Die mit Ansage absehbar rechtswidrige und nunmehr schon vierte Neufassung von Angela Merkels Privatverfassung namens Infektionsschutzgesetz, mit der sich die “Kanzlerführerin” zur Entmachtung der Länder ermächtigen lässt, ist für kommende Woche zu erwarten. Die Frage nach den künftigen Vollmachten der Polizei zur Durchsetzung der dann bundeseinheitlich geregelten Freiheitsberaubungen und Schikane-Bestimmungen wirft ein neues Licht auf Details, die bisher niemand so recht auf dem Schirm hatte: Tatsächlich nämlich gehört zu den Grundrechten, die auf dem Altar der politischen Pandemie geopfert werden, auch die Unverletzlichkeit der Wohnung.
Eher in einer Nebenepisode der gestrigen Bundespressekonferenz (BPK) tauchte die – zuvor eher theoretisch behandekte – Frage auf, ob die in Artikel 13, Absatz 2 des Grundgesetzes festgeschriebene Unverletzlichkeit der Wohnung eigentlich künftig ebenfalls zur Disposition gestellt werden darf, sofern auch nur der Verdacht besteht, Personen aus mehr als zwei Haushalten könnten sich an einer Adresse aufhalten. Wohlgemerkt handelt es sich hierbei um keine Straftat, sondern eine Ordnungswidrigkeit – sofern diese in den Allgemeinverfügungen der Länder überhaupt geregelt ist und nicht, wie in Hessen oder Rheinland-Pfalz, nur den Status einer “Empfehlung”, keiner Rechtsnorm hatte.
Dass in solchen Fällen, nach Aussagen des Bundesinnenministeriums, bei Vorliegen eines “begründeten Verdachts” tatsächlich Polizisten auch ohne die vom GG zwingend vorgeschriebene richterliche Anordnung die Wohnung stürmen dürfen, ist ein absolutes Unding – doch so weit sind wir in diesem Land bereits. Die Tatsache, dass dies (bis auf spektakuläre, bestürzende Fälle, die in den sozialen Medien für großen Unmut sorgten) bislang noch nicht flächendeckend angewandt wurde, heißt jedoch nicht, dass es nicht noch so kommt.
Selbst eine Skatrunde schon ein Verbrechen?
Gerade weil die Polizeimannschaften künftig ihre Corona-Einsatzbefehle auf Grundlage von bundesgesetzlichen Bestimmungen erhalten, könnten ihre bisherige gewohnheitsmäßige Zurückhaltung jäh enden, und indem sie explizit mit ihren Vollmachten neu “vertraut” gemacht werden, dürfte die Hemmschwelle bald sinken. Der Journalist Boris Reitschuster, dessen unermüdlichem Einsatz und konsequenten Nachfragen in der BPK es zu verdanken ist, dass sich die Sprecher von Innenminister Horst Seehofer zur Frage der Unberührbarkeit der Wohnung äußern mussten, brachte ans Licht, dass tatsächlich nicht erst nur bei Wohnzimmerparties mit zwanzig Personen, sondern theoretisch auch schon bei einer Skatrunde aus drei Freunden ein Eindringen der Polizei möglich wäre; zwar müsse “die Verhältnismäßigkeit gewahrt” bleiben, so das Ministerium – doch im Prinzip besteht die Option eines gewaltsamen Sturms auch schon bei derart lappalienhaften Hinweisen. “Heilig sind die eigenen vier Wände damit im Corona-Zeitalter schon lange nicht mehr“, schlussfolgert Reitschuster.
Viel trennt uns dann bald nicht mehr von den Zuständen im Iran, wo die Religionspolizei jederzeit Wohnungen stürmen darf, wenn sie westliche oder laute Musik und feiernde Menschen darin vermutet. Der zugrundeliegende Wahn ist bei uns inzwischen derselbe – auch wenn er nicht durch eine Glaubenslehre, sondern durch die Obsession eines Virus begründet wird. (DM)