Auch wenn die beiden Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen nicht die erhoffte Politikwende gebracht haben, sie haben auf jeden Fall einiges durcheinandergewürfelt. Dann des eingesetzten BSW konnte man die AfD zwar noch einmal ausbremsen, aber das wird das letzte Mal gewesen sein.
Die Ampel ist auf jeden Fall komplett zerstört worden, auch wenn sie jetzt noch krampfhaft versucht, bis zur nächsten Bundestagswahl über die Runden zu kommen. Der Druck auf die Totalversager wird mit Sicherheit noch größer werden und die AfD bestimmt ja schon jetzt die Politik, weil sie die etablierten Linksparteien vor sich her treibt.
Und es gibt einen Funken Hoffnung: Die CDU ist nun gezwungen, mit Kommunisten ins politische Bett zu hüpfen und wird sich so dann auch in absehbarer Zeit selbst zerstören. Die AfD muss jetzt nur noch abwarten – oder sie wird noch verboten. Auch das ist den Linken und Grünen leider zuzutrauen.
Erstmal aber wird vor den Augen aller Bürger der Wählerwillen mit Füßen getreten. Die Parteiendemokratie gibt ein wirklich erbärmliches Bild ab.
Hier die aktuellsten Meldungen zum Nachbeben nach dem Wahlbeben:
Ramelow attackiert Voigt für Umgang mit Höcke
Nach dem Wahlsieg der AfD in Thüringen hat Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) den CDU-Spitzenkandidaten Mario Voigt für seinen Umgang mit der Partei scharf kritisiert.
„Er hat versucht, aus meinem Schatten zu treten, indem er sich als Gegner von Höcke profiliert, aber in Wahrheit hat er Höcke damit geholfen“, sagte Ramelow dem „Spiegel“. „Er hat ein TV-Duell mit ihm gemacht und ihn so als normalen Gesprächspartner präsentiert. War es das wert?“
Ramelow erinnerte auch daran, dass die CDU in den vergangenen Jahren mit den Stimmen von FDP und AfD Gesetze verabschiedet habe: gegen Gendern, gegen Windkraft im Wald und für eine Senkung der Grunderwerbsteuer. „Völlig gaga. Die AfD hat sich jedes Mal gefreut“, sagte Ramelow.
Dobrindt gegen Klärung der K-Frage vor Brandenburg-Wahl
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt lehnt eine Ernennung des Kanzlerkandidaten der Union noch vor der Landtagswahl in Brandenburg ab.
„Der vereinbarte Zeitplan steht, daran rütteln wir nicht“, sagte Dobrindt dem „Stern“. Es hätte auch keine Auswirkungen auf das Wahlergebnis in Brandenburg. „Der Zeitplan heißt September, Oktober. Und die Entscheidung wird von beiden Parteivorsitzenden getroffen.“
Dobrindt bezeichnete die Frage der Kanzlerkandidatur als offen. „Solange sie nicht beschlossen ist, ist sie offen. Aber die Favoritenrolle ist klar.“ Er nannte zudem Schwerpunkte für den anstehenden Bundestagswahlkampf: „Es wird zentral um die Fragen der Migration, der Sicherheit, der Wirtschaft und des zukünftigen Wohlstands gehen. Nur wer darauf gute Antworten findet, hat eine Chance, die künftige Regierung zu stellen.“
Klein ruft zur Bildung handlungsfähiger Regierungen auf
Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, warnt eindringlich davor, nach den Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen zur Tagesordnung überzugehen. Zu viele Bürger hätten „entweder aus Protest oder aus Überzeugung autoritäre, rassistische Grundhaltungen den demokratischen, freiheitlichen Werten“ vorgezogen, sagte Klein den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Dienstagsausgaben).
