Ausschließlich einer künstliche Basisverbreiterung und fortschreitenden Begriffsaufweichung ist es zu verdanken, dass in Deutschland laut aktuellem Verfassungsschutzbericht so viele Bürger wie noch nie als als Rechtsextreme eingestuft werden. Der Anstieg, den Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang und Bundesinnenminister Horst Seehofer heute vermeldeten, ist so künstlich wie er nur sein könnte. Unbeirrt behält die Groko ihren Spaltungskurs bei und einer wachsenden gesellschaftlichen Opposition mit diffusen Definitionen und statistischen Methoden die große Phantombedrohung von “Rechts” zuzuschreiben.
Je weiter sich der gefühlte Median des politischen Spektrums nach links verschiebt, umso größer wird der “rechte Raum” – eine mathematische Banalität und zugleich perspektivische Täuschung, die jedem einleuchtet – bloß nicht dieser Bundesregierung. Indem praktisch die gesamte Protestbewegung gegen die Corona-Maßnahmen über die Schiene Querdenker – Hassrede im Netz – AfD – Nazi reputativ erfolgreich dem rechtsradikalen Lager zugeschlagen wurde, hat sich dieses aus Sicht eines zunehmend parteipolitisch kontrollierten Staatsschutzes vergrößert.
Bei Seehofer hörte sich das heute so an: “Die Pandemie hat eine zusätzliche Dynamik ausgelöst”; Rechtsextreme hätten im vergangenen Jahr vielfach “Seite an Seite mit bürgerlichen Demonstranten” gestanden, es sei besorgniserregend, dass “bürgerliche Demonstranten sich oft nicht ausreichend distanziert hätten“, zitiert die “Süddeutsche Zeitung” (SZ) den Minister – und hier war ausnahmsweise kein “social distancing” im girologischen Sinne gemeint.
So einfach geht das: wer zufällig mit den “Falschen” demonstrieren geht, fällt dem Pesthauch des Rechtsextremismus anheim – und selbst wenn 1.000 linke, esoterische und apolitische Corona-Maßnahmengegner auf einen angeblichen oder tatsächlichen Reichsbürger kommen, sind sie alle Nazi.
Mit den Falschen auf der Straße
Ergebnis dieser schizoiden Wahrnehmungsverzerrung: Eine Gefahreneinschätzung, wie sie abwegiger und unrealistischer gar nicht sein könnte. Vom Rechtsextremismus gehe “nach wie vor die größte Bedrohung” für die Demokratie in Deutschland aus, behauptet Seehofer. Tatsächlich? Niemand will vorhandenen Rechtsextremismus leugnen – doch seine begriffliche Inflationierung und die schlampig-unsachliche Klassifizierung ausgerechnet durch die Behörden, die es besser wissen müssten, macht aus dem “Kampf gegen Rechts” seit Jahren eine zynische Farce.
33.300 Personen zählt der vom treuen Befehlsempfänger und Regierungsbüttel Thomas Haldenwang vorgestellten Verfassungsschutzbericht, die angeblich dem rechtsextremen Lager zugerechnet werden; 13 300 Menschen von ihnen “gewaltorientiert” ein. Hinzu kämen etwa 20 000 sogenannte Reichsbürger oder Selbstverwalter, auch sie hätten im Corona-Jahr einen Zuwachs um etwa fünf Prozent erreicht, so die SZ unter Berufung auf den Minister.
Der aberwitzige Missbrauch des Verfassungsschutzes als Verfolgungs- und Unterdrückungsinstrument gegen Dissidenten und kritische Meinungen wird schon dadurch deutlich, dass die angeblich extremistischen Elemente “die Neuen Rechten” künstlich immer mehr “Zuwachs” erhalten – indem einfach völlig legitime, konservative und bürgerlich-rechte, aber eben nicht rechtsextreme Publikationen und Verlage zu Beobachtungsfällen erklärt und so latent kriminalisiert werden. Neben der Identitären Bewegung war dies 2020 erstmals auch der von Götz Kubitschek betriebene Verlag Antaios, dessen Hauptsünde für Haldenwang ist, ein “Vertrauter des AfD-Politikers Björn Höcke” zu sein.
Linksradikalismus bagatellisiert wie gehabt
Dass das “Personenpotential” des Linksextremismus im Jahr 2020 ebenfalls stieg und zwar mit 34.300 auf eine sogar noch höhere Zahl als die angeblichen “Rechtsextremen”, bei mindestens gleich hohem Anteil “gewaltorientierter Elemente“, wird von Seehofer und seinem Domestiken Haldenwang zwar nicht geleugnet, aber unter ferner liefen bagatellisiert.
Dabei gilt bei dessen statistischer Erfassung das genau umgekehrte Prinzip wie “rechts”: Hier ist das nicht erfasste Dunkelfeld deutlich größer, weil weite Teile der links- und grünfundamentalistischen Unterstützerszene von Antifa & Co. gar nicht berücksichtigt werden. Würde in diesem Teil des Spektrums nach denselben Kriterien wie im “Kampf gegen Rechts” gewichtet, wäre der Linksextremismus die beherrschende politische Strömung dieses Landes. (DM)