Foto: Aleksandr Stepanov/shutterstock

Menschen in Venedig sind verzweifelt: Wasserfähren ab Montag für Ungeimpfte verboten

Italien treibt seine Impfpolitik auf die Spitze: Ab Montag dürfen Personen ohne Gesundheitspass die öffentlichen Verkehrsmittel nicht mehr benutzen. Vor allem in Venedig stellt das für viele Ungeimpfte ein Riesenproblem dar. Sie kommen von kleineren Inseln nicht mehr weg, können weder zum Arzt noch zum zentralen Fischmarkt, geschweige denn ihre Kinder zur Schule bringen. 

“Die Menschen sind verzweifelt. Sie verlieren den Verstand”, erklärt Luigi Corò, Vorsitzender der CMP-Bürgerrechtsgruppe, die am heutigen Sonnabend gegen die herrschenden Maßregelungen zum Protest aufruft. “Die Menschen sind sehr wütend. Sie können nicht einmal eine Unterhose kaufen gehen. Die älteren Menschen können nicht zum Rialto-Markt gehen und dort ihren Fisch dort holen”. Er schätzt, dass nur etwa 5 Prozent der Venezianer ein privates Boot haben, das sie benutzen können. Selbst diejenigen, die eines haben, können es nicht im Stadtzentrum festmachen, ohne eine Geldstrafe zu riskieren.

Wie viele Inselbewohner glaubt Eleonora De Nat, die auf Giudecca lebt, an ihr eigenes Immunsystem. Sie brauche den Impfstoff nicht: “Ich bin gesund und der Impfstoff garantiert nichts”, so die Personaltrainerin und Kampfsportmeisterin.

Sie ist laut politico eine von schätzungsweise 5.000 ungeimpften Bewohnern der Inseln in der Lagune von Venedig, die nun ohne Zugang zum Festland gefangen sind.

In Venedig bedeutet diese Regel, dass ungeimpfte Inselbewohner die Wasserbusse – Vaporetto – nicht benutzen können, die die Haupttransportquelle sind. Laut De Nat sind COVID-19-Tests auf der Insel nicht verfügbar, ihr Arzt ist auf dem Festland, und Supermärkte auf Giudecca sind teurer als die im Zentrum von Venedig.

Sie will trotz Verbot weiter mit ihrer Saisonkarte Wassertaxi fahren, auch auf die Gefahr hin entdeckt zu werden: “Ich habe kein Problem mit zivilem Ungehorsam. Wenn wir das alle tun, wird es in Ordnung sein.”

Angedrohte Strafen schrecken viele nicht ab. Ernesto Peschiuta, der im historischen Zentrum in der Nähe des Arsenale lebt, erklärt, er habe sich gegen die Impfung entschieden, nachdem er den Rat eines befreundeten Arztes eingeholt hatte. Normalerweise holt der 70-Jährige seine Enkelin mit dem Vaporetto von der Schule ab, weil ihm das Laufen zu schwer fällt  und er mindestens sieben Brücken überqueren müsste.

“Sie werden mich körperlich zwingen müssen“, sagte Peschiuta. „Ich werde ihnen nicht die Genugtuung geben, nachzugeben. Ich werde die 100-Euro-Strafe bezahlen. Ich werde mich wehren”, gibt sich Peschiuta kämpferisch.

Nach einem Appell des Bürgermeisters von Venedig an die Regierung hat das Gesundheitsministerium am Wochenende eine Ausnahme vom Fahrverbot für alle Schulkinder und diejenigen, die aus gesundheitlichen Gründen die Wasserfähre nehmen müssen, angekündigt.

Für Luigi Corò Ost das nicht genug, da die Menschen ihre Kinder zur Schule begleiten müssten. Ein Neun- oder Zehnjähriger könne nicht alleine reisen, meint er. Die Regeln schaffen Spaltungen, mit der Gefahr sozialer Unruhen und Gewalt, fügte er hinzu. „Die Menschen sind verzweifelt. Sie verlieren den Verstand.”

Doch Italien erhöht den Druck auf Ungeimpfte immer weiter und riskiert die bereits drohenden Unruhen: Ab Februar gilt für über 50-Jährige eine Impfpflicht. (MS)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

af80fc5ffa04429e99573cf97f431928