Peinlich, wenn in den wenigen verbliebenen Polit-Liveformaten der öffentlich-rechtlichen Sender durch eine Art Telefon-Prank das eigene Framing schonungslos entlarvt wird – und die kalt erwischte Redaktion nicht mehr rechtzeitig eingreifen kann. Genau das geschah bei der gestrigen Ausgabe des “Presseclubs” im Ersten.
Im Anschluss an die Debatte der eingeladenen, jeweils wechselnden Mainstream-Journalisten werden dort Anrufer ins Studio durchgestellt, um den versammelten Meinungsmachern Fragen stellen zu können. Schon seit langem beschleicht den nicht vollends verblendeten, nicht scheuklappenbewehrten kritischen Zuschauer dabei das Gefühl, dass hier nur Anrufer durchdringen, die keine politisch allzu verfänglichen oder toxischen Fragen stellen – denn weder in der Flüchtlingskrise noch zum Klimathema, erst recht aber in der Corona-Krise kamen dort keine Stimmen zu Wort, die sich dem “rechten” bzw. dem stigmatisierten “Leugner”-Lager zurechnen ließen.
Umso kompromittierender für die Programmmacher, dass sich gestern eine Art U-Boot ins Studio durchstellen ließ: Ein Anrufer bekannte da – kaum dass ihn Moderator Jörg Schönenborn begrüßt hatte – dass er zuvor schon viele Male nicht durchgestellt worden sei, weil sein Anliegen wohl zu AfD-nah eingeordnet wurde – bis auf diesmal, nachdem er im Vorgespräch ausdrücklich angekündigt hatte, eine “AfD-kritische” Position einzunehmen bzw. sich ausdrücklich “gegen” die Partei auszusprechen.
Upsi, @WDR! Beim gestrigen @ARD_Presseclub enttarnt ein Anrufer live die #Staatsfunk-Vorzensur: Er wird nur durchgestellt, weil er sich GEGEN die #AfD aussprechen will. Peinlich für den Erfinder des Wortes “#Demokratieabgabe” Jörg #Schönenborn. #freegeorgthiel #Grundfunk #Zensur pic.twitter.com/WrpoQJVTra
— Sven W. Tritschler (@twittschler) May 31, 2021
Der für den verantwortlichen “Westdeutschen Rundfunk” als Host-Sender des “Presseclubs” hochnotpeinliche Vorfall ist Wasser auf die Mühlen derer, die den ARD-Talkformaten mit Publikumsbeteiligung seit jeher eine Vorzensur und präventive Meinungselektion vorwerfen – und in der pseudo-ausgewogenen Programmgestaltung eine kaum camouflierte Kampagnenberichterstattung vermuten.
Der Begriff “Presseclub” bekommt so eine ganz neue, gleichwohl treffende Bedeutung: Man bleibt lieber unter sich, unter allenfalls in Nuancen differierenden Gleichgesinnten – und Andersdenkende bleiben außen vor. Es sei denn, sie verschaffen sich durch trickreiche Verstellung Gehör… (DM)