Runterdrehen ist das neue Motto in Deutschland (Foto: Axel Bueckert/Shutterstock)

Hamburger Behörden schlagen Alarm: Heizkosten für Flüchtlingsunterkünfte inzwischen unbezahlbar

Der Stadtstaat Hamburg hat in den letzten Monaten mehrere Zehntausend Geflüchtete aufgenommen. Inzwischen sind so gut wie alle Plätze belegt. Die Probleme der Stadt sind immens: Neben den fehlenden Räumlichkeiten belasten sie vor allem die explodierenden Energiekosten. Die Heizkosten für die Flüchtlingsunterkünfte seien praktisch unbezahlbar geworden, so ein Sprecher des Senats (t-online, 16.09.2022).

Ein Beitrag von Blackout News

Mögliche Überlastung des Hilfesystems in Hamburg
Die beiden Hamburger Behörden für Inneres und Soziales warnen aktuell angesichts des nicht enden wollenden Zustroms von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine und Asylbewerbern aus anderen Ländern eindringlich vor der Überlastung des Hamburger Hilfesystems. Die Sozialsenatorin Melanie Leonhard von der SPD sagte in der vergangenen Woche, dass die Lage sehr, sehr viel ernster sei, als man noch im Sommer prognostizieren konnte.

Im gerade beginnenden Herbst müssten voraussichtlich rund 50.000 Personen in öffentlichen Einrichtungen ein warmes Quartier finden. Ihr Parteigenosse und Innensenator Andy Grote ergänzte, dass in der Ukraine Schätzungen zufolge bis zu sieben Millionen Binnenflüchtlinge kein Heim mehr hätten. Diese würden sich voraussichtlich im kommenden Winter bei weiter erschwerter Lage ebenfalls auf den Weg nach Mitteleuropa und somit auch nach Deutschland machen. Wenn diese Zuzüge sehr groß ausfallen würden, käme Hamburg in eine kaum mehr beherrschbare Situation.

Bund soll Hamburg bei den Energiekosten unterstützen

Beide Senatoren meldeten nun Gesprächsbedarf mit Vertretern des Bundes an. Es gehe darum, die Unterbringungskosten neu zu verteilen, so Leonhard. Die Stadt Hamburg könne allein schon die Energiepreise für die öffentliche Unterbringung in so einer Größenordnung nicht allein tragen. Es sei das Szenario denkbar, dass die Flüchtlinge in Zelten untergebracht werden müssten. Diese benötigen natürlich eine Heizung, die bei den gegenwärtigen Energiepreisen enorm viel koste.

Senator Grote stellte indes die reine Länderzuständigkeit für die Flüchtlinge und auch den geltenden Schlüssel für ihre Verteilung infrage. Hierüber müsse der Bund neu nachdenken, denn nicht nur in der Ukraine, sondern auch in anderen Staaten wachsen die Krisen so sehr an, dass es immer mehr Flüchtlinge geben werde. Daher müsse nun die Bundesregierung einen Plan für eine nationale Notstandssituation in Deutschland ausarbeiten. Wie sehr eine Stadt wie Hamburg an ihre Grenzen geraten kann, zeigt die Unterbringungssituation der Geflüchteten. Bislang bemüht sich der Senat, Sporthallen und alte Supermärkte als Unterkunft herzurichten.

Doch das genügt nicht mehr: An der Schnackenburgallee wurden inzwischen wieder wie während der Flüchtlingskrise 2015/16 zusätzlich Zelte aufgestellt. Senator Grote bezeichnet das als nicht sehr schön, aber unumgänglich. Seine Kollegin Leonhard betont, dass man alle verfügbaren Möglichkeiten ausnutze, doch diese nicht mehr ausreichen. Man habe schon Reserveflächen reaktiviert. Ihr Ausbau zu funktionsfähigen Unterkünften scheitert manchmal an Lieferschwierigkeiten für Türen, Armaturen oder Duschcontainer. Inzwischen dauert in Hamburg das Herrichten einer Unterkunft etwa 15 Wochen.

Hamburger Flüchtlingsunterkünfte sind voll

Fast sämtliche Plätze in den Hamburger Flüchtlingsunterkünften sind inzwischen belegt. Die Stadt nahm allein im laufenden Jahr 43.000 Flüchtlinge auf, von denen 38.000 Ukrainerinnen waren. Nicht alle blieben in Hamburg, doch der Bedarf an Unterbringungslösungen steigt kontinuierlich. Etwa die Hälfte der Geflüchteten kam anfangs privat unter, diese Quote ist mittlerweile auf rund 30 % gesunken. Schon seit Monaten kann Hamburg die Ukrainerinnen nicht mehr auf andere Bundesländer verteilen, weil diese laut Verteilungsschlüssel ihr Limit schon erreicht haben.

Laut Senator Grote kamen von Juni bis August 2022 insgesamt 6.000 ukrainische Kriegsflüchtlinge nach Hamburg, wovon die Stadt 4.500 unterbringen musste. Aus anderen Ländern kamen nochmals mehrere Hundert Flüchtlinge pro Monat: 875 waren es allein im August, 700 von ihnen musste Hamburg unterbringen.

Kapazitäten in Hamburg für Geflüchtete

Leonhard sagte, dass Hamburg im Februar 2022 über etwa 30.000 Plätze für die öffentliche Unterbringung von Flüchtlingen verfügt habe. Von diesen waren zu diesem Zeitpunkt schon 27.500 Plätze belegt. Dann begann der Ukraine-Krieg, es kamen die Kriegsflüchtlinge. Hamburg schuf daraufhin 13.000 zusätzliche Plätze. Diese seien inzwischen zu 98 % belegt. Alle Flüchtlingsplätze zusammen entsprechen in etwa der Einwohnerzahl der Hamburger Stadtteile St. Pauli, Neustadt und St. Georg. Nun versucht die Stadt nach Kräften, neue Kapazitäten zu schaffen.

Im Bezirk Nord soll aktuell eine Gewerbeimmobilie umgebaut werden, die 1.000 Flüchtlinge aufnehmen könnte. Auch eine Messehalle für nochmals bis zu 400 Plätze soll hergerichtet werden. Damit haben die Geflüchteten aber lediglich ein Dach über den Kopf: Schul- und Kitaplätze sowie die medizinische Versorgung seien noch längst nicht gesichert. Das größte Problem könnte aber die Heizung im anstehenden Winter werden.

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