Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer, plus weitere Prominente, haben soeben eine Petition an Bundeskanzler Olaf Scholz gerichtet, in der sie einen sofortigen Stopp der deutschen Waffenlieferungen an die Ukraine fordern sowie zu einem „sofortigen Verhandlungsbeginn“ aufrufen, um den Ukraine-Krieg schnellstens zu beenden.
Von Quo usque tandem
Werte Petitionäre (und ditto -innen): ich nehme an, dass ihr Euch den weiteren Verlauf dieser Aktion etwa so vorstellt: Auf den Zuruf zu Verhandlungen anzutreten, nimmt Putin stramme Haltung an, legt die Hände an die Hosennaht, knallt die Hacken zusammen und ruft „Jawohl, zu Befehl“.
Ehe ihr Euch weiter in Träumen dieser Art verliert, solltet Ihr vielleicht folgende Fakten zur Kenntnis nehmen:
Putins Vorgehen gegenüber der Ukraine gleicht in der Konzeption aufs Haar der Annektierung des Sudetenlandes durch Hitler in Jahre 1938. Auf der darauffolgenden Münchener Konferenz ließen sich die damaligen Garantie-Mächte der Interessen der Tschechoslowakei, Großbritannien und Frankreich, von Hitler einwickeln und überließen ihm, über den Kopf der Tschechoslowakei hinweg, das besetzte Gebiet – im Austausch gegen Hitlers Versprechen, sich danach “gesittet” zu betragen. Als nächste kam der Einmarsch nach Polen sowie, im weiteren Verlauf, Weltkrieg II, mit Aber-Millionen von Toten und weitgehender Zerstörung Europas. (Der kleine Unterschied zwischen beiden historische Vorgängen ist, dass sich die Ukraine nicht einfach einsacken ließ (und weiterhin nicht lässt) und dass der Westen sie nicht einfach feige Putin zum Fraß vorirft. – aber dies nur nebenbei.)
Fall der Westen jetzt, “um Ruhe zu haben” Putin nachgibt und ihm vielleicht die halbe Ukraine überlässt, wird sich die Geschichte eins zu eins wiederholen: Er wird dann als Nächstes in den baltischen Staaten, oder Polen, oder Rumänien einmarschieren, um seinen Plan weiter zu verfolgen, die Länder des ehemaligen Warschauer Paktes (zu dem – wohlgemerkt – auch die DDR gehörte) unter russische Herrschaft zurückzuholen – immer im Vertrauen darauf, dass der Westen, “um seine Ruhe zu haben”, weiter nachgibt. Irgendwann wird der Bogen dann überspannt sein und wir werden Weltkrieg III haben.
Um zu demonstrieren, wie man in den “oberen Etagen” von Russland tickt, zitiere ich im Nachfolgenden eine Passage aus einem Interview, das Ramsan Achmatowitsch Kadyrow vor einigen Tagen einem russischen Radio-Sender gegeben hat. Der Genannte ist der russische Statthalter im mehrheitlich muslimischen Tschetschenien, der in seiner gleichzeitigen Eigenschaft als Mitglied der militärischen Führungsspitze Russlands, seine Höllenhunde in die Ukraine schickt, um dort – so nebenbei – mit Mord und Vergewaltigung den muslimischen “Dschihad”, den Vernichtungskrieg gegen alle Nicht-Muslime, zu betreiben.
Zitat:
„Scholz hat unseren Präsidenten besucht. Er war weich wie ein Panda und nun spricht er vom Rednerpult aus und macht solche hasserfüllten Statements gegen uns. Gorbatschow, oder wer auch immer unsere Truppen von dort abgezogen hat. Sie [Deutschland] hätten als Verräter bestraft werden sollen, damit sie ihren Platz verstehen. Wir sollten zurückgehen, es ist unser Territorium (sic),. Es war eine fehlerhafte Entscheidung unserer vergangenen Regierung, sie sollte geändert werden. Wir sollten da langsam reingehen, damit wir sie zu jeder Zeit kontrollieren können.“
Ende Zitat
Frage: Sieht diese Aussage nach – auch nur andeutungsweiser – Verhandlungsbereitschaft aus?
Natürlich werde ich sofort den Einwand hören „diese Aussage kommt nicht von Putin, sondern von einer, in der russischen Hierarchie unter ihm angesiedelten Person“. Hierzu kann ich nur sagen: Kadyrow ist genügend hoch in dieser Hierarchie angesiedelt, dass man davon ausgehen kann, dass die Tendenz seiner Aussage sich mit den Vorstellungen und Plänen seines Herren und Gebieters Putin deckt. Bei dem straffen Regiment, das von Putin geführt wird, dürfte es unwahrscheinlich sein, dass Kadyrow – oder irgend ein anderes Rad in der Maschinerie – coram publico etwas von sich gibt. das von der vorgegebenen Linie abweicht.
Fazit: Putin wird seine imperialistischen Bestrebungen erst aufgeben, wenn der weitere Verlauf des Ukraine-Krieges ihn überzeugt haben wird, dass er diesen nicht gewinnen kann. So weit ist er derzeit noch nicht – deshalb werden Verhandlungs-Angebote des Westens von ihm lediglich als Schwäche interpretiert werden und den Krieg – statt ihn zu beenden – weiter verlängern.