Auf die Brücke von Kertsch, welche die russische Krim mit dem russischen Kernland verbindet, ist erneut ein Sprengstoffanschlag verübt worden, bei dem ein russisches Ehepaar ums Leben kam. In Moskau könnte unterdessen der Entschluß reifen, dem ukrainischen Regime um Wolodymyr Selenskyj endlich den Garaus zu machen.
von Max Erdinger
Im Augenblick ist die 19 Kilometer lange Verbindung zwischen der Krim und der Halbinsel Taman für den Verkehr gesperrt. Die Beschädigungen sind zwar nicht so stark wie beim letzten Anschlag im Oktober 2022 und dürften auch recht zügig zu reparieren sein, aber es kamen wieder russische Zivilisten ums Leben bei dem Anschlag. Es handelt sich um ein Ehepaar, das sich zum Zeitpunkt der Explosion mit seinem Auto auf der Brücke befand.
Der erneute Anschlag auf die Brücke von Kertsch dient nicht wirklich dazu, die Krim vom russischen Kernland abzuschneiden, auch dann nicht, wenn man berücksichtigt, daß sie die wesentliche Straßenverbindung auf die Krim hinüber bildet. Vielmehr soll von dem Anschlag offenbar eine Signalwirkung des ukrainischen Regimes ausgehen, oder, wie man bei “den Guten” hierzulande zu sagen pflegt, “ein Zeichen gesetzt” werden. Das Zeichen: Die Ukraine wird niemals den Versuch einstellen, die Krimbewohner gegen deren erklärten Willen per Zwang in die Ukraine zurückzuholen. Daß das ukrainische Regime für diesen Anschlag das Wohlwollen des “kollektiven Wertewestens” zu erheischen hofft, ist verständlich, da es darauf bauen kann, daß die Massen in den westlichen “Mediendemokratien” davon ausgehen, die Krim sei 2014 völkerrechtswidrig von Russland annektiert worden. Mehr als ein im Westen gängiges Narrativ ist das aber nicht. Und es ist falsch.
Nicht zum ersten Mal haben sich die Bewohner der Krim im Jahre 2014 für eine Sezession entschieden. Bereits mit Wirkung zum 20. Februar 1991 war das der Fall, ein halbes Jahr vor der ukrainischen Unabhängigkeit von der damals noch existierenden Sowjetunion, als die Bewohner der Krim dafür votiert hatten, eine von der Ukraine unabhängige Sowjetrepublik zu werden. Warum also dieser neuerliche Anschlag auf die Brücke von Kertsch? – Die Antwort liegt in Litauen.
Beim NATO-Gipfel in Vilnius am 11./12.Juli 2023 wurde der ukrainische Präsident schwer enttäuscht. Weder wird die Ukraine in absehbarer Zeit eine Einladung erhalten, NATO-Mitglied zu werden, noch gibt es Sicherheitsgarantien der NATO für die Ukraine. Allenfalls wird es welche der G7-Staaten geben – und die sind bei Licht betrachtet ihre Bezeichnung nicht wert. Waffen- und Munitionslieferungen aus dem Westen wird es auch bald keine mehr geben, weil eingetreten ist, was Militär- und Geheimdienstsexperten vor Monaten bereits prognostiziert hatten: Die USA und die NATO-Länder haben nichts mehr, das sie liefern könnten, außer eben Streumunition oder ein paar altersschwachen F-16 Kampfjets aus den Achtziger Jahren. Aus dem ukrainischen Schnack von der geplanten Sprengung der Kühltürme des Kernkraftwerks Saporoschija seitens der Russen ist die Luft inzwischen ebenfalls heraußen; alle Welt weiß, wer den Bruch des Kachowka-Staudamms herbeigeführt hat und daß es die Russen nicht gewesen sind … – kurz und gar nicht gut aus Sicht Selenskyjs und der Seinen: Das ukrainische Regime hat nicht nur den Krieg verloren sondern auch noch seine Glaubwürdigkeit. Das Schicksal noch einmal herumzureißen, würde bedeuten, daß die NATO unverblümt und direkt an der ukrainischen Seite in einen Krieg gegen Russland ziehen müsste – mit unabsehbaren Folgen für ganz Europa. Auf ein solches Vabanquespiel ist aber in der EU niemand scharf. Zweckjubel also im ukrainischen Parlament nach dem Anschlag? – Oleksij Hontscharenko nannte die Spezialoperation „einen großen Erfolg“ im Ukraine-Krieg. Via Telegram forderte der Parlamentsabgeordnete: „Jeder, der daran beteiligt war, sollte die höchsten Orden unseres Landes erhalten.“, schreibt die “Frankfurter Rundschau“. Tatsächlich war es kein großer Erfolg, sondern ein leicht zu durchschauender Manipulationsversuch .
Angesichts der tatsächlichen Lage wäre das einzige, das dazu geeignet ist, die USA weiterhin bei Laune zu halten, die Aussicht, daß sie die Krim in die Finger bekommen könnten, um die russische Schwarzmeerflotte aus Sewastopol zu vertreiben, so daß sich hernach der gesamte Schwarzmeerraum unter Kontrolle der Amerikaner befände. Der Anschlag auf die Brücke von Kertsch war also das Signal an die USA, die Ukraine noch nicht fallen zu lassen, da ja die Krim eventuell noch zu haben sein könnte. Ist sie aber nicht. Militärisch brauchen die Russen die Brücke von Kertsch nicht, um die Krim zu verteidigen. Sie haben die absolute Luftüberlegenheit. An der würden übrigens auch ein paar alte F-16-Kampfjets für die Ukrainer nichts ändern. Militärstrategisch war der neuerliche Anschlag auf die Brücke sinnlos. Einen medienstrategischen Versuch war er wohl wert. Die Krim wird aber für immer bleiben, was sie mit Ausnahme der Jahre zwischen 1954 und 1991 gewesen ist: Russisch.
