Mal wieder: Dr. Pfeiffer mit pfiffigen Erklärungsmodellen (Foto:Imago)

Mädchen-Mord an Luise: Ein Fall für “Tapp-im Dunkel”-Kriminologe Pfeiffer

Seit gestern erschüttert der Mord an der zwölfjährigen Luise in Rheinland-Pfalz ganz Deutschland. Was die Tat noch fassungsloser macht, ist der Umstand, dass sie von zwei Mädchen im Alter von zwölf und 13 Jahren, vermutlich aus Rache erstochen wurde. Da die Strafmündigkeit in Deutschland erst mit 14 Jahren beginnt, müssen beide nicht einmal mit einer Haftstrafe rechnen. Leider kann man sicher sein, dass die Medien in solchen Fällen die immer gleichen „Experten“ zu Rate ziehen, die dann meist auch den immer gleichen Unsinn verbreiten.

Einer davon ist der “Top”-, besser: Tipp-Kriminologe Christian Pfeiffer, der seit Jahrzehnten durch die Talkshows tingelt, um sein vermeintliches Fachwissen zum Besten zu geben. Pfeiffer weiß zwar in aller Regel gar nichts, hat die Fähigkeit zur Kompetenzsimulation aber zu einer wahren Kunst erhoben. Zum Fall Luise schwafelte er nun, dabei handele es sich um einen „Extremfall“, der „sehr, sehr selten“ sei. Dass Mord- und Totschlagsdelikte durch Kinder und Jugendliche ständig zunähmen, bestreite er „massiv“, so Pfeiffer weiter. Dieser Eindruck entstünde lediglich durch die mediale Berichterstattung. Tatsächlich würden jedoch „alle Statistiken zeigen, dass die Gewaltkriminalität seit 15 Jahren bundesweit deutlich sinkt – am stärksten bei den Jugendlichen“.

Alternative Wirklichkeiten

In der alternativen Wirklichkeit von Professor Pfeiffer sind immer fabelhaftere Diskrepanzen zwischen Statistiken und empfundener, gefühlter und erlebter Realität kein  Grund, die Statistiken anzuzweifeln, sondern eher die Wirklichkeit. So sei seit 2007 sei die polizeilich registrierte Gewaltkriminalität in Deutschland um 25 Prozent gesunken, die Jugendgewalt habe in diesem „pro 100.000 der Altersgruppe bis 2021 um 46 Prozent abgenommen“. Diese stabile Entwicklung könne auch durch „einzelne, verrückte Taten“ nicht erschüttert werden, „so grässlich sie auch sein mögen“.

Schon im nächsten Satz aber will der Kriminalitätsnestor dann aber doch wieder nicht ausschließen, dass dieser Trend sich „jetzt gerade ändern könnte“. Dafür sei natürlich die Aufhebung der Corona-Maßnahmen verantwortlich, wodurch Jugendliche wieder „größeren Handlungsspielraum“ hätten. Daher sei es doch denkbar, „dass die Jugendkriminalität wieder steigt“. Auch seine Aussagen zu den Gründen, warum Kinder zu Mördern würden, könnten nicht belangloser sein. Eine Untersuchung der Sozialisation der Täter würde seiner Ansicht nach ergeben, dass es „in allen Fällen ganz massive, prägende Einflüsse auf die Kinder gegeben hat.“

Danke für dieses Geschwurbel

Soweit also die wahrhaft bahnbrechenden Erkenntnisse von „Deutschlands Top-Kriminologen“; zusammengefasst: Die Jugendkriminalität geht unaufhaltsam zurück, es kann aber sein, dass sie auch wieder steigt, und außerdem hat das soziale Umfeld hat Einfluss auf Kinder. Danke für dieses Geschwurbel! Mit genau dieser an Banalität und Beliebigkeit kaum noch zu überbietenden Art von „Expertise“ schafft Pfeiffer es allerdings immer wieder in alle Medien. Mit der kontrafaktischen These vom angeblich massiven Rückgang der Jugendkriminalität geht er seit Jahren hausieren; eine hierzu vom Bundesfamilienministerium finanzierte Gefälligkeitsstudie ließ er von seinem eigenen Institut erstellen.

Die Zuwandererkriminalität sparte er dabei praktischerweise einfach aus, indem er zwischen Flüchtlingen und Zugewanderten unterschied. Die politisch gewünschten niedrigen Zahlen ergaben sich so natürlich von selbst. Obwohl er sogar konstatierte, dass der Islam gewalttätig und frauenverachtend sei, empfahl er tatsächlich die Verlängerung des Aufenthaltsstatus muslimischer junger Männer, deren Asylantrag abgelehnt worden war. Dies war der gleiche widersprüchliche Unsinn, den er im Fall Luise und in zahlreichen weiteren Fällen absonderte. Es ist wohl nur in Deutschland möglich, dass solche “Koniferen”, pardon: Koryphäen, über Dekaden hinweg in allen Medien immer wieder ein Forum erhalten, um die Öffentlichkeit durch vorgetäuschtes Fachwissen irrezuführen.

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