Thilo Sarrazin (Foto:Imago/Leber)

Sarrazin will den Ukraine-Konflikt nicht verstehen

Der heimatlose Sozialdemokrat Thilo Sarrazin schreibt seit seinem epochalen Bestseller „Deutschland schafft sich ab“ Jahr für Jahr ein neues Buch. Diese Bücher sind zwar weiter so umfangreich wie sein sensationeller Erstling, doch immer weniger bedeutsam in der öffentlichen Diskussion.
Von Wolfgang Hübner
Es entsteht vielmehr zunehmend der Eindruck, dass sein Verlag im Jahresrhythmus nach einem neuen Manuskript verlangt, weil sich der Autor immer noch ganz gut verkaufen lässt und diesem stets noch ein Thema einfällt, das er analysieren glaubt zu können. Nun besteht die trübe Aussicht, dass Sarrazins nächstes Werk den Krieg in der Ukraine behandeln wird. Denn er hat schon in mehreren Beiträgen, zuletzt in der Schweizer „Weltwoche“, Stellung zu dem Konflikt genommen.
Sarrazins Haltung ist ebenso simpel wie angreifbar: Eindeutig der Böse sei die Russische Föderation unter der „verbrecherischen Führung“ von Putin. Und schuldig sei auch das russische Volk, das „dem Aggressionskurs gegen die souveräne Ukraine mehr oder weniger willenlos“ folge. Sarrazin vergleicht die Lage der Russen mit derjenigen der Deutschen unter der Nazi-Diktatur, woraus faktisch die Gleichsetzung „Putin und seine kleptokratische Verbrecherbande“ mit Hitler und seiner Nazi-Bande erfolgt. Abgesehen davon, dass diese Gleichsetzung eine üble Verzerrung des realen historischen Geschehens ist, ignoriert Sarrazin damit vollständig die Wurzeln, Umstände sowie den täglich bedeutender werdenden angloamerikanischen Anteil an diesem Krieg.
Doch wer gegen alle Tatsachen die Ukraine nach dem westlich inszenierten Majdan-Putsch 2015 allen Ernstes für einen „souveränen“ Staat hält, der will sich nicht mit lästigen Fakten und einer eingehenden Analyse des Konflikts beschäftigen, sondern nur eine gefällige Meinung haben. Die allerdings hat Sarrazin. Und weil er sich bei diesem Thema grenzenlos überschätzt, kommt für ihn als Lösung natürlich nur eine vollständige russische Niederlage mit der Absetzung des gewählten Präsidenten Putin in Frage. Sehr wahrscheinlich würde Sarrazin nach Putins Entmachtung als einer der ersten Kopfjäger ein internationales Tribunal für Putins Verurteilung als Kriegsverbrecher fordern.
Da es noch nicht soweit ist, muss sich der Vielschreiber einstweilen damit begnügen, in dem Text für die „Weltwoche“ die „geheiligte Schweizer Neutralität“ in großdeutscher Großkotzmanier als „das historisch überkommene Privileg eines kleinen Bergvolkes im Windschatten der Weltgeschichte“ lächerlich zu machen. Die Überschrift von Sarrazins Beitrag lautet herrisch: „In dieser Frage kann es kein Einerseits-Andererseits geben“. In diesem Sinne also: Dr. Thilo Sarrazin hat sich beim Thema Ukraine ein für alle Mal disqualifiziert – bei diesem Urteil kann es tatsächlich kein Einerseits-Andererseits geben!

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