Berlin – Die Pandemie-Profiteure haben ganze Arbeit verrichtet: Experten rechnen damit, dass die Zahl der Langzeitarbeitslosen in diesem Jahr deutlich steigen wird. “1,3 Millionen bis Jahresende würden mich nicht überraschen”, sagte der Wirtschaftsweise Volker Wieland der “Welt am Sonntag”. Das wäre ein enormer Anstieg im Vergleich zu vor der Pandemie: Im März 2020 lag die Zahl bei nur gut 700.000. Im März lag sie noch bei 1,03 Millionen, im April und Mai werden diejenigen, die zu Beginn der Coronakrise ihren Job verloren und bislang keinen neuen fanden, erstmals in der Statistik auftauchen.
“Damit dürfte die Zahl der Langzeitarbeitslosen um mindestens weitere 100.000 Personen steigen”, sagte Bernd Fitzenberger, Direktor des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit, der “Welt am Sonntag”. Besonders angespannt ist die Lage für schlecht Ausgebildete. Für sie dürfte es infolge des strukturellen Wandels in einigen Branchen künftig weniger Jobs geben.
Die Bundesregierung rechnet laut einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der FDP, über die die “Welt am Sonntag” berichtet, damit, dass sich “langfristig die Beschäftigungschancen von Geringqualifizierten auch durch den allgemeinen Strukturwandel verschlechtern”. Dieser sei durch die Pandemie in manchen Sektoren beschleunigt worden. “Um Verfestigung von Langzeitarbeitslosigkeit zu vermeiden, ist es deshalb wichtig, Qualifizierung zu unterstützen, berufliche Umorientierung zu ermöglichen und dadurch individuelle Erwerbschancen zu steigern”, so die Bundesregierung.
Betroffen ist auch die Industrie: “Selbst wenn sie den Strukturwandel meistert, zum Beispiel hin zur E-Mobilität im Automobilsektor, ist nicht klar, ob dann in gleichem Umfang Arbeitskräfte in der Industrie benötigt werden wie vorher”, sagte Wieland. IAB-Chef Fitzenberger rechnet damit, dass es mindestens zwei Jahre dauern dürfte, bis das Vorkrisenniveau von 700.000 Langzeitarbeitslosen wieder erreicht wird, und zwar auch dann, wenn Neueinstellungen politisch gefördert werden und die Krise in der zweiten Jahreshälfte endet.
Es ist also nicht nur die künstlich gezüchtete Pandemie, die massenweise Arbeitsplätze vernichtet, es ist auch die menschen-und umweltfeindliche Klimapolitik, die immer mehr Menschen in die Armut treibt.
Da wird man wohl doch mal applaudieren dürfen (Ironie off).
Hier weitere aktuelle Meldungen aus der Coronahölle:
RKI meldet 17855 Corona-Neuinfektionen – Inzidenz steigt auf 129,2
Das Robert-Koch-Institut (RKI) hat am frühen Sonntagmorgen vorläufig 17.855 Corona-Neuinfektionen gemeldet. Das waren 46 Prozent oder 5.659 Fälle mehr als am Sonntagmorgen vor einer Woche. Die Inzidenz stieg laut RKI-Angaben von gestern 120,6 auf heute 129,2 neue Fälle je 100.000 Einwohner innerhalb der letzten sieben Tage.
Für die Tage nach Ostern gilt ein Vorwochenvergleich als verzerrt, weil über die Feiertage manche Gesundheitsämter nur reduziert arbeiteten, und danach viele Nachmeldungen erwartet werden, andererseits wurden über die Feiertage womöglich weniger Tests gemacht. Erst ab etwa 17. April dürfte die Statistik wieder einen unverzerrten Trend zeigen. Insgesamt geht das Institut laut der vorläufigen Zahlen derzeit von rund 248.700 aktiven Corona-Fällen mit Nachweis aus, das sind etwa 9.700 mehr als vor einer Woche.
Außerdem meldete das RKI nun 104 Tote binnen 24 Stunden in Zusammenhang mit dem Virus. Innerhalb der letzten sieben Tage waren es 1.390 Todesfälle, entsprechend durchschnittlich 199 Todesfällen pro Tag (Vortag: 193). Damit erhöhte sich die Zahl der Todesfälle binnen 24 Stunden auf 78.353. Insgesamt wurden bislang 3 Millionen Menschen in Deutschland positiv auf das Coronavirus getestet.
Da es sich für den heutigen Tag um vorläufige Zahlen handelt, könnten diese später noch vom RKI korrigiert werden.