„Diese Entwicklung muss sehr ernst genommen werden und bedarf einer schonungslosen Aufarbeitung und entsprechender Konsequenzen.“ Die AfD wurde in Thüringen mit 32,8 Prozent stärkste Kraft und kam in Sachsen mit 30,6 Prozent auf Platz zwei hinter der CDU. Klein rief dazu auf, handlungsfähige Landesregierungen zu bilden, die demokratische Grundwerte stärkten.
„Eine Politik, die die Abkehr von der Verantwortung für die deutsche NS-Vergangenheit propagiert, ist gerade in Thüringen, wo sich mit der KZ-Gedenkstätte Buchenwald eine der wichtigsten Gedenkstätten bundesweit befindet, völlig inakzeptabel“, sagte er.
Dobrindt fordert Scholz zu Vertrauensfrage auf
Alexander Dobrindt (CSU) verlangt von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), politische Verantwortung für die Wahlergebnisse in Sachsen und Thüringen zu übernehmen. „Es wäre dringend notwendig, daraus die Konsequenzen zu ziehen und im Bundestag die Vertrauensfrage zu stellen“, sagte Dobrindt dem „Stern“. „Das Gesicht dieses Total-Desasters ist das Gesicht von Olaf Scholz.“
Ohne einen Politikwechsel in Deutschland seien die Ergebnisse im Osten „die Vorstufe“ für ähnliche Wahlergebnisse im Westen, mahnte der Oppositionspolitiker. „Die Ampel ist nur noch ein Trümmerhaufen, aber sie richtet immer weitere Kollateralschäden an der Demokratie an.“
Dobrindt weiter: „Die Stärke der AfD und des BSW sind ein Gewächs der Ampelpolitik.“ Auf die Frage, was er über die Aussage von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) gedacht habe, wonach Scholz der „beste Kanzler, den wir je hatten“ sei, antwortete der CSU-Politiker: „Würden Sie einem Arzt vertrauen, der sagt, Olaf Scholz ist der beste Kanzler aller Zeiten?“
Umfrage: Image von Friedrich Merz verbessert sich
Kurz vor der Entscheidung über die Kanzlerkandidatur der Union hat sich das Image von CDU-Chef Friedrich Merz in einer Umfrage deutlich verbessert.
Einer Forsa-Erhebung im Auftrag des „Stern“ zufolge hat der Politiker im Vergleich zum Februar bei allen sechs abgefragten Eigenschaften zugelegt. Danach finden 60 Prozent der Deutschen, dass Merz verständliche rede (+ 3 Prozentpunkte). 51 Prozent halten ihn für führungsstark (+2), 47 Prozent für kompetent (+3). 33 Prozent sagen, dass er wisse, was die Menschen bewege (+2). Trotz der Zugewinne bleiben zwei weichere Faktoren eher schwach: Nur 30 Prozent halten Merz für vertrauenswürdig (+3) und lediglich 24 Prozent finden ihn sympathisch (+2).
Auch von den Unions-Wählern sagen nur 34 Prozent, dass der CDU-Chef ihnen sympathisch sei. Bei den übrigen Eigenschaften fällt das Urteil im eigenen Lager deutlich positiver aus. So halten etwa 73 Prozent der Unions-Anhänger Merz für kompetent und 70 Prozent für führungsstark. Überdurchschnittlich oft sehen das auch die Wähler des Bündnisses Sahra Wagenknecht so: 57 Prozent schätzen Merz als kompetent ein, sogar 58 Prozent als führungsstark.
Die Daten wurden von Forsa für den „Stern“ und RTL Deutschland zwischen dem 29. und 30. August 2024 telefonisch erhoben. Datenbasis: 1.007 Befrage. Die genaue Frage lautete: „Welche Eigenschaften verbinden Sie mit Friedrich Merz? (redet verständlich; ist führungsstark; ist kompetent; weiß, was die Menschen bewegt; ist vertrauenswürdig; ist sympathisch)“
FDP-Fraktionsvize Jensen stellt Ampel infrage
Nach dem schlechten Abschneiden der Ampel-Parteien bei den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen hat sich die FDP-Vize-Fraktionsvorsitzende Gyde Jensen dafür ausgesprochen, die Fortsetzung der Ampel-Koalition auf den Prüfstand zu stellen.
