Italien prüft Einstieg in Atomkraft
Italienische Regierung erwägt Atomkraft als Teil des Energiemixes
Luca Toccalini (Lega/ID) erklärte gegenüber EURACTIV: „Abgesehen von ihrer Umweltverträglichkeit und Sicherheit sind Investitionen in Kernenergie äußerst wichtig, um die strategischen Ziele der Energiesouveränität Italiens und Europas zu verfolgen“ (Euractiv: 16.05.23): Die Mitte-Rechts-Parteien in der Regierung, nämlich Fratelli d’Italia (EKR), Lega und Forza Italia, hatten bereits in ihrem Wahlprogramm, mit dem sie die Parlamentswahlen im September 2022 gewonnen haben, ihre Absicht bekundet, wieder in die Atomkraft zu investieren.
Diese Strategie findet auch Unterstützung bei Parteien der Mitte wie Italia Viva, unter der Führung von Ex-Premierminister Matteo Renzi, und Azione, unter der Führung von Ex-Wirtschaftsminister Carlo Calenda, die gemeinsam die Koalition des „Dritten Pols“ bilden.
Vor einigen Tagen hat die Abgeordnetenkammer einen Antrag über Energieinitiativen zur Erreichung der Klimaneutralität angenommen, insbesondere im Hinblick auf die Kernenergie.
Italienische Regierung sieht in Kernenergie alternative saubere Energiequelle
Der Antrag verpflichtet die Regierung, Italiens Dekarbonisierungsprozess zu beschleunigen und die Möglichkeit zu prüfen, die Kernenergie als „alternative und saubere Energiequelle“ in den nationalen Energiemix aufzunehmen.
Um den nationalen Bedarf an sauberer Energie zu decken, muss die Regierung auch Gebiete „außerhalb Italiens“ ausfindig machen, in denen Atomstrom produziert wird, um internationale Abkommen und Partnerschaften einzugehen, die den Import garantieren.
„Die Kernenergie der vierten Generation ist ebenso sicher wie sauber“, sagte der Minister für Umwelt und Energiesicherheit, Gilberto Pichetto Fratin.
Italien diskutiert die Einbindung von Kernenergie zur Erreichung der EU-Dekarbonisierungsziele
„Wir werden nun mit unseren europäischen Partnern darüber diskutieren und mit größter Sorgfalt überlegen, wie wir sie in den nationalen Energiemix der kommenden Jahrzehnte einbinden können, um auch mit dem Beitrag der Kernenergie die von der Europäischen Union gesetzten Dekarbonisierungsziele zu erreichen, bis hin zum Endziel der Klimaneutralität im Jahr 2050“, fügte er hinzu.
Im vergangenen März nahm Italien als Beobachter an dem von Frankreich am Rande des EU-Energierates in Brüssel organisierten Treffen zur Kernenergie teil. Einen Monat zuvor unterzeichneten elf europäische Länder ein Kooperationsabkommen zur Kernenergie, die sogenannte „Nukleare Allianz.“
Deutschland hört auf ideologische Sirenen der Grünen und zeigt wenig Pragmatismus
Im Gegensatz zu anderen Ländern, darunter Deutschland, das in den letzten Jahren seine Kernkraftwerke stillgelegt hat, geht Italien einen anderen Weg. Die letzten drei Reaktoren in Deutschland wurden am 15. April trotz der Proteste einiger Politiker, Klimaforscher und führender Wissenschaftler abgeschaltet.
Laut Toccalini hört die Regierung unter Bundeskanzler Scholz lieber auf die „ideologischen Sirenen der Grünen“ und zeigt wenig Pragmatismus.
Die derzeitige Regierung unter Ministerpräsidentin Giorgia Meloni hingegen wird „an den europäischen Verhandlungstischen teilnehmen, um Italien und seine Spitzenleistungen im Energie- und Automobilsektor zu verteidigen“, betonte Toccalini.
Es gibt keinen rechtlichen Rahmen, der den Bau von Kernkraftwerken in Italien verbietet oder ein erneutes Referendum dafür verlangt. Ein einfaches Gesetz zur Festlegung eines nationalen Energieplans wäre ausreichend. Das Referendum vom 8. November 1987, das zum Ausstieg aus der Kernenergie führte, legt dies nicht fest.