Wenn auf dieser Welt irgendetwas so laufen sollte, wie es den Linken und Grünen in Deutschland nicht in den politischen Kram passt, ist die Aufregung groß. Jetzt, wo „Tatter-Biden“ in den wohl verdienten Ruhestand geschubst wurde, macht man sich Sorgen über das so gut wie gelaufene Ergebnis der Präsidentschaftswahlen in den USA und gerät auch etwas in von Unsicherheit geprägter Hektik:
Die Union im Bundestag hat die Bundesregierung dazu aufgerufen, sich mit konkreten Schritten auf einen Wahlsieg Donald Trumps in den USA vorzubereiten. „Die Bundesregierung sollte nicht abwarten und auf eine neue demokratische Regierung hoffen, sondern sich auch auf einen Regierungswechsel vorbereiten“, sagte der Sprecher der Unionsfraktion für transatlantische Beziehungen, Thomas Silberhorn (CSU), der „Rheinischen Post“ (Dienstagausgaben).
„Wir müssen unsere Hausaufgaben erledigen, nämlich mehr in unsere Sicherheit investieren und unsere Abhängigkeiten von China reduzieren“, forderte der CSU-Politiker. Zweitens brauche man „belastbare persönliche Kontakte zu den Verteidigungs- und den Handelsexperten der Republikaner, die zum Beispiel Kanada bereits aktiviert, die Bundesregierung aber gar nicht hat“.
Silberhorn verlangte weiter: „Und wir müssen unter EU-Partnern unsere gemeinsamen Interessen eng abstimmen und geschlossen auftreten.“
Auch der frühere Transatlantik-Koordinator der Bundesregierung, Peter Beyer (CDU), hat sich skeptisch geäußert, dass die US-Demokraten noch einen Wahlsieg von Republikaner Donald Trump verhindern können. Er wirft der Ampel-Koalition mangelnde Vorbereitung auf ein solches Szenario vor.
„Der Verzicht von Joe Biden auf die Präsidentschaftskandidatur wird das Rennen um das Weiße Haus nun noch etwas offener machen“, sagte der CDU-Außenpolitiker der „Rheinischen Post“ (Dienstagausgaben). „Ich rechne aber nicht damit, dass eine andere Kandidatur bei den US-Demokraten einen Wahlsieg von Donald Trump verhindern wird.“
„Die Bundesregierung ist angesichts des wahrscheinlichen Wahlsieges von Donald Trump gut beraten, die Kontakte zu seinem Umfeld und in die Republikanische Partei zu intensivieren. Zu lange hat der Bundeskanzler sich auf seinen Freund Joe Biden konzentriert“, kritisierte Beyer. „Das rächt sich jetzt. Es wäre wichtig gewesen, über all die Zeit seit der vergangenen US-Wahl im Gespräch zu bleiben mit dem Trump-Lager“, so Beyer. „Denn es war absehbar, dass sein Rückhalt nicht einfach so verschwinden würde“, so der CDU-Politiker.
Deutschland werde nicht umhin kommen, in der Nato und innerhalb Europas mehr Verantwortung zu übernehmen. „Insbesondere in der Sicherheitspolitik wird das wichtig sein. Da sind Kanzler Olaf Scholz und die Ampel-Minister noch zu zurückhaltend“, sagte Beyer.
Derweil hat die USA-Expertin Laura von Daniels für den Fall einer zweiten Amtszeit des republikanischen US-Präsidentschaftskandidaten Donald Trump, von der Stiftung Wissenschaft und Politik vor großen Unsicherheiten insbesondere in der Ukraine-Politik gewarnt.
Die Politikwissenschaftlerin sagte der „Rheinischen Post“ (Dienstagsausgaben): „Was Sicherheit und Verteidigung angeht, werden Deutschland und Europa in Zukunft mehr Verantwortung übernehmen müssen, unabhängig davon, wer die nächste US-Präsidentschaft übernimmt. Aber dennoch gibt es gravierende Unterschiede zwischen einer Präsidentschaft Trumps und einer fortgesetzten demokratischen Präsidentschaft, besonders in der Ukraine-Politik.“
Biden habe sich in der Zusammenarbeit mit den Verbündeten immer für eine starke Unterstützung der Ukraine eingesetzt. „Die Demokraten und damit auch die mögliche neue Spitzenkandidatin Kamala Harris denken in Koalitionen mit Verbündeten. Trump und sein nominierter Vize J.D. Vance stehen für eine Politik unilateraler Entscheidungen. Die Verbündeten würden dann nur noch vor vollendete Tatsachen gestellt werden“, sagte die USA-Expertin.