Landkreise kritisieren Bundesnotbremse
Die deutschen Landkreise haben die Pläne zur Vereinheitlichung der Corona-Schutzmaßnahmen scharf verurteilt. “Der vorliegende Entwurf ist ein in Gesetz gegossenes Misstrauensvotum gegenüber Ländern und Kommunen”, sagte Landkreistagspräsident Reinhard Sager den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Sonntagausgaben). “Damit verlässt der Bund den Modus gemeinsamer Krisenbekämpfung und will direkt vor Ort wirkende Maßnahmen anordnen.”
Sager zog in Zweifel, ob es gelinge, mit diesen Regeln die dritte Infektionswelle zu brechen. “Wir halten es jedenfalls generell für fraglich, passgenaue Lösungen für höchst unterschiedliche Situationen vor Ort unmittelbar in einem Bundesgesetz vorzuschreiben”, sagte der Landrat des Landkreises Ostholstein. Damit würden “verantwortbare Modellversuche über einer Inzidenz von 100” praktisch unterbunden.
Hinzu kämen “vom Bund über den Kopf der Länder hinweg angeordnete Schulschließungen”. Ausgangssperren seien ebenfalls sehr kritisch zu hinterfragen. Die Debatte sei auch getrieben von dem Wunsch nach bundeseinheitlichen Lösungen, so Sager.
“Das ist aber gerade nicht das Gebot der Stunde, da in einer sich örtlich sehr unterschiedlich darstellenden Pandemie pauschales Agieren nicht treffsicher genug ist.” Außerdem sei die reine Fokussierung auf die Inzidenz zu einseitig. “Hier müssen auch weitere Faktoren wie die Belegung der Intensivbetten und die Reproduktionszahl mit einbezogen werden”, forderte er.
Brinkhaus verlangt Aufbau ziviler Reserve für Krisenfälle
Als Lehre aus der Corona-Pandemie hat Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) den Aufbau einer zivilen Reserve für Krisenlagen vorgeschlagen. Notwendig sei ein permanenter Bund-Länder-Krisenstab, der “nachts um zwei Uhr damit beginnen könnte, eine Krise zu managen”, sagte Brinkhaus den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Sonntagausgaben). Dafür sei eine Grundgesetzänderung erforderlich, ebenso die Schaffung einer “zivilen Reserve von Freiwilligen, die kurzfristig und flexibel abrufbar und einsatzbereit” sei.
Einen ähnlichen Vorstoß hatte bereits Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) unternommen . Darüber hinaus rief Brinkhaus zu einer neuen Denkkultur auf. “Momentan haben wir zu viele Bedenkenträger, die die Umsetzung von notwendigen Reformen vereiteln”, kritisierte er.
“Das ist wie mit einem Formel-1-Rennwagen, der mit Tempo 300 in ein Kiesbett fährt. Egal, wie viel Kraft in dem Auto steckt: Es wird nach wenigen Metern zum Stehen kommen.” Die nächste Katastrophe werde “aller Voraussicht nach weder der Verteidigungsfall und auch nicht unbedingt eine Pandemie sein”, sagte Brinkhaus voraus.
“Vielleicht ist es ein Cyberangriff oder eine Klimafolgenkatastrophe, aber sie könnte schneller kommen, als wir denken.” Deutschland könne sich die bisherige Zersplitterung von Verantwortung nicht mehr leisten.
Groko-Rechtspolitiker für Bundestagsdebatte zu Geimpften-Freiheiten
Rechtsexperten von Union und SPD drängen darauf, das Thema Lockerungen für Geimpfte im Bundestag zu behandeln. “Wenn Studien bestätigen, dass Menschen nach einer Impfung nicht mehr infektiös sind, dann müssen die Beschränkungen zurückgenommen werden”, sagte der rechtspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jan-Marco Luczak (CDU) der “Welt am Sonntag”. “Das ist aus meiner Sicht verfassungsrechtlich zwingend, denn dann gibt es für diese Grundrechtseingriffe keinerlei Legitimation mehr.”
Ob Beschränkungen und bestimmten Bedingungen zurückgenommen werden sollten, müsse der Bundestag regeln. Der rechtspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Johannes Fechner, forderte, die ohnehin schon geplante Reform des Infektionsschutzgesetzes zu nutzen, um “klarstellend zu regeln, dass sich Schutzmaßnahmen entsprechend der neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse immer nur an nicht geimpfte Personen richten können”. Nichtgeimpften müsse die Daseinsvorsorge allerdings ebenfalls offenstehen, also Busse, Bahnen, Supermärkte.
