Das russische Rettungsschiff SS-750 soll sich laut T-Online in dänische Gewässer geschlichen haben; Foto: Twitter

T-Online zündet die nächste Nord-Stream-Nebelkerze

Die deutschen Mainstream-Medien ignorieren die brisanten Anschuldigungen von Seymour Hersh und machen sich mit billigen Ablenkungsmanövern als Handlanger der westlichen Nachrichtendienste weltweit lächerlich. Nach den »Jacht-Piraten« der »Zeit« folgt nun eine stümperhaft zusammengegoogelte »Internet-Recherche« von T-Online, die auf dubiosen, geheimdienstnahen Quellen beruht.

Nachdem die Recherche von Holger Stark in der Zeit, die Nord Stream Pipelines wären von 6 unbekannten Ukrainern an Bord einer Segeljacht gesprengt worden, international zum Treppenwitz geworden ist, veröffentlicht T-Online nun die neuste Nebelkerze, um von Seymour Hershs explosiven Enthüllungen abzulenken, nach denen die Biden-Regierung Nord Stream gesprengt hat. Die T-Online Quelle hat enge Verbindungen zur dubiosen, geheimdienstnahen NGO Bellingcat.

»Putins geheimer Konvoi«, titeln der Leitende Redakteur Recherche Jonas Mueller-Töwe, Investigativ-Redakteur Carsten Janz und Waffensachverständiger Lars Winkelsdorf zusammen mit Blogger Oliver Alexander am 25.3. auf T-Online und behaupten: »Die russische Marine hat kurz vor den Explosionen der Nord-Stream-Pipelines mutmaßlich mit einem Mini-U-Boot in deren Nähe operiert… Wie T-Online aus Sicherheitskreisen erfuhr, soll ein Verband der russischen Marine unter strenger Abschirmung im Bereich des späteren Tatorts operiert haben.«

Ursprünglich hieß die Story noch »Nord Stream 2 Sabotage – Die Spuren führen nach Russland«, der Titel wurde aber um 8:53 h am 26.3. aus unklaren Gründen geändert.

Nur am Rande erwähnt T-Online die wichtigste Quelle für ihren Artikel: Den Blog des dänischen IT-Studenten Oliver Alexander, der etwas verschnupft auf seinem Substack schreibt: »Jetzt, da T-Online den Artikel veröffentlicht hat, an dem wir in den letzten anderthalb Wochen zusammengearbeitet haben, kann ich endlich alle Recherchen dahinter und Details teilen, die ich in meinem vorherigen Artikel weglassen musste.«

Oliver Alexander nennt sich »OSINT-Spezialist« und zündet seit der Veröffentlichung von Seymour Hershs gründlich und sehr glaubhaft recherchierter Geschichte am 8.2.2023 eine Nebelkerze nach der anderen, um den Pulitzer-Preisträger Hersh zu diskreditieren – egal wie.

»OSINT« (Open Source Intelligence) bedeutet im Wesentlichen, dass Alexander am Computer sitzt und Ressourcen wie Google Maps und MarineTraffic nutzt, um fadenscheinige »Gegendarstellungen« zu fabrizieren, die dann von der geheimdienstnahen Propagandatruppe Bellingcat genutzt werden, um regierungskonforme westliche Medien zu füttern. Bellingcat-Gründer Eliot Higgins gilt als Pionier der OSINT-Methode.

Bereits zwei Tage nach Erscheinen von Hershs Artikel, am 10.2.2023, veröffentlichte Oliver Alexander eine Gegendarstellung aus reichlich zusammengegoogeltem Material, u.a. der Behauptung, dass »keine Minensucher der Alta-Klasse am NATO-Manöver BALTOPS 22 teilgenommen« hätten. Warum man bei einer CIA-Geheimoperation das verwendete Schiff öffentlich ankündigen sollte, erklärte Alexander nicht.

Dieser wirre Text wurde von Bellingcat-Chef Eliot Higgins auf Twitter geteilt und u.a. von Welt und Tagesschau benutzt, um Hersh zu diskreditieren. Am 18.2. musste Alexander einräumen, dass ein ähnliches Schiff, die Hinnøy, tatsächlich an dem NATO-Manöver teilgenommen hatte.

Seitdem hat Alexander insgesamt 11 Substack-Artikel zusammengegoogelt, nach denen die Nord-Stream-Sprengung u.a. das Resultat einer spontanen Selbstzerstörung sein könnte (20.2. und 23.2. – »Achtung: Aufgrund neuer Informationen ist dieser Post nicht länger relevant« heißt es nun auf Alexanders Substack).

Nachdem es immer mehr Zweifel an der absurden Jacht-Geschichte von Zeit und ARD Kontraste gab, versuchte Alexander sie zu retten, indem er postulierte, die Segeljacht »Andromeda« könne nur zum Transport des mysteriösen pro-ukrainischen Sabotageteams genutzt wurden sein, und sich in der Nähe des Tatorts mit dem griechischen Ölfrachter Minerva Julie getroffen haben.

Die einzige Theorie, die für Alexander nie in Frage kommt, ist die offensichtliche, die sowohl Präsident Joe Biden, Vizeaußenministerin Victoria Nuland und Nationaler Sicherheitsberater Jake Sullivan im Januar und Februar 2022 angekündigt hatten: Die USA würden Nord Stream »ein Ende bereiten«, wenn Russland in die Ukraine einmarschiere.