„Hinzu kommt die Unsicherheit, ob Trump Sicherheitsgarantien im Rahmen der Nato weiter aufrechterhalten würde. Unter Trump könnte sich die Ukraine, aber auch Europa als Ganzes nicht mehr uneingeschränkt auf die USA als Partner verlassen“, sagte von Daniels.
Nach dem Rückzug Joe Bidens von einer erneuten Präsidentschaftskandidatur sieht sie den zuvor schon „als besiegelt“ erachteten Wahlsieg Trumps nun in Frage gestellt. „Durch die neue Kandidatur der Demokraten werden die Karten jetzt neu gemischt. Für die politisch Verantwortlichen in Deutschland bedeutet das nun auch, dass auch eine erneute demokratische Präsidentschaft wieder ernsthaft als Szenario mitgedacht werden muss“, sagte die Politikwissenschaftlerin.
Nach Einschätzung des Kölner Politologen Thomas Jäger hat „US-Präsident Joe Biden seiner Demokratischen Partei mit seinem Rückzug von der Präsidentschaftskandidatur allerdings eher überhaupt keinen Gefallen getan“. Er habe vielmehr darauf reagiert, dass seine Parteifreunde ihn „fallengelassen und zum Rücktritt gedrängt“ hätten, sagte Jäger der „Kölnischen Rundschau“ (Dienstagsausgabe). In jedem anderen Fall hätte man „einen Prozess angelegt“ und Fragen wie die geklärt, wer jetzt kandidieren solle und welche Unterstützer sich wann zu Wort meldeten.
Jäger glaubt nicht, dass der Altersunterschied zwischen dem 78-jährigen Trump und der 59-jährigen Harrais im Wahlkampf eine große Rolle spielen werde. „Solange Biden Präsident ist, wird das Argument sein: Ihr habt den ältesten Präsidenten, einen, der es nicht kann, der noch nicht mal Wahlkampf machen kann.“
Die Sorge um Bidens Gesundheitszustand bringe die voraussichtliche Ersatzkandidatin und Vizepräsidentin Kamala Harris „in die Klemme“: „Wenn Biden amtsunfähig wäre, müsste sie verfassungsmäßig versuchen, ihn aus dem Amt zu bringen.“ Jäger: „Wenn Biden bleibt, können die Demokraten nicht mit Trumps Alter argumentieren. Und wenn er geht, wird es für Harris noch viel, viel schwieriger, Profil zu gewinnen.“
Die bekannte US-Demokratin und ehemalige Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, sichert der amtierenden Stellvertreterin von Joe Biden, Kamala Harris, aber natürlich ihre Unterstützung im Kampf um die Präsidentschaftskandidatur zu. „Ich habe volles Vertrauen, dass sie uns im November zum Sieg führen wird“, schrieb Pelosi am Montag auf X.
„Heute unterstütze ich Vizepräsidentin Kamala Harris mit enormem Stolz und grenzenlosem Optimismus für die Zukunft unseres Landes als Präsidentin der Vereinigten Staaten.“ Sie bewundere Harris` Stärke und Mut als Vorkämpferin für berufstätige Familien und insbesondere als Kämpferin für das Recht der Frau auf Selbstbestimmung, so Pelosi weiter. Harris sei überdies eine „brillante und scharfsinnige“ Politikerin.
Pelosi beschwor zudem den Zusammenhalt der Demokraten im kommenden Wahlkampf: „Jetzt müssen wir uns zusammentun und nach vorne stürmen, um Donald Trump mit überwältigender Mehrheit zu besiegen und Kamala Harris mit großer Begeisterung zur nächsten Präsidentin der Vereinigten Staaten zu wählen. Vorwärts zum Sieg.“
Weitere Außenpolitiker von Union und SPD erwarten ein robustes Auftreten der möglichen US-Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris gegenüber Deutschland und Europa. „Wir Europäer sollten uns keine Illusionen über Harris machen: Harris, jeder andere demokratische Präsident, und Trump erst recht, werden in der Handelspolitik künftig noch härter auftreten als Biden“, sagte Johann Wadephul, stellvertretender CDU/CSU-Fraktionsvorsitzender, dem „Tagesspiegel“ (Dienstagsausgabe).
„Die USA werden zusehends protektionistisch, der Inflation Reduction Act war da vermutlich nur der erste Schritt.“ Wadephul sieht bei der amtierenden US-Vizepräsidentin ein geringeres Interesse an Europa als bei Biden. „Wir Deutschen müssen uns darauf einstellen, dass Harris eine Präsidentin wäre, die sich für Europa weniger interessiert als Biden“, sagte der CDU-Außenpolitiker.