Was sind eigentlich diese Amerikaner für Leute?
Der Ukrainekrieg ist unter vielerlei Gesichtspunkten ein schreckliches Faszinosum. Einer davon wurde bislang gar nicht so sehr beachtet. Eigentlich müsste man sich fragen, ob “die Amerikaner” tatsächlich solche bösen Leute sind, daß sie die Machenschaften ihrer Eliten bald überall auf der Welt – eben auch in der Ukraine – goutieren. Sind sie nicht. Sie sind lediglich desinteressiert. Amerikaner interessieren sich dafür, was im eigenen Land los ist. Da sie ohnehin davon überzeugt sind, im besten aller denkbaren Länder der Welt zu leben, und weil sie das gern so beibehalten würden, bekommt jeder sehr schnell ihre Aufmerksamkeit, der behauptet, das beste Land der Welt sei von irgendeinem Bösen bedroht und daß sie sich keine größeren Sorgen zu machen bräuchten, weil er sich um den Bösen schon kümmern würde, wenn sie ihn denn nur wählen. Das tut der Durchschnittsami dann, kehrt zu den wichtigen Dingen seines Lebens zurück – und der Gewählte verteidigt sein bestes Land der Welt, das ja nicht zuletzt deswegen das beste Land der Welt ist, weil es eben so läuft. In Deutschland läuft es ja im Prinzip nicht anders. Es geht also darum, daß der eigentliche Souverän seine Regierung nicht kontrolliert, sondern ihr lieber vertraut nach dem Motto: Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß. Wenn es die Regierung dann noch schafft, die Massenmedien auf ihre Seite zu ziehen, kann eine “demokratisch gewählte” Regierung eigentlich tun, was immer ihr beliebt.
Was aber wäre Dummheit im Gegensatz zu Desinteresse? Wenn dem Desinteressierten selbst nach Jahren nicht auffällt, wie unwahrscheinlich es ist, daß seine Regierung – egal worum es geht – immer rechthat, moralisch immer auf der richtigen Seite steht und wie unwahrscheinlich es ist, daß die von außerhalb seines Landes genauso immer die Bösen sind, – dann ist das Dummheit.
Bei YouTube habe ich heute ein interessantes Filmchen gesehen. Es ist Teil einer Serie, die eine junge Deutsche aus München ins Netz stellt, die einen großen Teil ihres Lebens in Cincinnati verbringt. Sie berichtet über die dümmsten Fragen, die ihr von Amerikanern gestellt worden sind im Zusammenhang mit der Tatsache, daß sie Deutsche ist. Da könnte ich übrigens ebenfalls viel beitragen, weil ich jahrelang sehr viel mit Amerikanern in den USA zu tun hatte, durch die Bank wohlwollende und freundliche Leute. Arroganz verbietet sich, weil sich Amerikaner und Deutsche, was dumme Fragen angeht, im Schnitt vermutlich nicht viel nehmen. Die schönste dumme Frage: Warum nennen die Germans ihr Land “Dütshländ”, wenn sie doch bloß “Germany” zu sagen bräuchten. Auch nicht schlecht: Wenn ihr Deutschen uns schon sieben Stunden in der Zeit voraus seid, – warum habt ihr uns dann nicht vor den Anschlägen von 9/11 gewarnt?
Tja, und dann kommt man eben bei der Frage heraus, ob die Quadratsauereien, welche die USA seit Jahrzehnten rund um den Globus veranstalten – eben auch in der Ukraine – nicht deshalb möglich gewesen sind, weil es niemanden gibt, der sich wirklich dafür interessiert, was der militärisch-industrielle Komplex der USA mit seinem NATO-Anhängsel und den Vasallenregierungen des kollektiven Wertewestens den lieben langen Tag so treibt. Das Probem wäre also, daß Demokratie nur in der Einbildung mit “Herrschaft des Volkes” zu übersetzen wäre, realiter aber übersetzt werden müsste mit “Freifahrtschein für Gewählte”. Ich habe viele Amerikaner kennengelernt, die meisten davon herzensgute Menschen, die niemandem etwas Schlechtes wollen, und ich bin mir sicher, daß sie außer sich wären, wenn sie wüssten, was ihre Regierungen außerhalb der USA tatsächlich alles so treiben. Sie wissen es eben nicht. Weil sie es gar nicht wissen wollen.
Das heißt, daß die lang geplante Scheußlichkeit, die nach hunderttausenden von Toten in der Ukraine nunmehr auf ihr klägliches Ende zuläuft und ein auf Jahre hinaus zerrüttetes Verhältnis zwischen Europa und Russland bedeutet, letztlich auf die Illlusionen des westlichen Souveräns hinsichtlich der Vertrauenswürdigkeit seiner Gewählten zurückzuführen ist. Und das wäre dann auch die Lektion aus dem Ukrainekrieg: So wie bisher kann die “Demokratie” im kollektiven Wertewesten nicht länger mehr organisiert werden. Wichtigster Ansatzpunkt: Ein Ende der Volksverblödung durch geschmierte Massenmedien. Würden die endlich so funktionieren wie sie sollen, müsste sich auch die politische Klasse anders verhalten, wenn sie gewählt werden will, was ja gottlob noch immer Voraussetzung für alles Weitere ist.