General Erich Vad über den Ukrainekrieg

Nein, ich sage es nicht. Aber ich muß. Es kommt mich hart an, sehr hart. Ausgerechnet in der „Emma“ gibt es ein Interview mit General Erich Vad zum Ukrainekrieg. Und ich hatte mir geschworen, nie im Leben jemals Alice Schwarzers „Emma“ zu erwähnen. Aber das Interview mit dem General – General in der „Emma“, ausgerechnet –  hebt sich wohltuend ab von dem Lügenseich über den Krieg, den man sich unverschämterweise von den Mainstream-Presstituierten auf die Pupillen brunzen lassen soll. Anscheinend kann ich doch über meinen Schatten springen.

von Max Erdinger

Herr General Vad war von 2006 bis 2013 militärischer Berater der kanzlerinischen Heimsuchung namens Frau Merkel. In ihrem Teaser für die vermaldedeite „Emma“ schreibt Frau Annika Ross: „Er gehört zu den raren Stimmen, die sich früh öffentlich gegen Waffenlieferungen an die Ukraine ausgesprochen haben, ohne politische Strategie und diplomatische Bemühungen. Auch jetzt spricht er eine unbequeme Wahrheit aus.“ – alles in allem ist das Interview sehr lesenswert, wenn man das allgemeine Meinungsklima bedenkt, das in der Bundesrepublik mit Bezug auf den Krieg in der Ukraine medial installiert worden ist. Dem muß natürlich auch der General Rechnung tragen, wenn er sich die Presstituiertenmeute nicht selbst auf den Hals hetzen will. Aber der Balanceakt, den er im „Emma“-Interview hingelegt hat, ist ihm angesichts seiner persönlichen Notwendigkeiten ganz gut gelungen. Er hätte vermutlich nicht nur einen guten General, sondern auch einen hervorragenden Diplomaten abgegeben.

Was nun die Waffenlieferungen an die Ukraine angeht, stimmt natürlich, daß das ohne politische Strategie und diplomatische Bemühungen ein Vabanquespiel darstellt. General Vad meint vermutlich, Waffenlieferungen wären in Ordnung, wenn es jetzt eine aussichtsreiche politische Strategie und diplomatische Bemühungen gäbe. Ich bin mir sicher, daß es beweisbar eine politische Strategie der Amerikaner gab, die absichtlich zu diesem Krieg geführt hat – und daß diplomatische Bemühungen der deutschen Regierung zur Kriegsvermeidung in den beiden vergangenen Jahren wegen der Machtverhältnisse zwischen den USA und ihren westeuropäischen NATO-Vasallen, darunter Deutschland, nichts mehr gebracht hätten. Sie wären Politkosmetik gewesen. In den Jahren 2014 bis 2016 etwa hätten diplomatische Bemühungen der EU in ernsthaften Gesprächen mit den USA eventuell noch das Blatt wenden können, heute nicht mehr. Heute steht fest, daß die USA in der Ukraine einen Stellvertreterkrieg gegen Russland führen, in welchem sich die Ukrainer von einem gekauften Regime verheizen lassen müssen, und daß die USA zwar Russland prügeln, die EU aber mitmeinen. Die wiederum ist aufgrund ihrer geopolitischen Machtlosigkeit unter dem Gesichtspunkt ihrer relativen militärischen Schwäche gezwungen, gute Miene zum bösen Spiel zu machen, will sagen, sie hatte vor Jahresfrist keine anderen Alternativen mehr, als sich auf die Seite der USA zu stellen.

