Die Ampel-Koalition ist gewiss die schlechteste unter einigen schlechten deutschen Nachkriegsregierungen. Aber bessere wird es im Rahmen des Parteienkartells in Zukunft nicht mehr geben können.
Von Wolfgang Hübner
Denn die gesellschaftlichen Grundbedingungen für Politik verschlechtern sich mit wachsender Beschleunigung. Das hat nun auch Karl Lauterbach zu seinem (echten oder vorgespielten) Schrecken bemerkt, als ihm klar wurde, dass die Zahl der Pflegebedürftigen explodieren wird, dafür aber weder genug Geld aus der Pflegeversicherung noch genug Kräfte vorhanden sind, die künftig öfter kinderlosen Alten auch zu betreuen.
Bei den ganz jungen Deutschen sieht es nicht besser aus, es fehlen immer mehr Fachkräfte in den Kitas. Das bringt die Eltern, von denen meist beide Teile berufstätig sein müssen, um über die Runden zu kommen, in Nöte und schreckt vor weiteren Kinderwünschen ab. Stürzen, wie es geschieht, die Geburtenraten ab, ist das nicht nur eine dramatische Form der deutschen Zukunftsvernichtung. Vielmehr ist damit auch die Wahlmacht der älteren Deutschen auf lange Zeit festgeschrieben. Keine Partei wird es wagen, die steigende Zahl der über 55-jährigen Frauen und Männer mit sozialpolitischen Maßnahmen übermäßig zu provozieren, zum Beispiel mit Rente erst ab 70.
Das nun aber beschränkt die Möglichkeiten einer Politik der massiven Aufrüstung, der Ausstattung bestimmter systemtreuer Klientels sowie schrankenloser Zuwanderung in die Sozialsysteme. Aus diesem Dilemma gibt es nur einen vermeintlichen Ausweg: Den totalen Schuldenstaat. Wenn SPD-Ökonomen aktuell die „Reform der Schuldenbremse“ fordern, ist das folgerichtig, wenngleich längerfristig der Weg in die Sackgasse immer höherer Zinszahlungen für die Reichen. Das Gegenrezept von FDP und Teilen der Union: Mehr Steuer- und Abgabenabzocke für die arbeitende deutsche Bevölkerung samt Abbau von Sozialleistungen für die, die sie überhaupt erst finanzieren.
Zukunftsvernichtung ist sowohl die eine wie die andere Variante. Das ist den Spitzen des Parteienkartells durchaus klar, deshalb die aufgeregten Preis- und Lobgesänge für Demokratie, Grundgesetz und westliche Werte. Wohin das führt, lässt sich sehr gut am Nachbarn Frankreich beobachten. Dort wurde gerade die Kreditwürdigkeit der Macron-Regierung international herabgestuft. Wenn der Napoleon 2.0 nicht bald Moskau samt den überreichlichen russischen Bodenschätzen erobert, endet er als splitternackter Pleitier im schönen Paris. In Deutschland ist es noch nicht soweit, die Substanz hier ist noch größer. Doch diese schmilzt schon wie Butter in der Sonne. Daran ändern die EU-Wahlen überhaupt nichts.