Foto: Jens Spahn (über dts Nachrichtenagentur)

Jens Spahn und seine journalistischen Hofschranzen

“Vertraue keinen Nachrichten, die du nicht selbst gefälscht oder geschönt hast”: Nach dieser Devise scheint neuerdings CDU-Bundesgesundheitsminister Jens Spahn zu verfahren. Der Minister, der gerne von “Transparenz” redet, rühmte sich seiner besonderen Offenheit kürzlich erst bei der Offenlegung der in Maskengeschäfte involvierten Abgeordneten – obwohl er hierzu vom Parlament praktisch genötigt wurde. Bei seiner Informationspolitik setzt Spahn offenbar mehr auf Cliquen- und Hinterzimmerpressearbeit: Nur “zuverlässige”, ausgesuchte Hofberichterstatter erhalten exklusive Informationen.

Der Rest der Journalistenschar – kritische Mainstreammedien und als letzte dann vielleicht noch die Parias der Freien Medien – wird mit Allgemeinplätzen und vorgefassten Statements subalterner Ministeriumssprecher oder Pressereferenten abgespeist. So berichtet der “Tagesspiegel” (TS) am Wochenende – und wirft dem Gesundheitsminister vor, wer seitens der Presse oder der Oppositionsfraktion von ihm etwas wissen möchte, “bekommt selten das Gefühl, dass Spahn und die Seinen sich von Pflichten drängen lassen“. Ewig warte man auf Antworten und erhalte oft nur Allgemeinplätze, beklagten auch andere Gesundheitspolitiker.

Vor allem sei auffällig, dass Spahn etwa bei dringenden Parlamentsanfragen zuerst “bestimmte Kanäle” aktiviere, über die dann Regierungsauskünfte an die Öffentlichkeit gelangten – und zwar noch bevor die Abgeordneten selbst sie zu lesen bekämen. Auf diese Weise sorgt der Minister nicht nur für eine ihm genehme PR und versucht öffentliche Debatten in seinem Sinne zu beeinflussen; er verhindert effektiv auch, dass andersdenkende Parlamentarier in den Medien mit ihrer gleichrangigen Kritik zu Wort zu kommen.

Nur zuverlässige und handzahme Erstempfänger

Dieser Vorwurf wird auch von der Opposition erhoben. “Wer keinen Zugang zu diesen Kanälen hat, ist vom Informationsfluss abgeschnitten. Spahn und sein Pressesprecher Hanno Kautz kommunizieren nur, wenn sie kommunizieren wollen“, fasst der TS die Kritik zusammen. Und wer dann doch einmal tiefer bohrt und Unliebsames ans Licht der Öffentlichkeit zerren will, den überzieht Spahn mit Klagen und Abmahnungen – so wie die Medien, die über seine Immobiliengeschäfte berichten wollten und etwa die (zwischenzeitlich auf Gerichtsbeschluss hin doch erteilte) Auskunft über den Kaufpreis seiner Dahlemer Nobelvilla begehrten.

Im Großen und Ganzen aber scheint sich die enge Kontaktpflege zu “handverlesenen”, zahmen Ergebenheitsredakteuren verschiedener Publikationen für Spahn auszuzahlen – und vielleicht ist dies auch der Grund dafür, dass er sich trotz abenteuerlicher, aber in der Pandemie auf erstaunlich kleiner Flamme gekochten Affären (Masken, Schnelltestvergütung) und politischen Fettnäpfchen (besagtereVillenkauf, Verdacht auf Spezi-Wirtschaft) nach wie vor im Amt halten kann. Und das, obwohl andere Politiker schon bei einem Bruchteil dessen, was Spahn auf dem Kerbholz hat, längst ihren Hut hätten nehmen müssen. Der Mann ist ein Teflon-Politiker, an dem schier alles abperlt. Hier kommt vermutlich gewiefte einstige Gesundheitslobbyist in ihm zum Vorschein. Gelernt ist eben gelernt. (DM)

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