Aus amerikanischer Sicht ist der US-Verrat an den Verbündeten in Europa zwar auch nicht schön, aber aus wirtschafts- und finanzpolitischen Gründen zum Erhalt des US-Dollars als einer Weltleitwährung können sich die Amerikaner Schönheit eben nicht mehr leisten. Hier gilt das Diktum von Henry Kissinger: „Es ist zwar gefährlich, die USA zum Feind zu haben; sie als Verbündeten zu haben, ist allerdings tödlich.“

Vielleicht begreifen das die Polen, die Ukrainer und die Balten auch noch. „America first“ ist ja nicht verkehrt. Wissen muß man es halt, um dann entsprechend zu handeln. Als Deutscher und EU-Angehöriger muß man sich daher nicht deshalb gegen Waffenlieferungen an die Ukraine aussprechen, weil heute eine politische Strategie und diplomatische Bemühungen fehlen, sondern weil beides in der Vergangenheit bereits fehlte. In der Vergangenheit wären für die EU-Länder auch die USA der Ansprechpartner bei diplomatischen Bemühungen gewesen, nicht Russland. Nicht die Russen hatten den Plan ausformuliert, die USA in drei Teile aufzuspalten, sondern umgekehrt hatten die USA einen solchen Plan mit Blick auf Russland ausformuliert. Man studiere seinen Brzezinski, lausche den Strategen Friedman, Krugman, Kagan, Nuland, McCain, Graham et al. Allesamt hatten sie lange vor dem Ukrainekrieg keine Fragen mehr offengelassen, wie sie sich die „Sache mit Russland“ vorstellen. Eine wirtschaftliche „Ukrainisierung“ Russlands, so, wie sich das unter Boris Jelzin recht vielversprechend angelassen hatte für die Amerikaner, hätte ihnen natürlich bis zum heutigen Tage gepaßt. Doch dann kam die Jahrtausendwende – und mit ihr kam Putin. Der Rest ist Geschichte. Und zwar die Geschichte, die auch General Vad so nicht erzählen kann, ohne sich damit Pest & Cholera an den Hals zu holen.

Sei es wie es sei: Das Kind ist in den Brunnen gefallen. Der Krieg in der Ukraine tobt – und der kollektive Westen hat keine Ahnung, wie er sich aus den Nesseln wieder befreien könnte, in die er sich selbst hineingesetzt hat. Eine Kapitulation in der Ukraine wäre das Ende des Westimperiums. Fielmann: Mit Brille wäre das nicht passiert. In diesem Zusammenhang empfehle ich auch ein sehr lesenswertes Interview mit dem französischen Historiker Emmanuel Todd.

Frau Annika Ross will jedenfalls von Herrn General Vad wissen, wie es denn nun überhaupt weitergehen kann.

Was heißt das?
Wir haben eine militärisch operative Patt-Situation, die wir aber militärisch nicht lösen können. Das ist übrigens auch die Meinung des amerikanischen Generalstabschefs Mark Milley. Er hat  gesagt, dass ein militärischer Sieg der Ukraine nicht zu erwarten sei und dass Verhandlungen der einzig mögliche Weg seien. Alles andere bedeutet den sinnlosen Verschleiß von Menschenleben.

General Milley löste mit seiner Aussage in Washington viel Ärger aus und wurde auch öffentlich stark kritisiert.
Er hat eine unbequeme Wahrheit ausgesprochen. Eine Wahrheit, die in den deutschen Medien übrigens so gut wie gar nicht publiziert wurde. Das Interview mit Milley von CNN tauchte nirgendwo größer auf, dabei ist er der Generalstabschef unserer westlichen Führungsmacht. Was in der Ukraine betrieben wird, ist ein Abnutzungskrieg. Und zwar einer mit mittlerweile annähernd 200.000 gefallenen und verwundeten Soldaten auf beiden Seiten, mit 50.000 zivilen Toten und mit Millionen von Flüchtlingen. Milley hat damit eine Parallele zum Ersten Weltkrieg gezogen, die treffender nicht sein könnte. Im Ersten Weltkrieg hat allein die sogenannte ‚Blutmühle von Verdun‘, die als Abnutzungsschlacht konzipiert war, zum Tod von fast einer Million junger Franzosen und Deutscher geführt. Sie sind damals für nichts gefallen. Das Verweigern der Kriegsparteien von Verhandlungen hat also zu Millionen zusätzlicher Toter geführt. Diese Strategie hat damals militärisch nicht funktioniert – und wird das auch heute nicht tun.

