(Symbolfoto: Von Sandra Sanders/Shutterstock)

Werden die Notstandsgesetze angestrebt?

Im Blick auf die großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten und den zu erwartenden gesellschaftlichen Verwerfungen infolge der Sanktionen gegen den bisherigen dominierenden Energielieferanten Russland hat Bundeskanzler Scholz mehrfach geäußert: „Wir kommen durch!“.
Von Wolfgang Hübner
Womit er zweifellos den Winter 2022/23 meinte, in dem die Vollversorgung durch Gasenergie alles andere als gesichert ist. Zwar wird Deutschland, falls kein großer Krieg ausbricht, den kommenden Winter überstehen, doch die Frage ist, wie ihn die Bürger überstehen werden. Für die herrschenden politischen Kräfte ist nämlich noch ungewiss, ob die Deutschen bereits sein werden, sich der politisch gewollten Alternativlosigkeit der Sanktionsmaßnahmen zu unterwerfen.
Was, wenn sie das massenhaft nicht tun? Was, wenn sie nicht nur demonstrieren und auf Kundgebungen Dampf ablassen, sondern in zwar gewaltfreien, aber Ordnungsrechte ignorierenden Aktionen Widerstand leisten? Was, wenn nicht nur linke und/oder rechte Flügelkräfte, sondern weite Teile der sogenannten gesellschaftlichen Mitte gegen die Anmaßungen der parlamentarischen Mehrheiten aufbegehren? Dann gibt es zwei Möglichkeiten: Die herrschenden politischen Kräfte, voran die Bundesregierung überzeugen die Mehrheit der unzufrieden Protestierenden doch noch von ihren Entscheidungen. Oder es werden scharfe repressive Maßnahmen der Staatsmacht ergriffen, um deren Willen durchzusetzen.
In Einschätzung der geringen Autorität der jetzigen Bundesregierung wie auch der Scheinalternative von CDU/CSU kann die repressive Variante keineswegs ausgeschlossen, ja sogar erwartet werden. Und zwar auf ganz legalem Wege: Mit der am 30. Mai 1968 gegen erhebliche außerparlamentarische und gewerkschaftliche Widerstände im Bundestag von der Mehrheit aus CDU/CSU und SPD beschlossenen sogenannten „Notstandsverfassung“ hat die Staatsmacht die Möglichkeit, wesentliche Grundrechte der Bürger außer Kraft zu setzten.
Anders als der „Spannungsfall“ und der „Verteidigungsfall“ bedarf der „innere Notstand“ laut Wikipedia keiner parlamentarischen Feststellung und auch sonst keiner formellen Verkündung Die Anordnung der Maßnahmen nach Artikel 92 Absatz 2 des Grundgesetzes liegt bei der Bundesregierung; ihre Aufhebung kann vom Bundesrat verlangt werden. Es ist also die jeweilige Bundesregierung, die den „inneren Notstand“ ausrufen kann, sie braucht dazu keine parlamentarische und schon gar keine gesellschaftliche Mehrheit.
Da die gesamte Materie der „Notstandsverfassung“ rechtlich sehr komplex und kompliziert ist, wird Interpretationen wie Gebrauch der 1968 verabschiedeten Gesetze Tür und Tor geöffnet. Es ist der jetzigen Bundesregierung zuzutrauen, dass sie im Notfall, der sehr schnell kommen kann, nicht zögern wird, die „Notstandsverfassung“ zu ihren Gunsten anzuwenden. Es sollte jedenfalls niemanden wundern, wenn das geschehen würde. Denn der Kanzler mag letztens nicht ohne Hintergedanken vom Schusswaffengebrauch geredet haben.

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