Erdingers Absacker; Bild: Collage
Erdingers Absacker; Bild: Collage

Erdingers Absacker: Die deutschen Zeichensetzer und ihre Kriegs-Expertokratie

+++ “Hoppe, hoppe, Reiter, wenn er fällt, dann schreit er. Fällt er in den Graben, dann fressen ihn die Raben, fällt er in den Sumpf, dann macht der Reiter plumps.” Ein alter deutscher Reim für Kindsköpfe. Der Münchner Oberbürgermeister, Dieter Reiter (SPD), gibt sich sattelfest. Lieber zieht er andere Leute aus dem Graben, anstatt selber in einen hineinzufallen. Und wenn es ein Orchestergraben ist. Der Stadtratsvorsitzende wollte – hört, hört! – “ein Zeichen gegen den Krieg setzen”. Deshalb forderte er den Dirigenten der Münchner Philharmoniker, den Russen Valery Gergiev, auf, sich von “Putins Krieg” zu distanzieren. Wenn Gergiev nicht bis Montag den Tönen der sozialdemokratischen Geistkavallerie in Reiters Schädel gehorche, werde er gekündigt, heißt es in einer Mitteilung aus dem Münchner Rathaus. Gergiev ist seit 2015 Chefdirigent der Münchner Philharmoniker. Ein inexistenter Experte für degoutante Politoperetten & rote Rosetten erklärte, die wahren Antifaschisten in Deutschland sollten sich allmählich überlegen, ob Faschisten wirklich immer nur braune oder schwarze Hemden anziehen. Allein schon die Behauptung Reiters, man habe es mit “Putins Krieg” zu tun, verrate eine derartig selbstgerechte Arroganz in der Ignoranz, daß der Münchner OB von seinem hohen Roß herunter in den Graben fallen gelassen werden dürfe.

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Hoppe, hoppe – Dieter Reiter, OB und Zeichensetzer – Foto: Imago+++

+++ Der Chef des Bundesnachrichtendienstes (BND), Herr Dr. Bruno Kahl, wurde in der Ukraine vom Angriff der Russen überrascht und mußte mit einem Spezialkonvoi außer Landes gebracht werden. Was hatte er eigentlich in der Ukraine zu suchen? – Einerlei. Ein inexistenter Experte für sinnvolle Nachrichten & Dienste aller Art erklärte jedenfalls, der Bundesnachrichtendienst solle sich am besten in “Bundesüberraschungsdienst” umbenennen. Das würde dann bestimmt in den ZDF-Nachrichten gesendet werden.

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Präsident des “Bundesüberraschungsdienstes”? – Dr. Bruno Kahl – Foto: Imago+++

+++ Die überaus menschliche und kunstbeflissene Staatsministerin für Kultur und Medien, Frau Claudia Roth (66), Grüne, will eine Million Euro Soforthilfe an Kunstmacher:innen aus der Ukraine bereitstellen, meldete der “Spiegel”. Nicht ganz klar ist, ob nicht eigentlich “in der Ukraine” statt “aus der Ukraine” gemeint war. Ein aus- und inexistenter Experte kommentierte, das Volumen der angedachten Soforthilfe deute darauf hin, daß die Staatsministerin ausnahmsweise einmal nur ein Kleinzeichen gegen den Krieg setzen wolle, weil sie die Million notfalls aus ihrer Privatschatulle entnehmen würde, ohne hernach als arm gelten zu müssen. Ton, Steine, Scherben und der Kampf gegen ukrainische Nazis seien jedenfalls “ganz ihr Ding”.

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Soforthelferin Claudia Roth – Screenshot Facebook+++

+++ Kriegsopfer in der Ukraine – “BILD” sprach mit den Toten: Das höchstinformative deutsche Boulevardblatt musste einräumen, seine Zuschauer bei “BILD”-TV mit dramatischen Bildern erschüttert zu haben, die gar nicht aus dem gegenwärtigen Ukraine-Krieg stammten. Mehrmals zu sehen waren zwei Sequenzen, von denen die eine eine Gasexplosion in China 2015 zeigte – und die andere eine Übung von russischen Fallschirmspringern bei Rostow am Don 2014. Ein inexistenter Experte für historische Filme erklärte, wenn schon die Datumsangaben nicht stimmten, so hätte man bei “BILD” doch wenigstens auf Material zurückgreifen können, bei dem die Ortsangaben stimmen. So sei gestern ein Video aus dem Donbass aufgetaucht, das dort im Jahr 2014 entstanden ist. Es zeige, wie Mitglieder der heute dem ukrainischen Innenministerium unterstehenden Asow-Brigaden einen prorussischen Separatistenkämpfer bei lebendigem Leibe kreuzigen, um ihn dann gar zu Tode zu foltern.

