Die SPD muss jeden Strohhalm greifen, der ihr gereicht wird, um nicht bei den anstehenden Landtagswahlen in den Unter-5-Prozent-Abgrund zu rutschen. Falsch, den blauen Strohhalm packen sie natürlich nicht an, der wird ihr aber auch nicht gereicht. Und beim BSW sind sich die Genossen nicht so richtig einig, wie sie den dunkelroten Strohhalm anfassen sollen:
Der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Carsten Schneider (SPD), hat sich besorgt über die Ansichten mancher Deutscher zur Ukraine geäußert.
„Es entsetzt mich, wie teilweise über die Ukraine und die Ukrainer gesprochen wird, in Ost und West“, sagte er den Partnerzeitungen der Neuen Berliner Redaktionsgesellschaft (Mittwochsausgaben). Schließlich gehe es um das Existenzrecht des Landes, über das nicht zuletzt AfD- und BSW-Politiker nonchalant hinweggingen. Es gebe zwar auch viele Deutsche, die der Ukraine helfen wollten. Aber: „Leider dringt vor allem in Ostdeutschland zu oft die russische Propaganda durch“, fügte Schneider hinzu.
Den drei anstehenden Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg misst Schneider allerhöchste Bedeutung bei. Sie seien „so wichtig wie die Volkskammerwahl und die Bundestagswahl 1990“. Schneider zeigte sich optimistisch, dass die SPD den Einzug in alle drei Landtage schafft und dass Dietmar Woidke in Brandenburg Ministerpräsident bleibt. Ihn besorge die Aussicht, dass in Thüringen möglicherweise eine Zweidrittelmehrheit von Linken, BSW und AfD entsteht.
Heftige Kritik übte er an BSW-Chef Sahra Wagenknecht. „Wenn Sahra Wagenknecht ankündigt, eine mögliche Koalition an der Außen- und Verteidigungspolitik festzumachen, die nicht mal im Ansatz auf Ebene Thüringens oder Sachsens entschieden wird, dann zeigt das ihre fehlende Ernsthaftigkeit.“ Wagenknecht hatte angesichts der Ankündigung des Bundeskanzlers, ab 2026 US-Mittelstreckenraketen in Deutschland zu stationieren, angekündigt, nur mit Parteien koalieren zu wollen, die die Stationierung ablehnen. Schneider sprach sich klar für die Stationierung aus, sieht die Debatte jedoch erst am Anfang. „Eine Regierungsentscheidung ist das Eine, das Ringen um gesellschaftliche Unterstützung das Andere. Grundsätzlich ist die Sicherheitspolitik eine Sache für die nächste Bundestagswahl“, so Schneider.
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sieht derweil tatsächlich inhaltliche Schnittmengen mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), aber auch einen massiven Dissens in Sachen Ukraine und Russland.
Am Dienstag kritisierte er bei den Sendern RTL und ntv, dass das BSW mögliche Koalitionen von der Haltung zum Ukrainekrieg abhängig mache. Weil sagte dazu: „Wenn man sich einzelne Aussagen von Sahra Wagenknecht und anderen anschaut, dann stellt man schon Schnittmengen fest. Allerdings gibt es auf Bundesebene einen massiven Dissens und das ist vor allen Dingen auch die Frage wie halten, wie verhalten wir uns in Sachen Ukraine und Russland? Und aus meiner Sicht ist völlig klar, da gibt es Täter und Opfer, da gibt es Angreifer und Verteidiger. Und das ist etwas, was der BSW, was Frau Wagenknecht nicht über die Lippen kommen will.“
„Wenn ich jetzt höre, dass Sie das gleichzeitig zu Ausgangsbedingungen von Gesprächen auf Landesebene machen will, dann fällt mir dazu relativ wenig ein. Auf Landesebene muss es so sein, dass das in den Ländern entschieden wird. Und ich glaube, das ist in allen Parteien auch gleichermaßen. Da wird niemand von oben sagen können, das darfst du nicht machen oder das musst du machen. Das muss dann vor Ort geregelt werden“, so Weil.
Frau Wagenknecht wird dann das entzückende Zünglein an der Waage spielen. Es bleibt spannend. (Mit Material von dts)