Neulich in Brüssel? (Symbolfoto: Von Kiselev Andrey Valerevich/Shutterstock)

Razzia gegen Mafia: Reines Theater?

Die Show erinnert verdammt an die Sache mit den arabischen Clans. Auch hier scheint es lediglich darum zu gehen, der beunruhigten Bevölkerung etwas vorzumachen, so zu tun, als ob man noch Herr der Lage ist – obwohl längst alles zu spät ist:

Der Berliner Mafia-Experte Sandro Mattioli dämpft nach den groß angelegten Razzien gegen die italienische `Ndrangheta-Organisation Hoffnungen auf einen durchschlagenden Erfolg der Ermittler. “Es ist noch viel zu tun und ich bin nicht optimistisch, dass das ein Durchbruch war”, sagte Mattioli der “Rheinischen Post” (Mittwochausgabe). “Man hat sich auf den Weg gemacht, was gut ist, aber der Weg wird noch lang sein.”

Mit Blick auf die Situation in Nordrhein-Westfalen ergänzte Mattioli, die Mafia habe sich dort bereits vor Jahrzehnten niedergelassen und mache Geschäfte. Im Kampf gegen organisierte Kriminalität gehe die aktuelle Landesregierung aber gut voran. Mattioli warnte, die deutschen Behörden seien auf die Bedrohung durch die italienische Mafia nicht gut vorbereitet.

“Die `Ndrangheta hat ein Interesse daran, in Wirtschaftsbereiche einzudringen, um möglichst viel Profit rauszuholen – davor müssen wir uns schützen. Auch vor Geldwäsche, die über deutsche Unternehmen läuft”, sagte der Journalist und Buchautor, der auch Vorsitzender des Vereins “Mafia, nein danke” ist. Geldwäsche sei “leider eine Gefahr, die man in Deutschland nicht auf dem Schirm hat”.

Ein SPD-Politiker wird noch deutlicher:

Sebastian Fiedler, kriminalpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, macht die italienische Mafia ‘Ndrangheta für eine “Kokain-Schwemme” und für Geldwäsche in Deutschland verantwortlich. “Wir haben hier ein extremes Rauchgift-Problem, was auf den Aktivitäten unter anderem der ‘Ndrangheta beruht”, sagte Fiedler dem Tagesspiegel (Donnerstagausgabe). Sie sei im globalen Kokain-Geschäft erfolgreich unterwegs.

“In Deutschland haben wir eine Kokain-Schwemme, mit massiven negativen Gesundheitsfolgen. Obwohl ständig große Mengen Kokain sichergestellt werden, ändert sich der Marktpreis nicht. So wurden 2021 an norddeutschen Häfen 19 Tonnen Kokain sichergestellt, in Antwerpen 110 Tonnen”, sagte Fiedler, der bis 2021 Vorsitzender des Bundes Deutscher Kriminalbeamter war.

Fast schon traditionell sei Deutschland für die Mafia “ein beliebter Ort zur Geldwäsche”, sagte Fiedler. “Bargeld-intensive Kleinbetriebe wie Restaurants und Eisdielen werden dazu genutzt, Gelder aus kriminellen Geschäften zu waschen.” Außerdem sei Deutschland als Ruhe- und Rückzugsraum für die Mafia attraktiv.

Bei der ‘Ndrangheta handele es sich um einen global agierenden kriminellen Konzern mit einem Umsatz eines “Global Players”, sagte Fiedler. “Die Aufgabe der Mafia-Bekämpfung also lautet: Zerschlage einen global agierenden Konzern.”

Vielleicht sollte hier der Staat ebenfalls ins Drogengeschäft einsteigen, um den Schwarzmarkt mit seiner Geldwäsche zu zerstören. Aber Geldwäsche ist da wohl eher das kleinere Übel. Das Thema “Gewalt” scheint doch dramatischer zu sein. Die täglichen Messermorde sind es, die die schlimmen Schlagzeilen beherrschen. Vielleicht sollte man hier mal von “Clanstrukturen” sprechen, auch wenn, wie fast immer, nur von einem “Mann” gesprochen wird. (Mit Material von dts)

 

 

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