Blackout-Gefahr: Ganz Europa könnte zum einzigen Funkloch werden



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Demnächst wohl ein vertrautes Bild: Funklochanzeige auf dem Smartphone (Foto:Imago)

Die Gefahr eines Blackouts in Europa ist inzwischen so groß, dass die Telekommunikationskonzerne mehrerer Länder sich ernsthaft darauf vorbereiten, die Kommunikation im Ernstfall irgendwie – zumindest teilweise – aufrechterhalten können. Da Europa jedoch seit Jahrzehnten an eine reibungslose Stromversorgung gewöhnt ist, sehen sich etliche westliche Länder nun auf dem falschen Fuß erwischt und verfügen nicht über eigene Notgeneratoren, die die Stromversorgung über längere Zeit sichern könnten. Damit erweist sich eine weitere kritische Infrastruktur als schlecht bis gar nicht vorbereitet auf einen Fall, der zugegebenermaßen bis vor wenigen Monaten undenkbar schien – schlicht weil niemand für möglich gehalten hätte, dass solche unfähigen Dilettanten und Ideologen ohne jedes Verständnis für die Folgen ihres politischen Handelns jemals in Brüssel und insbesondere Berlin am Ruder sein würden.

Sie wurden alle eines Schlimmeren belehrt: Die Gefahr nicht nur großräumiger Stromausfälle, sondern auch eines Teil- oder Totalausfalls des Mobilfunknetze oder des Internets sind real, wie aus einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters hervorgeht. Vier Topmanager der Telekommunikationsbranche erklärten darin, dass es in vielen europäischen Ländern nicht annähernd genug Reservesysteme gebe, um großflächige Stromausfälle zu bewältigen. Darum arbeitet man nun fieberhaft mit den Regierungen zusammen, um einen völligen Zusammenbruch zu verhindern. Der französische Energiekonzern Enedis hat ein Szenario vorgelegt, das im schlimmsten Fall von nur zweistündigen Stromausfällen ausgeht. Davon wären nur Teile des Landes betroffen, und auch diese nicht gleichzeitig; Krankenhäuser, Polizei und Behörden wären davon gar nicht betroffen. Selbst dann käme es zu Telekommunikationsunterbrechungen in der breiteren Fläche. Auch bei kritischen Einrichtungen, sofern diese nicht in die Liste der gesetzlich priorisierten Teile der Infrastruktur gehört, die im Notfall möglichst weiterversorgt werden sollen.

Fieberhafte Vorbereitungen für den Worst Case

Die entsprechenden Pläne seien erst über den Sommer mit der Regierung und Telekommunikationsfirmen erörtert worden; Enedis betont, dass alle Kunden im Falle von Stromausfällen gleich behandelt würden. Man sei jedoch in der Lage, Teile des Versorgungsnetzes zu isolieren, um Prioritätskunden, wie Krankenhäuser, das Militär oder Schlüsselindustrien versorgen zu können. Es obliege nun den lokalen Behörden, die Infrastruktur der Telekom-Betreiber in die Liste der vorrangigen Kunden aufzunehmen. Ein Beamter des französischen Finanzministeriums erklärte, es sei „nicht einfach, eine Mobilfunkantenne (vom Rest des Netzes) zu isolieren„, vielleicht werde man aber bis zum Winter mehr wissen.

Ein Sprecher der schwedischen Telekom-Regulierungsbehörde PTS sagte, man finanziere den Kauf transportabler Tankstellen und mobiler Basisstationen, die mit Mobiltelefonen verbunden werden können, um längere Stromausfälle zu überbrücken und arbeite mit Telekom-Betreibern und staatlichen Stellen zusammen, um Lösungen für den Fall von Stromausfällen, aber auch Stromrationierungen zu finden. Die italienische Telekommunikationslobby erklärte, sie verlange, dass das Mobilfunknetz von Stromausfällen oder Energiesparmaßnahmen ausgenommen sei, und werde dies bei der neuen italienischen Regierung zur Sprache bringen.

Deutsche Telekom setzt auf dieselgetriebene mobile Notstromsysteme

Die Telekommunikationsausrüster Nokia und Ericsson arbeiten mit den Mobilfunkbetreibern zusammen, um die Auswirkungen eines Stromausfalls zu mildern, erklärten drei mit der Angelegenheit vertraute Quellen. Generell stehen die europäischen Telekommunikationsbetreiber vor der Aufgabe, ihre Netze zu überprüfen, um den zusätzlichen Stromverbrauch zu senken und ihre Geräte durch den Einsatz stromsparender Funksysteme zu modernisieren. Dabei wird auch Software eingesetzt, um Mobilfunktürme, die gerade nicht benutzt werden, quasi in den „Schlaf“ zu versetzen und verschiedene Frequenzbänder abzuschalten. Außerdem wird in Kooperation mit den Regierungen untersucht, ob es Pläne zur Aufrechterhaltung „kritischer Dienste” gibt.

Ein Sprecher der Deutschen Telekom erklärte, man könne mit mobilen Notstromsystemen lediglich eine kleine Zahl der 33.000 Mobilfunktürme in Deutschland unterstützen. Bei längeren Stromausfällen werde man dieselbetriebene Notstromsysteme zurückgreifen. Liza Bellulo, die Präsidentin der „Fédération Française des Télécoms“ (FFT), die Telekommunikationsfirmen Orange, Bouygues Telecom and Altice’s SFR repräsentiert, stellte klar, dass die Industrie nicht in der Lage sei, sämtliche Antennen der 62.000 Mobilfunktürme des Landes mit neuen Batterien auszustatten. Ein Vertreter der Telekommunikationsbranche sagte: „In weiten Teilen Europas sind wir vielleicht ein wenig verwöhnt, weil die Stromversorgung ziemlich stabil und gut ist. Die Investitionen im Bereich der Energiespeicherung sind vielleicht geringer als in einigen anderen Ländern.” Man kann nur hoffen, dass dem noch rechtzeitig vor Eintreten des Ernstfall abgeholfen werden kann.

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