen Maßnahmen durchläuft – und die zufällig herbeigetesteten Werte schlicht überhaupt keinen Aussagewert haben.
Zahlen-Voodoo aus dem Mund der Spitzenmediziner
Dass auf Grundlage dieses Zahlen-Voodoos Montgomery nun ebenfalls postuliert, jetzt helfe „nur ein harter Lockdown„, und selbst die intelligenten – wenngleich ihrerseits noch immer viel zu restriktiven – Öffnungskonzepte unter permanenter Echtzeit-Testpraxis verteufelt, sollte auch dem letzten Zweifler klarmachen: Es gibt mit diesen „Experten“ niemals mehr einen Ausweg aus der Krise. Montgomery lobt sogar Armin Laschet für seinen (gestern erwartungsgemäß durchgefallenen) Vorstoß eines „Brücken-Lockdowns“, und arrogant kommentiert er von oben herab: „Es hat ein bisschen gedauert, aber auch Armin Laschet hat dazugelernt, dass man mit populistischen Ankündigungen nicht weiterkommt.“
„Populismus“, das ist für den Weltärztechef wohlgemerkt nicht die theatralische Beschwörung der aufgebauschten Virusgefahr unter Außerachtlassung aller fürchterlichen Folgen des Lockdown, sondern das genaue Gegenteil: Unverantwortlich ist für ihn ist Eintreten für Grundrechte, für soziales Miteinander, für ein Minimum an zumindest marginalen Lebensfreiheiten. Dass ein um Wählersympathien buhlender CDU-Parteichef im Rennen um die Kanzlerschaft nun ebenfalls endlich opportunistisch dem Willen einer panikverhetzten Mehrheit folgt und statt Entspannung ebenfalls auf Endsieg im totalen Lockdown setzt, findet seine wohlwollende Anerkennung. Angesichts dermaßen verschobener Werte, Koordinaten und Empfindsamkeiten für urmenschliche Lebensbedürfnisse kann einem nur angst und bange beim Gedanken daran werden, welche Rolle die linientreuen Ärzte im künftigen Gesundheitsregime spielen werden. (DM)