Erdingers Absacker; Bild: Collage
Erdingers Absacker; Bild: Collage

Erdingers Absacker: Sagen Sie das lieber nicht in Deutschland

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Es gibt Tage, an denen man sich einfach durch die Nachrichtenlandschaft klickt und sich fragt, woher Besserung eigentlich kommen soll. Als nächstes kommt man dann drauf, daß man das, was es noch zu sagen gäbe, gar nicht mehr sagen kann, weil man in dem System, das längst nicht mehr ist, was es noch immer zu sein vorgibt, dafür eingebuchtet werden könnte. Wer wissen will, an welchem Verfallspunkt von Demokratie, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit die Bundesrepublik inzwischen angekommen ist, muß sich überlegen, was wohl unausgesprochen geblieben ist.

von Max Erdinger

Als sogenannter Boomer hat man die guten Jahre der Bundesrepublik in Erinnerung. Inzwischen sind im Bundestag Personen vertreten wie zum Beispiel Emily Vontz (SPD), die erst gute zehn Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung zur Welt gekommen ist. Viele der Klimakleber wissen vermutlich ebenfalls nichts mehr von den guten Jahren der Bundesrepublik. Das sind keine Demokraten mehr, sondern naseweise Totalitaristen, denen nicht einmal mehr zu vermitteln ist, daß die Weisheit erst mit dem Alter kommt. Die kleben sich heute auf die Straße und fliegen morgen nach Bali in den Urlaub. Die würden ihr Heimatland auch nicht mehr unter Einsatz ihres Lebens verteidigen, nehme ich an, sondern im Porsche Cayenne vor dem Feind fliehen, um die Leute in ihrem Zufluchtsland darüber zu belehren, daß sie kein Fleisch essen sollen. Daß mit einer solchen Generation eine Demokratie zu machen sein soll, kann man sich getrost abschminken. Das wird in den nächsten Jahrzehnten nichts mehr. Wie’s wohl kommt?

Man braucht sich nur einmal die Statistik der Öffentlich-Rechtlichen anzuschauen. Parteienvertreter in den einschlägigen Talgshows. Die heißen so, weil nur noch trübe Talgfunzeln dort überhaupt auftauchen. Obwohl die AfD im Bundesdurchschnitt derzeit um die 16-17 Prozent erreicht bei der sogenannten Sonntagsfrage … und obwohl sie in den „neuen“ Bundesländern z.T. bei 30 Prozent steht … und obwohl sie eine rechtmäßig und demokratische gewählte Fraktion im Bundestag und den meisten Länderparlamenten darstellt: Ihre Vertreter werden nicht mehr in die Talgshows eingeladen. Es scheint die Befürchtung zu kursieren, daß die Talkshow wiederauferstehen könnte. Maybrit Illner erklärte kürzlich, weshalb sie keine AfD-Gäste mehr einlädt. Das Demokratieverständnis der Maybrit Illner (58) eben. Von 1986 bis zum Ende der DDR war sie Mitglied der SED. Die Sendung „hart aber fair“ wird inzwischen vom Lebensgefährten des Fräuleins Neubauer, Luisa moderiert. Wenigstens rauscht die Quote in den Keller.

Wer ist in den Talgshows zu sehen? Solche Figuren wie die hier unten abgebildeten zum Beispiel. Wie die Collage eindrucksvoll beweist, wäre es sinnlos, sich eine Talgshow mit diesen Figuren überhaupt anzutun. Man könnte von vornherein wissen, daß nichts, was sie dort zum Besten geben, eine Gültigkeit von mehr als fünf Minuten hätte.

Luegenmaeuler
„Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern?“ – Screenshot Facebook

Was sie lieber nicht sagen sollten in Deutschland

Sagen Sie auf keinen Fall, die Bundesrepublik sei keine Demokratie mehr. Sagen Sie nicht, daß eine Demokratie Demokraten bräuchte, die neben ihren eigenen Überzeugungen auch die gegenteiligen Überzeugungen respektieren und sich Mehrheitsmeinungen beugen würden, die sie nicht selbst propagandistisch hergestellt hätten. Sagen Sie nicht, daß das Beschwören der Demokratie als einer erhaltenswerten Regierungsform die Zwecklüge genau derjenigen ist, die gar nicht daran denken, demokratische Regeln für sich selbst zu akzeptieren. Sagen Sie niemals, daß Sie sich fragen, ob Deutsche überhaupt zur Demokratie befähigt sind. Verkneifen Sie sich die Bemerkung, daß eine Demokratie nicht zwangsläufig eine Medien- & Massendemokratie sein müsste. Sagen sie niemals, daß es in der Bundesrepublik keine unabhängige Presse gibt. Und äußern Sie niemals Zweifel daran, daß die USA „unser Verbündeter & Partner“ sind. Behaupten Sie niemals, die Bundesrepublik Deutschland sei zu einer Gesinnungsdiktatur der scheinheiligsten Moralisten verkommen, welche die Welt bislang gesehen hat. Denken können Sie sich das. Aber leise. Sie wollen schließlich keine Nachteile für sich riskieren.

