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Ata Türks Erbe ist erledigt: Erdogan verbietet die Freiheit, die Musik, den Alkohol….

Wenn Überschriften alles verraten: „Musik wird als störend empfunden – Erdogan irritiert mit Lockerungs-Ausnahme“ (ntv), „Beschränkung der Freiheit? Erdogan dreht die Musik ab“ (Augsburger Allgemeine) oder „Erdogan verbietet Musik nach Mitternacht“ (Die Rheinpfalz).

Von Hans S. Mundi

Ruhe im Stall, der Kalif möchte nicht gestört werden. Was bereits vor mehr vor 20 Jahren Ahner und Mahner auf den Plan rief, ist heute unangenehme Gewißheit. Das säkulare Erbe Ata Türks liegt in Trümmern, regelrecht zerbombt durch Maßnahmen im Namen des islamistischen Religionsfaschismus. Eine Gesellschaft unterm Schleier. Eine Theokratie im Auf- und Ausbau. Allahu-akhbar.

Als im Istanbuler Macka-Park an einem sonnigen Nachmittag kürzlich Livemusik erklang, war das eine kleine Sensation. Die Popgruppe Redd war unangekündigt in dem Park erschienen, wo hunderte Menschen im Gras saßen, um eine der letzten Grünflächen im Stadtzentrum zu genießen. Die drei Musiker stellten tragbare Verstärker auf die Wiese und legten los – zur gewaltigen Freude des Publikums, denn Livemusik hatte es in Istanbul schon lange nicht mehr gegeben. Lange währte die Freude nicht: Nach ein paar Liedern schritt die Polizei ein und verwies auf die Corona-Bestimmungen. Die Musiker mussten aufhören. An dem Musik-Verbot soll sich auch nach dem Ende der Corona-Beschränkungen in der Türkei am 1. Juli nichts ändern. Musik bleibt nach den Worten von Präsident Recep Tayyip Erdogan nach Mitternacht verboten.“

Erdogan haut ein Ding nach dem andern raus. Nichtkonforme Medien werden zerschlagen, Chefredakteure wandern in den Knast, wo bereits tausende von Lehrern, Richtern und ehemalige Soldaten einsitzen, Kreative und Künstler sowie Kurden gleich dutzendweise. Erdogan ist ein lupenreiner Theokrat, ein Feind der Demokratie im europäisch-asiatischen Großraum. Erdogan und seine Türkei werden vom Westen aber immer weiter als Brücke in den Orient gesehen und finanziert. Es ist aber lediglich eine Startrampe in Istanbul, mit der Erdogan die Griechen, die Kurden, die Armenier zum Teil osmanisch-großräumig beschießt. Über diese Startrampe kommen auch Inhalte, Imame, Gelder für Moscheebauten.

Der Westen hat auch eine Rampe, eine Resterampe einstiger Werte, über diese Rampe werden Milliarden an Geldern in den türkischen Staat gepumpt. Das Ergebnis dieses Appeasements lässt sich jetzt bestaunen: Das von den Taliban schon bekannte Musikverbot in einem theokratischen Unterdrückungsstaat jetzt auch in der Türkei. Aber keiner regt sich noch auf. Das demokratische Gewissen hat sie alle verlassen. Wir verbieten Autos und Kernkraftwerke, sollen die anderen doch tun und lassen, was sie wollen. Kampf der Klimakrise. Oma ist ne Klimasau. Und jedem Stadion seine Regenbogenfarben. In den Knästen der Türkei ist es bitter. Dort sitzen Tausende ohne eine Chance auf einen fairen Prozeß, oft ohne Anklageschrift, viele werden in den muselmanisch-osmanischen Erdogan-Verliesen sterben. Einfach so. Allahu-akhbar.

Für viele Musiker, Kneipiers und Regierungskritiker steht fest, dass die neue Sperrstunde nur einen Grund hat: Der Präsident wolle der Gesellschaft seine islamisch-konservativen Wertvorstellungen aufzwingen. Schon während eines Corona-Lockdowns im Mai hatte sich die Regierung mit einem Alkoholverbot den Verdacht eingebrockt, die Türkei islamisieren zu wollen. Mit seiner neuen Ankündigung erntete Erdogan einen Proteststurm. Nicht die Musik störe die Türken, sagte Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu an Erdogan gerichtet: „Was das Land nervt, bist du.““

 

 

 

 

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