„Wir müssen in den nächsten Tagen eine klare Antwort auf die Frage finden, ob unserem Land mit der Ampel-Koalition wirklich noch geholfen ist – oder ob sie am Ende dem Land und unserer Demokratie sogar eher schadet“, sagte Jensen dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Dienstagsausgaben).
„Wenn wir die Dinge jetzt weiter schönreden, wäre das nur eine Flucht vor der Realität. Aus rein rechtlicher Perspektive hat die Ampel ihre Legitimation sicherlich nicht verloren, aber das ist nicht die entscheidende Kategorie in einer Demokratie.“ Viele Menschen im Land sehnten ein Ende der Ampel herbei.
„Für die Bürger bedeutet eine Koalition kein Zusammenschluss auf Gedeih und Verderb, nur weil eine Legislaturperiode vier Jahre dauert.“ Die Frage sei, inwieweit es im verbleibenden Jahr bis zum regulären Termin der Bundestagswahl noch gelingen könne, die notwendigen politischen Maßnahmen umzusetzen und einen Stimmungswandel in der Bevölkerung herbeizuführen.
„Obwohl wir nach Jahren des politischen Stillstands als Koalition viele positive Veränderungen erreicht haben, ist das gesamtgesellschaftliche Stimmungsbild seit Monaten negativ. Der Bundeskanzler trägt dabei als zentrale Führungsfigur und Autorität natürlich die Hauptverantwortung – das bringt diese Position nun einmal mit sich“, sagte Jensen.
Für die FDP seien die Wahlen in Thüringen und Sachsen „absolut katastrophal“ gewesen.
Insa: FDP fällt in Wählergunst bundesweit unter fünf Prozent
Die FDP verliert bundesweit an Zustimmung in der Wählergunst und wäre aktuell nicht mehr im Bundestag vertreten. Das berichtet „Bild“ (Dienstagsausgabe) unter Berufung auf eine Umfrage des Instituts Insa.
Wäre am Sonntag Bundestagswahl, käme die FDP nur noch auf 4,5 Prozent. Das ist ein Punkt weniger als in der Vorwoche. Auch die Grünen verlieren einen Punkt auf 10,5 Prozent. AfD (19 Prozent) und BSW (9,5 Prozent) gewinnen jeweils einen halben Prozentpunkt. Die SPD liegt unverändert bei 15 Prozent, die Union bei 31,5 Prozent. Die Linkspartei verliert einen halben Prozentpunkt und kommt nur noch auf 2,5 Prozent. Ihr bringt auch die Grundmandatsklausel nichts, da sie derzeit keinen Wahlkreis direkt gewinnen würde. Sonstige Parteien kommen zusammen auf 7,5 Prozent (+ 1,5).
Insa-Chef Hermann Binkert sagte zu „Bild“: „Scheitert die FDP an der Fünf-Prozent-Hürde, verringern sich die Optionen zur Regierungsbildung für die Union. Übrig bleibt nur die alte GroKo, die aber keine große Koalition mehr ist.“
Für den Insa-Meinungstrend im Auftrag von „Bild“ wurden vom 30. August bis zum 2. September 2024 insgesamt 2.002 Bürger befragt.
Kiesewetter: BSW und AfD wollen CDU als Volkspartei zerstören
Der CDU-Bundestagsabgeordnete Roderich Kiesewetter warnt seine Partei nach den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen vor einer Kooperation mit dem BSW und der AfD. „Wer nicht will, dass sich ausländische Staaten oder auch Bundesparteien in Länderregierungen einmischen, der sollte eine Zusammenarbeit mit BSW genauso wie mit AfD eindeutig ausschließen“, sagte Kiesewetter am Montag.