“Falls es Unternehmen geben sollte, die Dienstleistungen der Daseinsvorsorge nicht geimpften Personen verweigern, müsste gesetzgeberisch eingegriffen werden, um dies zu unterbinden.”
Grüne: Infektionsschutzgesetz nur mit Tempo und Rechtssicherheit
Die Grünen im Bundestag dringen bei der Reform des Infektionsschutzgesetzes vor allem auf eine schnelle Umsetzung und auf die Wahrung der Rechtssicherheit. “Die Pandemie ist in einer entscheidenden Phase, die Lage ist dramatisch”, sagte der Grünen-Fraktionsvize und Innenpolitiker Konstantin von Notz dem “Redaktionsnetzwerk Deutschland” (Sonntagausgaben). “Es muss etwas passieren und zwar schnell.”
Er ist an den Gesetzesberatungen am Wochenende beteiligt. “Für uns sind einheitliche schlüssigere, konsequentere und differenziertere also verfassungskonformere Maßnahmen dringend geboten”, sagte der Grünen-Politiker. “Davon werden wir unsere Zustimmung abhängig machen.”
Bayerns Gesundheitsminister für Entnahme 7. Dosis Biontech
Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) hat sich für die Entnahme einer 7. Dosis pro Ampulle Biontech-Impfstoff anstatt der vorgesehenen sechs ausgesprochen, um zusätzliche Impfungen zu ermöglichen. “Ich kenne genügend Ärzte, die – wenn möglich – eine 7. Impfdosis entnehmen und gleichzeitig verantwortungsvoll die Patientensicherheit im Blick haben”, sagte Holetschek der “Bild am Sonntag”. Auch wenn die Entnahme einer 7. Dosis in der Zulassung nicht vorgesehen und auch nicht in allen Fällen möglich sei, begrüße er jede zusätzliche Impfung, die so ermöglicht wird, so der CSU-Politiker.
Autoindustrie will Mitarbeiter von Betriebsärzten impfen lassen
Die deutschen Automobilunternehmen fordern bei den Corona-Schutzimpfungen für die eigenen Mitarbeiter mehr Tempo. “Von den 12.000 Betriebsärzten in Deutschland arbeitet ein erheblicher Teil in und für Unternehmen der Automobilindustrie”, sagte Hildegard Müller, Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), der “Bild am Sonntag”. Man sei “gut organisiert und vorbereitet”.
Wenn die Unternehmen und Betriebsärzte rasch Impfstoff bekämen, könne die Automobilindustrie die Bemühungen der öffentlichen Hand schnell mit den gleichen Schutz- und Sicherheitsstandards wie bei Impfzentren oder mobilen Impfteams unterstützen. In der am 1. April 2021 veröffentlichten Neufassung der Corona-Impfverordnung sind jetzt erstmalig Betriebsärzte als “Leistungserbringer” für die Corona-Impfungen vorgesehen. “Das sollte nun rasch entsprechend umgesetzt werden”, so Müller.
Laschet plant Aufhebung der Impfreihenfolge noch im Frühjahr
Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hat sich dafür ausgesprochen, die Impfreihenfolge noch im Frühjahr aufzuheben und die Anti-Corona-Spritzen für alle Bundesbürger freizugeben. “Wenn zum Ende des Frühjahrs die großen Impfstoffmengen kommen, sollten die Impfprioritäten fallen und die Impfungen für alle Menschen geöffnet werden”, sagte er der “Bild am Sonntag”. Und weiter: “Das wäre ein wichtiger Baustein für die Brücke zu einem Sommer mit viel mehr Freiheit.”
Er verteidigte die bisherige strenge Impfreihenfolge: “Mit der strikten Priorisierung am Anfang haben wir eine Schutzmauer für die Alten und Pflegebedürftigen errichtet. So haben wir unzählige Leben gerettet.” Kritik übte Laschet an dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU), weil dieser nur für sein Bundesland 2,5 Millionen Dosen des russischen Impfstoffes Sputnik V bestellt hat: “Ich finde es richtig, wenn die Bundesrepublik Deutschland nach klaren Kriterien Impfstoff für alle bestellt und nicht jeder nur für sich.”
Zustimmung signalisierte Laschet für eine Verschärfung des Infektionsschutzgesetzes, um einheitliche Lockdownregeln in ganz Deutschland zu beschließen: “Ein Bundesgesetz ist der langsamste Weg, aber wenn es gut gemacht ist, bin ich dafür.” (Mit Material von dts)