„Für Harris sind das transatlantische Verhältnis und Amerikas geopolitische Rolle weniger wichtig als für Biden. Aber natürlich wäre eine Präsidentin Harris für Deutschland und die EU ein besseres Szenario als ein Präsident Trump. Harris akzeptiert die EU und steht zur Nato.“ Kanzler Olaf Scholz (SPD) müsse sich, „egal wie die US-Wahl ausgehen wird, auf einen unbequemeren Amtskollegen im Weißen Haus vorbereiten“, sagte Wadephul. „Mit Annalena Baerbocks feministischer Außenpolitik wird auch Kamala Harris nichts anfangen können.“
Der SPD-Außenpolitiker Metin Hakverdi sagte dem „Tagesspiegel“, Harris werde wohl schon bald den Europäern sicherheitspolitisch etwas abverlangen: „Als Wahlkämpferin, aber auch als Präsidentin würde Kamala Harris den Europäern auf die Füße treten, militärisches Engagement fordern. Das Zwei-Prozent-Ziel wird sie konsequent von allen Nato-Partnern einfordern.“
Es sei gut, dass Deutschland es nun erfülle, dabei müsse es bleiben. In der Handelspolitik sieht Hakverdi „viele Gemeinsamkeiten zwischen Harris und der EU. Sie ist keine Handelskriegerin.“ Sie wolle verlässliche Lieferketten, sehe in Handel einen Wert an sich. „Aber wir müssen wissen, dass Harris kein Freihandelsabkommen wird durchsetzen wollen. Es wird keinen neuen Anlauf zu einem Abkommen à la TTIP geben, dafür gibt es in den USA in der Bevölkerung keine Mehrheit.“
Derweil hat die Chefin des Secret Service bei einer Anhörung vor dem US-Kongress das Versagen ihrer Behörde am Tag des Anschlags auf Donald Trump eingestanden. Als Direktorin übernehme sie die volle Verantwortung für jeden Sicherheitsfehler am 13. Juli, sagte Kimberly Cheatle am Montag.
„Wir müssen lernen, was passiert ist, und ich werde Himmel und Erde bewegen, um sicherzustellen, dass ein Vorfall wie der 13. Juli nicht wieder passiert.“ Ein Rücktritt schloss Cheatle jedoch natürlich aus. Erst wenn der vollständige interne Untersuchungsbericht über die Ereignisse vorläge, könne sie entsprechende personelle Konsequenzen ziehen und Fragen zu zentralen Details des Vorfalls klären. Dies werde 60 Tage dauern.
Scharfe Kritik kam zu Beginn der Anhörung aus den Reihen der Republikaner. Der Ausschussvorsitzende James Comer sprach von einer „vermeidbaren Tragödie“ und legte Cheatle den Rücktritt nahe. Der Republikaner nannte das Attentat „einen der dunkelsten Tage in der amerikanischen politischen Geschichte“.
Bei dem Attentat auf den Donald Trump während einer Wahlkampfveranstaltung hatte ein 20-Jähriger das Feuer mit einem halbautomatischen Gewehr vom Dach eines naheliegenden Gebäudes eröffnet. Trump wurde am Ohr getroffen und überlebte nur knapp, ein Mann im Publikum starb noch vor Ort an den Folgen seiner Verletzungen. Ein Scharfschütze des Secret Service tötete den Angreifer circa 26 Sekunden nach dessen erster Schussabgabe.
Noch am Tag des vereitelten Attentats wurde Kritik an den Sicherheitsbehörden geäußert. Offenbar hatte es Probleme bei der Verteilung der Zuständigkeiten zwischen dem Secret Service und lokalen Polizeieinheiten gegeben. Zudem gab es Berichte, wonach verschiedene Besucher der Wahlkampfveranstaltung die Polizei bereits vor der Tat auf einen verdächtigen jungen Mann aufmerksam gemacht hätten.
Cheatle arbeitet seit 22 Jahren für den Secret Service und wurde 2022 zur Direktorin des Dienstes ernannt.
Man kann nur hoffen, dass der Secret Service nicht noch einmal versagt, aber ob das auch gesichert ist, wenn Frau Cheatle zurücktritt, ist nicht sicher. Die Feinde der Demokratie haben sich nicht nur an die Spitze solcher Institutionen gesetzt. (Mit Material von dts)