Feige oder clever?

Da hatten doch einige Systemlinge darauf spekuliert, dass der im Prinzip nicht haltbare. Bundeskanzler frühzeitig abdankt, um die Ampel und damit auch den Machterhalt seiner Partei zu retten – und nun gibt es eine Absage, was die Nachfolge, oder besser Ablöse betrifft. Ob diese rein taktischer Natur ist, oder ob hier jemand keine Lust hat, ein totes Pferd zu reiten, oder ob hier gar Loyalität im Spiel ist, bleibt mal dahingestellt, da kann sich jeder seine Gedanken machen:

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) ist allen Spekulationen über einen Kanzler-Wechsel entgegengetreten.

In einem Interview mit verschiedenen Marken des Springer-Konzerns („Bild“, „Welt TV“, „Politico“) sagte der Minister über sein Verhältnis zu Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD): „Unsere Zusammenarbeit ist exzellent und an meiner Loyalität lasse ich keinen Zweifel aufkommen.“ Auf die Frage, ob sich der Kanzler zu 100 Prozent auf seine Loyalität verlassen könne, antwortete Pistorius: „Ja, das kann er und das weiß er auch.“ Und weiter: „Ich säge an niemandes Stuhl. Ich mache meine Arbeit.“

Er sei „ein ausgesprochener Teamplayer in jeder Beziehung“, das gehöre „mit Sicherheit zu meinen Charaktereigenschaften, die mir niemand absprechen wird“. Pistorius kommentierte damit seit Wochen anhaltende Spekulationen, dass er als beliebtester Politiker des Landes Scholz als Kanzler ablösen könnte, der mit verheerenden Umfrageergebnissen leben muss. Es sei „grundverkehrt“, sich jetzt in Personalspekulationen zu ergehen. Und weiter: „Olaf Scholz ist herausragender Kanzler, der seine Kritik einstecken muss natürlich, wie alle anderen auch. Die Regierung müsse „verdammt noch mal die Aufgaben erledigen, die auf dem Tisch liegen“.

Eine Fußballmannschaft, die „gegen den Abstieg spiele, „schmeißt nicht per se den Trainer als erstes raus“, jedenfalls nicht, wenn es ein guter Verein sei. Pistorius: „Wir brauchen jetzt Geschlossenheit und Tatkraft.“ Pistorius gab zu, dass er von seinen hohen Beliebtheitswerte überrascht sei, sich aber darüber freue: „Ich habe damit nicht gerechnet und bin auch überrascht, dass das bei dieser Aufgabe, die ich habe, und bei den Themen, über die ich reden muss, so lange anhält.“ Und weiter: „Ich nehme das mit, freue mich darüber. Offenbar gefällt einigen Menschen in Deutschland die Art, wie ich meine Arbeit mache. Und ich werde sie weiter so machen.“

Der Minister räumte ein, dass das Erscheinungsbild der Ampel „in den letzten zwei Jahren hätte besser sein müssen“. Daran und an der Kommunikation der Regierung müsse gearbeitet werden: „Alle wissen, dass wir den Hebel umlegen müssen, und zwar schnellstens. Das tun jetzt auch alle.“ Die Bilanz dieser Koalition sei aber weit besser als das, was in der Öffentlichkeit hängen bleibe. Pistorius zeigte sich deshalb optimistisch, dass die Werte der SPD wieder steigen werden.

So faselt ein Parteisoldat, der nicht möchte, dass er in der Öffentlichkeit als Konkurrent für Scholz gehandelt wird. Aber das, was Pistorius hier von sich gibt, zeigt auch, dass er gar keine Alternative zu Scholz wäre. Wer meint, die schlechten Umfrageergebnisse der SPD seien dem schlechten Erscheinungsbild der Ampel geschuldet, hat von der Realität im Lande keine Ahnung, oder blendet sie bequemerweise  einfach aus.