„Denn sie wollen russischen Einfluss und russische Interessen nach Deutschland tragen.“ Anstatt sich erpressbar zu machen, sei es wichtig, selbst Themenschwerpunkte zu setzen und mit konkreten Lösungen zu überzeugen, so der CDU-Politiker.
Das BSW versuche, die Union in ihren Grundwerten auszuhöhlen und zur Aufgabe dessen zu bewegen, wofür die CDU stehe: „Westbindung, Freiheit und Selbstbestimmung, Sicherheit als Voraussetzung von Frieden in Europa.“ Damit werde das Ziel des BSW eindeutig: BSW und AfD wollten die CDU als Volkspartei zerstören.
„Durch Aufgabe unserer Werte werden wir unglaubwürdig und damit würden wir uns selbst zerstören“, so Kiesewetter. Das BSW sei der verlängerte Arm des Kreml: „Das einzige Ziel ist es, unsere Demokratie zu unterminieren, in dem russische Interessen zu deutscher Politik gemacht werden.“
Ramelow drängt CDU zur Kooperation mit der Linken
Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) fordert die CDU auf, den Unvereinbarkeitsbeschluss einer Zusammenarbeit mit seiner Partei aufzugeben.
„Mario Voigt muss jetzt die Gespräche mit den anderen demokratischen Parteien führen und sich entscheiden, wie er mit uns umgeht“, sagte er dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Dienstagsausgaben) und betonte, er könne „unserem Land keine Minderheitsregierung empfehlen“ und habe selbst „eine Unvereinbarkeit zur CDU nie erklärt. Das ist das Problem der CDU, nicht meins.“
Ramelow fuhr fort: „Man sollte mal den Kalten Krieg im Kopf beenden. Diese Ausschließeritis, die aus dem Anti-Kommunismus kommt, ist so sinnlos wie sonst was. Zumal, wenn man meint, mit der ehemaligen Sprecherin der Kommunistischen Plattform fröhlich agieren zu können. Ich habe der Kommunistischen Plattform nie angehört.“ Er habe auch der SED nie angehört: „Und die ganzen jungen Leute in meiner Partei sind alle erst nach 1990 geboren. Was sollen die mit der SED zu tun gehabt haben? Dieses Denken ist wirklich aus der Zeit gefallen.“
Er halte es für „zwingend geboten“, dass es mit der Regierungsbildung „schnell geht“. Noch monatelang geschäftsführend im Amt zu bleiben, mache für ihn „keinen Sinn“. Der Linken-Politiker sagte ferner, er persönlich strebe „weder in der Fraktion noch in einer Regierung irgendeine Funktion an“, sondern könne sich „gut vorstellen, als Elder Statesman an der Seite zu stehen und allen zu helfen, dass wir zu vernünftigen Ergebnissen kommen“.
Spahn für Gespräche mit BSW über Regierungsbildung nach Ost-Wahlen
Unionsfraktions-Vize Jens Spahn plädiert dafür, für eine Regierungsbildung in Sachsen und Thüringen Gespräche mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) aufzunehmen.
Spahn, der auch Mitglied im Präsidium der CDU ist, sagte der „Welt“ (Dienstagsausgaben)nach den Beratungen des Gremiums in Berlin: „Der Bundesvorstand hat Michael Kretschmer und Mario Voigt das volle Vertrauen für die anstehenden Gespräche ausgesprochen. Keinem Christdemokraten fällt es leicht, mit dem BSW zu reden. Aber zumindest mal miteinander zu reden, ist die Aufgabe, die die Wähler uns nun mal gestellt haben“, so Spahn.
Die CDU-Spitzenkandidaten in Sachsen und Thüringen, Kretschmer und Voigt, hatten angekündigt, mit dem BSW Gespräche über eine Zusammenarbeit aufnehmen zu wollen. Das sorgt in der CDU für Kritik, vor allem weil Parteigründerin Wagenknecht in den Augen vieler Christdemokraten nicht berechenbar ist.
