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Werden jetzt auch noch sudanesische Ortskräfte nach Deutschland eingeflogen?

Überall dort, wo Deutschland im Ausland seine Finger im Spiel hat und wo dann die Lage eskaliert, weil man die Lage trotz millionenteurem Einsatzes nicht unter Kontrolle kriegt, gibt es Ortskräfte, die dann in Gefahr geraten und dann nach Deutschland geholt werden müssen. So wie auch in diesem Fall:

Nach der Evakuierung von hunderten Deutschen aus dem Sudan startet jetzt eine Debatte um eine Evakuierung von Sudanesen, die für Deutschland gearbeitet haben. Angesichts der gefährlichen Sicherheitslage im Sudan hat der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Deutschen Bundestag, Michael Roth (SPD), gefordert, dass auch Ortskräften geholfen werden müsse, sollten sich diese in akuter Gefahr befinden. “Wer für die Bundesrepublik Deutschland gearbeitet hat, der muss sich auf uns verlassen können, auch dann, wenn er nicht mehr für uns arbeiten kann”, sagte Roth am Montag den Sendern RTL/ntv.

Roth betonte, dass die Lage im Sudan zwar eine “völlig andere” sei als 2021 in Afghanistan, dennoch habe Deutschland als Arbeitgeber eine “Fürsorgepflicht” für die Menschen. “Dann darf der Reisepass und die Herkunft keine Rolle spielen”, so Roth. Sollte den Ortskräften im Sudan gedroht werden, so müssten sich diese “selbstverständlich” darauf verlassen können, dass sie von Deutschland geschützt würden, betonte Roth und fügte abschließend hinzu: “Ich finde auch, dass es uns gut zu Gesicht steht, wenn wir auch sehr genau die Lage bewerten und dann auch wieder schauen, ob eine mögliche Gefahr besteht für die Menschen, die für Deutschland oder andere internationale Partner gearbeitet haben.”

Nach den bereits erfolgten und erfolgreichen Evakuierungsflügen der Bundeswehr aus dem Sudan kritisieren derweil Teile der Opposition im Bundestag das zögerliche Verhalten der Bundesregierung bei der Planung der Operation – ein nachträgliches Mandat wird aber nicht infrage gestellt. “Die Bundesregierung wird im Nachgang einige Fragen beantworten müssen. Es ist nicht gut, dass sie von der Lageentwicklung im Sudan so kalt erwischt wurde”, sagte Jürgen Hardt, außenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, dem Nachrichtenportal T-Online.

Er kritisierte außerdem, dass Deutschland erneut im Kielwasser von Verbündeten mitgeschwommen sei, “in diesem Fall Frankreich, das wohl zunächst vor Ort allein absicherte”. Hardt erklärte: “Wenn Deutschland sicherheitspolitisch ernst genommen werden will, kann man sich nicht immer hinter den Partnern verstecken.” Auch für den außenpolitischen Sprecher der Linksfraktion im Bundestag Gregor Gysi war die Evakuierung “zu schwierig und zu zögerlich”.

“Selbstverständlich” hätte die Bundesregierung früher auf die Krise reagieren müssen. “Es gibt eben noch andere Länder als China, Russland und die Ukraine”, sagte Gysi T-Online. “Man muss sich um die drei Länder kümmern, darf aber die anderen nicht vergessen.”

Gegen die Kritik aus der Opposition wehren sich die Außenpolitiker der Ampelfraktionen im Bundestag. “In dieser extrem schwierigen und unübersichtlichen Situation haben wir über 300 Menschen, Deutsche wie andere Europäer bisher in Sicherheit gebracht. Das ist eine große Leistung”, meinte Jürgen Trittin, außenpolitischer Sprecher der Grünen, zu T-Online.

“Diese Eskalation mitten in einem Transformationsprozess ist weder von den Vereinten Nationen noch von den USA oder anderen vorhergesehen worden. Es war für alle eine böse Überraschung.” Der Grünen-Politiker sieht im Sudan eine “deutlich andere Situation” als bei dem “Chaos in Kabul” im August 2021. Im Sudan hätten “die Europäer sehr gut zusammengearbeitet”.

“Leider wurde Vorbereitung für die Evakuierung wohl durch den unabgesprochenen Alleingang der Briten verzögert.” Der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Nils Schmid zeigte sich erleichtert, dass es gelungen sei, “eine dreistellige Zahl an deutschen Staatsbürgern zu evakuieren”. “Die Ereignisse im Sudan haben noch einmal vor Augen geführt, wie unvorhergesehen und plötzlich eine Lage eskalieren kann”, sagte Schmid.

“Die Bundesregierung hat hier besonnen reagiert und die notwendigen Vorbereitungen und Absprachen rechtzeitig getroffen, sodass als es die Umstände am Boden erlaubten, sofort mit der Evakuierung begonnen werden konnte.” Auch FDP-Außenpolitiker Ulrich Lechte erklärte gegenüber T-Online, dass die Rettungsoperation “bis dato nach Plan” laufe. “Die schwer kalkulierbare Sicherheitslage im Sudan ließ eine frühere Evakuierung nicht zu, dementsprechend kann ich keine Verfehlungen der Bundesregierung erkennen”, so Lechte.

Einig sind sich die Bundestagsfraktion darüber, dass die Bundeswehr für die Evakuierungsmission nachträglich ein Bundestagsmandat braucht: “Dieser Einsatz muss nachträglich mandatiert werden. Das erwarten die Abgeordneten”, sagte Trittin. Das Mandat werde die Bundesregierung am Mittwoch auf den Weg bringen.

“Der Bundestag wird noch in dieser Woche entscheiden.” Die Opposition möchte die Debatte im Bundestag nutzen, um den Ablauf der Evakuierung kritisch zu hinterfragen. “Es verwundert, dass fast zwei Jahre nach dem Abzug aus Kabul immer noch Nato- und EU-Staaten einzeln evakuieren”, sagte CDU-Politiker Hardt.

“Ich könnte mir stattdessen sehr gut eine gemeinsame Schnelle Evakuierungstruppe mit einem deutsch-französischen Kern vorstellen. Diese Fragen wird die CDU/CSU bei den Debatten um die nachträgliche Mandatierung stellen.”

Wie in vielen anderen brennenden Ecken der Welt geht es auch im Sudan einerseits um die Islamisierung und andererseits um Bodenschätze, auf die die Großmächte ja so scharf sind. Die Bevölkerung des Landes wird dabei den Schaden haben. Das war schon immer so, das wird sich auch nicht ändern. Mit oder ohne Bundeswehr. (Mit Material von dts)

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