Erdogan-Fan (Bild: shutterstock.com/John Wreford)

Türken-Kolonie Nürnberg hängt Erdogan-Wahlplakate auf

In der Türkei ist Wahlkampf und die Stadt Nürnberg unterstützt mit großem Engagement den Sultan vom Bosporus. In mehreren Migrantenstadtteilen hängen nun Erdogan-Wahlplakate. Lächelnd mit Hand auf dem Herzen wirbt der Herrscher auf türkisch um die Stimmen seiner Untergebenen. Ein bißchen Empörung kocht hoch, doch die Stadt hat den türkischen Wahlkampf auf deutschem Boden offiziell genehmigt. Ein Kurzversuch? Die Plakate sollen inzwischen wieder abgehängt worden sein. 

1,5 Millionen stimmberechtigte Türken bevölkern Deutschland und die sollen dem “richtigen” Mann ihre Stimme geben. Amtsinhaber Recep Tayyip Erdogan (69) möchte sie mit dem Spruch “Doğru Zaman, Doğru Adam”, auf gut Deutsch: “Die richtige Zeit, der richtige Mann” ein weiteres Mal von sich überzeugen.

Nürnberg zeigt Herz für den seit 2014 regierenden Präsidenten und genehmigt “aufgrund des Wahlkampfes 25 Plakate außerhalb der Altstadt im Rahmen einer Sondernutzung vom 22. April bis zum 5. Mai”. Und so strahlte der türkische Herrscher in mehreren Stadtteilen Nürnbergs auf die Passanten herunter, unter anderem in St. Peter, wo viele Menschen mit sogenanntem türkischem Migrationshintergrund leben. Wie im Urlaub konnten sich Reisende fühlen – auch in unmittelbarer Nähe des Hauptbahnhofs hängen Plakate der Erdogan-Partei AKP.

Ein kurzer Versuchsballon – nach Aussage des Grünen-Abgeordneten im bayerischen Landtag, Cemal Bozoglu (62), wurden die AKP-Plakate im Laufe des Sonntags abgehängt. Ob die Stadt ihre Genehmigung zurückgenommen hat, ist unklar.
Für einheimische Wahlen gibt es in Deutschland enorm strenge Auflagen, doch das gilt in Nürnberg offenbar nicht für ausländische Wahlkämpfe. Für den Ex-Grünen Sprecher Volker Beck schlägt die Stunde. Er fragt empört in die Twitter Runde: “Wer lässt so etwas zu?” und erinnert an das 2017 deutschen Innenminister, gegebene Versprechen, daß es so etwas nicht geben werde.

“Türkischer Wahlkampf hat auf unseren Straßen nichts verloren”, der öffentliche Raum werde “für die Plakate eines erklärten Feindes von Aufklärung, Minderheiten- und Frauenrechten zur Verfügung gestellt” findet der jetzige Menschenrechtler und Lehrbeauftragte am Centrum für Religionswissenschaftliche Studien (CERES) und Menschenrechtler Beck.
“Dass die Stadt Nürnberg einseitig für den Autokraten Erdogan und die AKP 25 Plakate im Rahmen einer Sondernutzung zulässt, schlägt dem Fass den Boden aus. Damit ist der türkische Wahlkampf auf Deutschlands Straßen angekommen. Die deutsche Politik muss endlich aufwachen: Erdogan und AKP sind Antidemokraten. Wer sie unterstützt, vergiftet auch das politische Klima in Deutschland…Erdogan und die AKP nutzen bereits landauf landab die Moscheen von DITIB und Milli Görüs als Wahlkampfmaschinen und missbrauchen deren Rechte als religiöse Gemeinschaften für ihre politischen Zwecke“, nutzt der nach seinem Drogenskandal ansonsten völlig abgetauchte Volker Beck die Gelegenheit, endlich mal wieder etwas zu sagen zu haben.

Angeblich liefert sich  Erdogan ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit seinem Herausforderers Kemal Kilicdaroglu (74), dessen Siegeschancen laut Umfragen nicht schlecht stehen sollen.  Erdogan kämpft derzeit mit gesundheitlichen Problemen und musste bereits einige Wahlkampftermine absagen. Am 14. Mai ist es dann soweit: Die über eine Million Auslandstürken dürfen über Präsident und Parlament abstimmen. Neben eröffnen 72 weitere Ländern weltweit bereits am Donnerstag die Wahllokale in den türkischen Auslandsvertretungen, wie die türkische Nachrichtenagentur Anadolu mit Verweis auf Zahlen der türkischen Wahlkommission YSK mitteilte. Insgesamt 3,4 Millionen im Ausland lebende Türken können so bis zum 9. Mai ihre Kreuze machen. (MS)

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