BILD Fake News
Malheur, Malheur – “BILD”-TV manipulierte aus Versehen – Screenshot Facebook+++

+++ Bundesjustizminister Marco “der Anständige” Buschmann (44), FDP, setzte ebenfalls mit einem Tweet ein Zeichen. Er schrieb, in Russland würden Demonstranten verhaftet werden, die gegen den Krieg in der Ukraine protestieren. Buschmann: “Wir stehen auch an der Seite dieser mutigen Menschen“. Ein inexistenter Experte für Mysterien aller Art erklärte, daß er schon noch herausbekommen werde, warum Regierungskritiker in anderen Ländern mutige Menschen seien; wen Buschmann mit “Wir” gemeint habe, und weshalb Regierungskritiker in Deutschland als Staatsfeinde bezeichnet werden. “Mutige Staatsfeinde” wäre jedenfalls das Mindeste gewesen, wenn Buschmann schon gegen diese “mutigen Menschen” in Deutschland stehe und entsprechende Demoverbote gutheiße.

Buschmann Tweet
Marco “der Anständige” Buschmann zwitscherte ein Zeichen – Screenshot Facebook+++

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Transukraine
Saliva Glance hatte Gedanken – Screenshot Twitter

Diesen Tweet hinwiederum kommentiert ein inexistenter Experte für leicht Erklärliches mit der Bemerkung, “Gedanken” sei das falsche Wort gewesen. Herrn Glances Transschwestern stürben keineswegs als Männer an der Front, sondern als Transschwestern. Zusammen mit den Männern. Frauen und Kinder jedoch dürften allerweil aus der Ukraine ausreisen und dabei die Goldmedaillen jener Transväter und Transbrüder mitnehmen, welche sie sich zu Zeiten, als Putin noch eine Engelsgeduld hatte, beim Frauenschwimmen erkrault hatten. +++

+++  Stefan Aust, Herausgeber der “Welt am Sonntag” lies einen Subalternen für sich titeln: “Putins Sicht ist in sich schlüssig wie jedes Wahnsystem“. Ein inexistenter Experte äußerte sich dazu wie folgt: Das gilt selbstverständlich auch für das Wahnsystem von Stefan Aust. Wenn man es sich genau überlege, sei das nur logisch. Deutschland brauche ein Wahnwarnsystem dringender als alles andere. Im Übrigen sei die Psychiatrisierung von Gegnern eine ganz olle Kamelle im real existierenden Sozialismus. Ob es sich im Detail um einen Ökosozialismus handle, spiele gar keine Rolle.

Stefan Aust
Wahnwarnsystem defekt? – Stefan Aust – Screenshot Facebook+++

+++ Ein ewig zu beklagendes Versäumnis der deutschen Personalabteilung ist die Tatsache, daß Guido Knopp zum Staatshistoriker geworden ist – und nicht Ralf Stegner (SPD). Der von seinen Gegnern als “Pöbelralle” geschmähte Hochgebildete brillierte im Bundestag mit Geschichtskenntnissen, daß es nur so eine Art hatte. Der verkannte Besthistoriker meinte, bei “Putins Krieg” (Zitat Reiter) handle es sich um den “ersten Überfall auf ein souveränes europäisches Land seit 75 Jahren”. Der Balkankrieg scheint ihm entfallen gewesen zu sein, in dessen Verlauf sich diverse Balkanstaaten gegenseitig überfielen. Und mit der staatlichen Souveränität, die mit Füßen getreten wurde, ist es nicht viel anders. Deutschland hatte im Europarat am 16.12. 1991 darauf gedrängt, den Status von Slowenien und Kroatien als souveräne Staaten anzuerkennen, obwohl Jugoslawien als souveräner Staat noch bis 1992 bestand. Nicht anders verhielt es sich mit den baltischen Staaten, die sich 1990 für souverän erklärten, obwohl die Sowjetunion noch bestand. Auch damals war Deutschland das erste Land, das Litauen, Lettland und Estland als souveräne Staaten anerkannt hatte. Im Februar 2022 allerdings machten deutsche Redenschwinger – wahrscheinlich wegen des Fehlens eines “Wahnwarnsystems” – ein Empörungsfaß auf, weil Russland die autonomen ukrainischen Gebiete Donezk und Luhansk als souveräne Staaten anerkannte. Ein inexistenter Experte für scheinheiliges Gewinsel erklärte, Ralf Stegner verkörpere den mehrheitlichen Geisteszustand einer zum Erbrechen selbstgerechten Moralistenkaste wie kein Zweiter. Schön sei allerdings, daß er mit seiner Rede ein Zeichen gesetzt habe. Und zwar eines für genau diesen widerlichen Geisteszustand.

Stegner
Brillanter Historiker: Ralf Stegner (SPD) – Screenshot Facebook+++

 

 

 

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