Um die AfD zu verhindern: Gauck ruft CDU zur Öffnung gegenüber der Linken auf

Im Prinzip spielt es überhaupt keine Rolle, ob die Partei Die Linke jetzt untergeht. Kommunisten und Sozialisten sitzen mittlerweile grün, gelb, rosa oder schwarz gekleidet in allen Parteien, ja sogar in der AfD, da braucht man das „Original aus der DDR“ eigentlich nicht mehr. Aber so sie noch da sind, kann man mit ihnen natürlich den überlebensnotwendigen Politikwechsel noch verhindern.

Das weiß wohl auch Altbundespräsident Joachim Gauck. Der überzeugte Linke hat die CDU jetzt wegen der bevorstehenden Landtagswahlen im Osten und der möglichen Stärke der AfD aufgerufen, ihren Unvereinbarkeitsbeschluss zur Linkspartei zu revidieren. „Die AfD kann uns im Osten in Schwierigkeiten bringen“, sagte Gauck dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Samstagausgabe). „In Thüringen oder in Sachsen könnte es passieren, dass sich zur Abwehr einer AfD-Regierung Parteien zusammenfinden müssen, die überhaupt nicht zusammengehören. Das kann man sich nicht wünschen, es kann aber eintreten.“

Er sei nicht verdächtig, ein Liebhaber der Linken zu sein, sagte Gauck. Die Mehrheit in der Partei verteidige aber die Demokratie. „Wenn die CDU einst einen Unvereinbarkeitsbeschluss gefasst hat, kann unter neuen politischen Aspekten und in einer neuen Problemlage ein solcher Beschluss auch revidiert werden.“

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow habe gezeigt, dass die Linke dort anschlussfähig geworden sei. „Da werden sich neue Koalitionen bilden, an die wir uns gewöhnen müssen“, so Gauck. Das neue Bündnis Sahra Wagenknecht nannte der ehemalige Bundespräsident eine Partei von Linkspopulisten mit einem Putin-freundlichen Kurs.

Und Gauck zeigt sich gleichzeitig als Kriegstreiber:

Er befürchtet anders als Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bei einer Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die von Russland überfallene Ukraine keine deutsche Kriegsbeteiligung und warnt vor zu großer Ängstlichkeit. „Eine Kriegsbeteiligung durch Taurus sehe ich nicht. Relevante Völkerrechtler und Militärexperten auch nicht“, sagte Gauck dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Samstagausgabe).

Aber Scholz habe nun einmal die Richtlinienkompetenz. „Ich hege die Hoffnung, dass er seine Meinung noch ändert, wie seinerzeit vor der Lieferung der Panzer, obwohl er das derzeit ausschließt.“

Der russische Präsident Wladimir Putin wisse, dass sich viele Deutsche schneller fürchteten als etwa Polen und Franzosen. Und diese Neigung nutze er aus. „Die Furcht ist ein Helfer des Aggressors“, sagte Gauck. „Mein Appell ist, sich nicht zu früh zu fürchten, etwa vor der Drohung Putins mit Atomwaffen.“ Damit könne Putin einen Teil der deutschen Seele schnell beeindrucken. „Aber Angst macht kleine Augen und legt nahe, zu flüchten, obwohl man standhalten könnte.“ Eingeschränkt durch Angst sehe man keine Lösungsmöglichkeiten mehr.

Den Vorstoß von SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich, über ein „Einfrieren“ des Krieges zu sprechen, hält Gauck für problematisch. Das werde Putins Gefährlichkeit nicht gerecht. „Wer ein aggressives Gegenüber nur durch die Brille eigener guter Absichten betrachtet, kann leicht einen Realitätsverlust erleiden. Man bewertet die Feindschaft des Kriegsbrandstifters nicht exakt genug.“ Ein Einfrieren brächte Gewinne für Putin, er behielte erobertes Land, könnte in Ruhe aufrüsten „und dann wieder zuschlagen“.

Auch Deutschland müsse bereit sein, „die Freiheit und damit den Frieden glaubwürdig zu verteidigen“, sagte der ehemalige Bundespräsident. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) habe eine wichtige Botschaft mit seiner Forderung gesetzt, dass Deutschland wieder kriegstüchtig werden müsse. „Kriegstüchtig heißt nicht kriegssüchtig“, so Gauck.

Kriegtüchtig heißt in diesem Fall aber kriegstreibend, Herr Gauck. Aber sie müssen ja auch nicht an die Front. (Mit Material von dts)