Es ist auch nicht nur General Milley, der in dieses Horn stößt, sondern das sind auch Journalisten wie Gonzalo Lira, Pablo Escobar und etliche andere,  Colonel Douglas Macgregor, der EX-UN-Waffeninspekteur und Ex-Marine-Intelligence-Officer Scott Ritter und viele andere mehr.  Alles in allem sieht die Situation so aus, daß sich die westliche Politikerkaste diesen Krieg leisten muß und das Militär dazu mißbraucht, sich ihr eigenes Überleben so lange wie möglich sichern zu lassen. Das ein beispielloser Verrat an ihren Wählern, nicht nur in den USA, sondern ebenso in der Ukraine und in der EU. Ganze Nationen befinden sich in der Geiselhaft von Erzverbrechern, die sich gar nicht mehr leisten können, das zu tun, wozu sie eigentlich als Volksvertreter gewählt worden waren. Weder Selenskyj noch Scholz, kein Macron, kein Sunak, kein Biden, keine v.d. Leyen kann sich im Januar 2023 noch leisten, Schaden von seinem jeweiligen Volk abzuwenden und seinen Nutzen zu mehren. Alles, was sich diese pflichtvergessene Blase im kollektiven Westen noch leisten kann, ist auf Zeit zu spielen und auf ein Wunder zu hoffen, das ihnen ihre „Untertanen“ gefälligst zu finanzieren haben, ganz egal, wieviel -zigtausende an Menschenleben das noch kosten wird. Das ist das, was der Ukrainekrieg im Januar 2023 am eindrücklichsten beweist: Daß westliche Demokratien mit ihren wohlfeilen Bekenntnissen zu Menschenrechten, dem Wert des Lebens als solchem, der unbiquitär beschworenen Menschlichkeit und so weiter, zu absolut dysfunktionalen Systemen degeneriert sind, in denen die ach-so-freien Bürger des Westerns ihres Lebens nicht mehr sicher sein können. Und nicht nur ihres Lebens nicht mehr, sondern auch ihrer Lebensfreude nicht mehr. Das ist auch so eine Wahrheit, die der General Vad natürlich nicht ausprechen darf.

Natürlich muß General Vad auch betonen, daß die Februarinvasion der Ukraine „völkerrechtswidrig“ gewesen ist. Das war sie natürlich. Aber Papier ist geduldig – und der kollektive Westen hatte schon lange vorher jede Berechtigung verspielt, sich recht bigott über den Bruch des Völkerrechts zu echauffieren. Dazu hat er es oft genug selbst gebrochen. Im Übrigen kennt das Völkerrecht auch die Bestimmung, sich mit seinen jeweiligen Nachbarn jenseits der eigenen Grenzen um ein möglichst friedfertiges Auskommen zu bemühen – und daß in der Ukraine irgendwer daran gedacht hätte, auch diese Bestimmung mitzubedenken, ehe er sein Opfergeheul anstimmte, kann man beim besten Willen nicht behaupten. Schlauer als die westlichen Mainstream-Presstituierten und die Propagandastellen der Regierungen waren schon Friedrich der Große, Macchiavelli und Montesquieu, die sinngemäß allesamt jener Überzeugung gewesen sind, die der Preußenkönig so ausformulierte: Angreifer ist, wer seinen Gegner zwingt, zu den Waffen zu greifen. Wer wen in den Ukrainekrieg hineingezwungen hat, steht ganz und gar außer Frage. Das ist auch der Angreifer. Und der heißt „Vereinigte Staaten von Amerika“.