Nun will Alexander an seinem PC also aufgrund von Satellitenbildern und Marinetrackern das Auslaufen eines russischen Verbandes von 6 Schiffen am 21.9.2022 in Baltyisk, Kaliningrad im Rahmen einer russischen Flottenübung belegen können, zu dem das Rettungsschiff SS-750 mit einem Rettungs-U-Boot AS-26 Project 1855 Priz gehöre (Foto). T-Online habe die Namen der 6 Schiffe, die angeblich »in der Nähe des Tatorts gesichtet« wurden, »aus Sicherheitskreisen« erfahren.«

Das ist alles. Fotos, Radaraufzeichnungen oder andere Belege für die Anwesenheit des Rettungsschiffes SS-750 und seiner 5 Begleitschiffe am Tatort vor Bornholm am 26.9. haben T-Online oder Alexander scheinbar nicht vorzuweisen. Aus diesen dünnen Nicht-Fakten strickt T-Online also die Räuberpistole eines russischen Mini-U-Boots mit »Greifarmen, die bis zu 50 Kilogramm schwere Fracht unter Wasser bewegen können«. Seymour Hersh schätzt, dass pro betonummantelter Pipeline mehrere hundert Kilo C4 Sprengstoff benötigt wurden.

Es sind 360 km von Kaliningrad nach Bornholm. Warum ein russisches Sabotageschiff 360 km im strengsten überwachten Meer der Welt bis nach Dänemark in NATO-Gewässer segeln sollte, anstatt die Pipeline z.B. mitten in der Ostsee zu sprengen, erklärt Alexander nicht. Twitter-User Michael Kobs hat die Details von Alexanders Behauptungen in einem Twitter-Thread auseinandergenommen, u.a. die Ausrüstung des an beiden Tatorten anwesenden schwedischen Zerstörers HSwMS Visby mit dem angeblichen russischen Tatschiff SS-750 verglichen (Foto). (NB: Kobs verfasst öfters anti-USA Tweets und weist eine Nähe zu Russland auf.)

Alexander arbeitet laut Wire eng mit der Propaganda-NGO Bellingcat aus UK zusammen, die bereits seit seinen Syrien-Enthüllungen versucht, Seymour Hersh zu diskreditieren.

Als Hersh 2013 und 2017 Zweifel an der offiziellen Version von Assads Giftgasangriffen in Syrien äußerte, berief sich Bellingcat laut The Grayzone auf dschihadistische Gruppen und westliche Geheimdienste, um Hersh zu attackieren.

Bellingcat wird u.a. von der National Endowment for Democracy der US-Regierung, den Open Society Foundations, der EU (2021: 320.000 € laut Finanztransparenzportal der EU) und der OSZE finanziert. Zahlreiche Mitarbeiter haben Verbindungen zu westlichen Geheimdiensten.

Snowden-Enthüller Glenn Greenwald nannte Bellingcat »vom CIA und dem US-Außenministerium finanziert, um sich in andere Länder einzumischen und sie zu destabilisieren – wie in Syrien.«

»Natürlich mag Bellingcat Seymour Hersh nicht, weil seine Berichterstattung das Narrativ des US-Geheimdienstapparates und der westlichen Medien untergräbt«, sagte Greenwald. »Was man nicht tun darf, was Hersh getan hat, ist, ‚Verschwörungstheorien‘ zu verbreiten, die gegen das Narrativ des US- Geheimdienstapparates sind, die die US-Außenpolitik untergraben. Das ist das Einzige, was verboten ist. Dann bist du als Journalist ganz schnell draußen.«

In seinem neusten Enthüllungsbericht schreibt Seymour Hersh, seine Quellen in den Nachrichtdiensten hätten ihm gesagt, dass es beim Treffen zwischen Olaf Scholz und Joe Biden am 3.3.2023 im Weißen Haus um seinen Enthüllungsbericht gegangen sei, so Hersh, und wie man ihn entkräften könne. Danach wurde die CIA beauftragt, zusammen mit dem deutschen Geheimdienst eine Pressegeschichte zu lancieren, damit die amerikanische und deutsche Presse »eine alternative Version der Zerstörung von Nord Stream 2« habe, so Hersh.

Es sei unklar, ob der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz vor dem Nord-Stream Anschlag gewarnt worden war, so Hersh. Doch seit dem Anschlag sei er »eindeutig mitschuldig an der Vertuschung der Operation in der Ostsee der Biden-Regierung«.

Der russische Präsident Wladimir Putin hat Seymour Hershs Bericht am Samstag im russischen Fernsehen bestätigt: »Der amerikanische Journalist (Seymour Hersh) ist zu dem Schluss gekommen, dass die Sprengung der Gaspipelines von US-Spezialkräften organisiert wurde. Ich stimme diesen Schlussfolgerungen voll und ganz zu«, sagte Putin laut TASS. Er glaube zwar, dass es schwierig sein wird, die Wahrheit über den Nord-Stream-Vorfall herauszufinden, sagte Putin, »aber eines Tages wird wohl herauskommen, was wie passiert ist.«

 

Zuerst veröffentlicht auf Freie Welt.

 

Tucker Carlson: Perfekt vereinte Lügenfront zu Nord Stream

Seymour Hersh im Interview mit Marc Friedrich: Wer hat Nord Stream gesprengt? (Deutsche Untertitel) 

Seymour Hersh im Interview mit eXXpress: Seymour Hersh über die Nord Stream Enthüllungen (Deutsch eingesprochen)

dd0b8e382938444a8c81c47a8fcb9673

Entdecke mehr von Journalistenwatch

Jetzt abonnieren, um weiterzulesen und auf das gesamte Archiv zuzugreifen.

Weiterlesen