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US-Dollar auf Crash-Kurs, die Suche nach Alternativen

Der US-Dollar hat den globalen Handel und die Kapitalströme über Jahrzehnte hinweg dominiert. Viele Länder suchen inzwischen nach alternativen Zahlungsmethoden, um ihre Abhängigkeit von den Vereinigten Staaten zu reduzieren, zumal die ausufernden US-Schulden keineswegs das Vertrauen in den Dollar stärken. Nach dem Ersten Weltkrieg wurden die Vereinigten Staaten zu einer führenden Finanzmacht. Das Land trat erst 1917 in den Krieg ein und ging daraus weitaus stärker hervor als seine europäischen Kontrahenten.

Infolgedessen begann der Dollar, das Pfund Sterling als internationale Reservewährung zu verdrängen und die USA wurden zu einem bedeutenden Empfänger von Goldzuflüssen aus dem Krieg. Der Handel mittels Dollar blühte. Für viele Länder wird der Dollar (als Reservewährung) gerade zum Glücksspiel. Allerdings gibt es hier keine Spiele umsonst, es ist bitter ernst und mit dem Verfall des Dollars steigt das Risiko mit den eigenen Dollaranlagen Schiffbruch zu erleiden.

Bretton-Woods-Abkommen

Immer mehr Länder suchen nach Alternativen zum Dollar
US-Dollar (Bild: shutterstock.com/Svetlana Lukienko)

Eine noch größere Rolle spielte der Dollar ab 1944, als 44 Länder das Bretton-Woods-Abkommen unterzeichneten und damit ein gemeinsames internationales Währungssystem schufen, das an den US-Dollar gebunden war, der wiederum an den Goldpreis gekoppelt war. In den späten 1960er Jahren wurden die europäischen und japanischen Exporte gegenüber den US-Exporten wettbewerbsfähiger. Es gab ein großes Angebot an Dollars in der ganzen Welt, was es schwierig machte, Dollars mit Gold zu unterlegen. Präsident Nixon beendete 1971 die direkte Konvertierbarkeit von US-Dollars in Gold. Damit wurden sowohl der Goldstandard als auch die Begrenzung der Geldmenge, die gedruckt werden konnte, aufgehoben. Obwohl er die internationale Reservewährung geblieben ist, hat der US-Dollar seither zunehmend an Kaufkraft verloren.

Russlands und Chinas Schritte in Richtung De-Dollarisierung

Während die Vereinigten Staaten und andere westliche Länder als Reaktion auf den Einmarsch in der Ukraine Wirtschaftssanktionen gegen Russland verhängten, haben sich Moskau und die chinesische Regierung zusammengetan, um die Abhängigkeit vom Dollar weiter zu verringern und eine Zusammenarbeit zwischen ihren Finanzsystemen aufzubauen.

Seit dem Einmarsch im Jahr 2022 hat sich der Rubel-Yuan-Handel um das Achtzigfache erhöht. Laut der russischen Nachrichtenagentur Vedmosti arbeiten Russland und der Iran außerdem gemeinsam an der Einführung einer mit Gold unterlegten Kryptowährung. Darüber hinaus haben die Zentralbanken (insbesondere die Russlands und Chinas) so schnell wie seit 1967 nicht mehr Gold gekauft, da die Länder versuchen, ihre Reserven vom Dollar weg zu diversifizieren.

Wie andere Länder ihre Dollarabhängigkeit verringern

Die Entdollarisierung ist auch in anderen Teilen der Welt ein Thema: In den letzten Monaten haben Brasilien und Argentinien über die Schaffung einer gemeinsamen Währung für die beiden größten Volkswirtschaften Südamerikas diskutiert. Auf einer Konferenz in Singapur im Januar sprachen mehrere ehemalige südostasiatische Beamte über die laufenden Bemühungen zur Entdollarisierung. Laut Reuters führen die Vereinigten Arabischen Emirate und Indien Gespräche über die Verwendung von Rupien für den Handel mit Nicht-Öl-Gütern, um sich vom Dollar abzuwenden. Zum ersten Mal seit 48 Jahren erklärte Saudi-Arabien, dass das ölreiche Land offen für den Handel mit anderen Währungen als dem US-Dollar sei, eine Entwicklung, die aus Sicht der USA eine ernsthafte Bedrohung für das Land darstellt.

Der US-Dollar ist nicht tot, aber er ist auch nicht unsterblich – ungefähr so bringen es Erdölmarkt Analysten von “Energy Intelligence” auf den Punkt. Denn der Boden unter dem Petrodollar verschiebt sich, genau wie vieles im Nahen Osten seit Dezember, als der chinesische Präsident Xi Jinping in Riad den Golfstaaten des Nahen Ostens eine vertiefte Zusammenarbeit anbot. Besonders erwähnenswert: Total Energies verrechnete Ende März eine LNG-Ladung aus den Vereinigten Arabischen Emiraten an China in Yuan. Damit dürfte auch offiziell der Anfang vom Ende des Petrodollars eingeleitet sein.

EZB in Sorge

Was vor 20 Jahren noch ein Thema für den kleinen Kreis war, nämlich die Möglichkeit, dass der US-Dollar seine Vormachtstellung einbüßen könnte, hat sich in den letzten Monaten bis in die Redaktion der Financial Times und der Direktion der Europäischen Zentralbank (EZB) herumgesprochen. Geopolitische Verschiebungen führen dazu, dass die Weltwirtschaft in „konkurrierende Blöcke” zerfalle, was zu einem inflationären Umfeld führen könne, sagte EZB-Chefin Christine Lagarde am 17. April.

Dass es diesmal um die Zentralbanken und nicht nur um den Bankensektor ging, wurde in der Rede klar – Lagarde sprach von tiefgreifenden Auswirkungen für die Zentralbanken, einschließlich „mehr Instabilität”, da das Angebot weniger elastisch werde. Lagarde wies darauf hin, dass die Zentralbanken während einer anderen großen Periode geopolitischer Umwälzungen in den 1970er-Jahren schlecht abgeschnitten haben. „Sie haben es nicht geschafft, einen Anker der monetären Stabilität zu setzen“. Dieser Satz lässt tief blicken.