In der „Emma“ wird nun noch erwähnt, daß sich General Milley in den USA Medienangriffen und politischen Angriffen ausgesetzt sieht, dafür, daß er lediglich ein realistisches Bild der militärischen Lage zeichnet, ohne die politische überhaupt zu erwähnen. Ähnlich geht es General Vad, der ebenfalls auf die militärische Lage abhebt und so geht es auch dem Generalinspekteur der Bundeswehr, General Eberhard Zorn. Es ist ein einziger Skandal. Unterdessen lügen sich die politische Klasse des Westens und ihre medialen Verlautbarungsverstärker einen Sachverhalt zusammen, als seien sie allesamrt direkte Nachkommen des Barons von Münchhausen – und tun so, als spiele der Zeitfaktor im Militärischen überhaupt keine Rolle, mweswegen dann auch von „Wunderwaffen“ daherschwandroniert wird, die angeblich die Kriegswende bringen sollen – von Patriot-Systemen und „Tierpanzahs“, ohne zu berücksichtigen, daß die Ausbildung an diesen Systemen Zeit erfordert, die im Krieg Mangelware ist – und daß noch nie in der Geschichte des Kriegs jemals einer mit „Wunderwaffen“ gewonnen worden wäre, wenn man Japan und die Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki einmal außen vor läßt. Was für ein Sieg, hallelujah. Der NATO-Generalsekretär ist ein Politsprecher, kein Militärsprecher – und Scott Ritter, der Militärexperte, hat den obersten NATO-Polito unlängst unverblümt dazu aufgefordert, sein „dummes Maul“ zu halten und endlich nachhause zu gehen. So weit sind „wir“ inzwischen in jenem kollektiven Wertewesten, in dem in Wahrheit auf alles, was tatsächlich Wert hätte, ein dicker, stinkender Haufen gesetzt wird.

Die wandelnde „Betroffenheit“ in Charkow: Annalena Baerbock – Foto: Screenshot „Emma“

Derweilen stolpert die deutsche Außenministernde durch die Kriegsruinen von Charkow und macht ein Gesicht, als hätte sie gerade wieder eines ihrer intensivguten Gefühle. Das passt zum Emotionskrieg der Entklöteten. Womit ich zum Abschluß auch der „Emma“ resp. Alice Schwarzer ein paar mitgeben möchte. Meine sehr plausible These: Dieser Krieg ist Resultat des Machtstrebens äußerst skrupelloser, äußerst mächtiger und sehr gewiefter Männer. Und fast jede politische Position, die national und international in der Vergangenheit von Frauen besetzt wurde, ist eine, in der ein anderer Mann fehlt, der diesen eiskalten Männern etwas entgegenzusetzen gehabt hätte. Es ist mit sehr wenigen Ausnahmen ganz egal, wo man hinschaut: Nirgendwo finden sich Frauen, die sich nicht von eiskalten Männern irgendwelche Flausen in den Kopf hätten setzen lassen, die ihnen schmeicheln. Merkel/Gates, v.d. Leyen/Bourla, Baerbock/Schwab – es ist schier endlos. Da kannst du mit der Frau Ardern in Neuseeland weitermachen, auf die Frau Truss in England zurückkommen – you name it: Überall Persönchen, die erkannt haben, wie sehr es ihnen selbst nützt, zu tun, was ihnen sehr mächtige und eiskalte Männer anschaffen. Jede Position eine einzige Verschwendung. Und die Zustände in der westlichen Welt sind das direkte Resultat davon. Den Kampf Gut gegen Böse gewinnen Frauen niemals, solange das Böse in Gestalt eiskalter Männer daherkommt. Wie sagte doch ein sehr weiser Mann einst: „Männer wollen etwas beweisen, Frauen wollen etwas erreichen“. Ich füge an: Hauptsächlich für sich selbst. Das ist die ganze Crux. Männer haben nach wie vor die wahre Macht – und Frauen haben dieser Macht absolut nichts entgegenzusetzen. Meine Güte, was könnten wir Deutschen für einen Außenminister haben!  Und was für einen Innenminister – und überhaupt. Stattdessen Baerbock, Giffey, Esken, Lang, Faeser, Göring-Eckardt und tausend andere, die glauben, sie seien, was sie sind, weil sie jetzt endlich auch mal dran gewesen seien. Weil Frau. Weil Sand im Weltgetriebe. Und die politische Schlauheit der Frauen in ihrer ganzen Nützlichkeit fürs Ganze ist erst in den vergangenen 60 Jahren entdeckt worden. Sowieso. Schützenpanzer für Schwangere, kugelsichere Westen für Schwangere. Verrückte Welt.