Aus der griechischen Antike ist bekannt, daß die Demokratie im 5. Jahrhundert v. Chr. aus der Tyrannis des 7./6. Jahrhunderts v. Chr. hervorgegangen ist und daß die wiederum durch dieTyrannis im 4./3. Jahrhundert v. Chr. verdrängt wurde. Aristoteles nannte die Tyrannis eine „entartete Monarchie“. Denken Sie lieber nicht laut darüber nach, ob die Tyrannis nicht auch eine „entartete Demokratie“ sein könnte. Erzählen Sie niemandem, wen sie im Verdacht haben, Demokraten so verhetzt zu haben, daß sie der Demokratie heute fehlen. Wenn es so wäre, daß Sie sich denken, es seien grob umrissen die ’68er und ihre Nachfolger im Ungeiste gewesen, die in Deutschland recht umtriebig den „hypermoralisierenden Minusnazi“ – einen achsengespiegelten Nazi also – hervorgebracht haben, dann erzählen Sie das besser noch nicht einmal Ihrer Ehefrau. Die würde Sie sonst womöglich fragen, was Ihrer Ansicht nach passieren müsste, um diese intellektuellen Minderleister zur Wiederherstellung einer funktionierenden Demokratie aus den Parteien und den Medien wieder herauszubekommen. Denken Sie noch nicht einmal daran, daß das auf demokratischem Wege kaum noch möglich sein dürfte. Sie müssten sich sonst überlegen, auf welchem Weg denn dann. Sie würden sich den Tag mit extrem scheußlichen Gedanken versauen.  Das müssen Sie aber nicht. Sie sind schließlich ein freier Mensch in der Demokratie. Zukünftige Scheußlichkeit können Sie für sich jederzeit ablehnen. Dann denken Sie aber weiter und sagen sich, daß Sie die Scheußlichkeit, in der Sie im Augenblick leben, besser ebenfalls ablehnen können sollten, um sich als freien Menschen in der Demokratie begreifen zu dürfen, ohne den nagenden Verdacht zu haben, Sie könnten sich selbst in die Tasche gelogen haben.

Sagen Sie keinesfalls, daß Sie eine bis drei Generationen identifiziert haben – fast alle jünger als Sie selbst, z.T. auch in Ihrem Alter und wenige sogar noch älter, die Sie ihrer Demokratieunfähigkeit wegen als für die Demokratie verloren betrachten und daß Sie sich überlegen, durch welche Regierungsform deren desaströses Wirken so lange unterbunden werden könnte, daß Zeit entsteht, in der neue Demokraten herangezogen werden können. Reden Sie nicht laut darüber, daß Sie sich überlegen, ob die Tyrannis die unausweichliche Folge einer der Demokratie prinzipiell inhärenten Entwicklung sein könnte – und ob sich die „Demokratie“ einer aus ihr hervorgegangenen Tyrannis nicht lange Zeit als bloße begriffliche Fassade überstülpen ließe, um die faktische Existenz einer Tyrannis zum Vorteil des Tyrannen zu negieren.

Fragen Sie niemanden laut, wie er angesichts der Vielzahl absichtsvoll dahergelogener Behauptungen, die als „Realitätskonstrukte“ und „Meinungen“ verharmlost werden, auf die Idee kommt, ausgerechnet Wahlen seien ein getreuliches Abbild des demokratischen Wählerwillens.

Und – psssst! – sollte das der Fall sein: Sagen Sie um Himmels Willen niemals, daß Sie der Ansicht sind, Wladimir Putin habe im kleinen Finger mehr Liebe zu Ihrem Vaterland und zu Ihrer Heimat, als die meisten der sogenannten deutschen Volksvertreter in ihren Schädeln zusammengenommen. Behaupten Sie niemals, daß Sie den Verdacht haben, Putin könnte angesichts der deutschen Volksvertreter mit Blick auf „sein Deutschland“ an Liebeskummer leiden. Erstrecht nicht sollten Sie jemandem erzählen, wofür Sie die polit-mediale Blase des sogenannten Wertewestens tatsächlich halten. Sie würden sich eine Klage wegen Beleidigung einfangen – oder gleich eine wegen „Volksverhetzung“ (in einem vorher schon totalverhetzten Volk). Das sollten Sie nicht riskieren. Sagen Sie lieber nichts. Nicht in Deutschland.

 

 

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