„Landespolitik ist konkret. Ich bin gespannt, ob Sahra Wagenknecht auch bei der vierten und fünften Verhandlungsrunde, wenn es um Abwassergebühren und Kommunalfinanzen geht, noch dabeisitzt und in der Sache mitarbeitet“, sagte dazu Spahn. Überlegungen zu einer Zusammenarbeit mit der Linken sieht Jens Spahn nicht als vorrangig an. „Ein Ministerpräsident kann in Thüringen im dritten Wahlgang in jedem Fall ohne Unterstützung der AfD oder der Linkspartei gewählt werden.“
Gewerkschaften und Unternehmer fordern Kampf um AfD-Wähler
Unternehmer, Gewerkschafter und Ökonomen warnen vor den möglichen Folgen des AfD-Erfolgs bei den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen und fordern, die Wähler der rechtsextremen Partei zurückzugewinnen.
Die Demokratie sei mit den Wahlergebnissen „stark herausgefordert“, sagte Yasmin Fahimi, Chefin des Deutschen Gewerkschaftsbundes, dem „Spiegel“. „Daher darf es keinerlei direkte oder indirekte Regierungsbeteiligung einer Partei geben, die als gesichert rechtsextremistisch bewertet ist.“ Die Ergebnisse zeigten aber auch, „dass ein Großteil der AfD-Wähler nicht überzeugte Rechtsextremisten sind, sondern dass es eine wahrgenommene Ohnmacht gibt“.
Verdi-Chef Frank Werneke fordert: Es müsse jetzt darum gehen, die Wähler der AfD „für die demokratischen Parteien zurückzugewinnen“. In Sachsen wie in Thüringen sei „eine Politik notwendig, die die Interessen von Arbeitnehmern in den Mittelpunkt rückt, zu mehr Tarifbindung führt und umfassend in die öffentliche Daseinsvorsorge investiert“.
Jörg Köhlinger, Leiter des IG-Metall-Bezirks Mitte, zu dem auch Thüringen gehört, zeigte Verständnis für die Unzufriedenheit der Menschen mit der Politik: „Der nicht endende ideologische Streit der Ampel-Regierung ist wahrlich schwer zu ertragen.“
Dirk Schulze, Bezirksleiter der IG Metall Berlin-Brandenburg-Sachsen sieht alle demokratischen Kräfte nach dem Rechtsruck „umso mehr gefordert, eine Wiederholung in wenigen Wochen in Brandenburg zu verhindern“. Er erwarte eine Reaktion von Arbeitgebern in ganz Deutschland. Zu viele setzten „auf immer dieselben, alten Scheinlösungen: Stellenabbau, Standortschließungen, Verlagerungen ins Ausland“. Der Thüringer AfD-Spitzenkandidat Björn Höcke hatte kritischen Unternehmen beschieden, diese sollten „die Klappe halten“ und ihnen gewünscht, sie mögen in „schwere, schwere wirtschaftliche Turbulenzen“ geraten.
Michael Hüther, Direktor des arbeitgebernahen Instituts der Deutschen Wirtschaft sagte: „Das Tischtuch zwischen weiten Teilen der Unternehmerschaft und der AfD ist endgültig zerschnitten.“
Zurückgewiesen wurden Höckes Aussagen unter anderem vom Thüringer Nougat-Produzenten Viba. Es wäre „ungleich einfacher gewesen, sich ruhig zu verhalten“, sagte Geschäftsführerin Corinna Wartenberg. Doch Mittel- und Ostdeutschland dürften nicht allein gelassen und abgeschrieben werden. „Immerhin haben fast 70 Prozent der Menschen trotz allen Gegenwinds Parteien des demokratischen Spektrums gewählt.“
„Das Volk hat gewählt, nun gilt es, das Beste daraus zu machen“, sagte auch Uwe Ahrendt, Vorstandschef des sächsischen Uhrenherstellers Nomos Glashütte. Das Unternehmen gebe es in seiner heutigen Form nur, weil mit dem Mauerfall „in Sachsen die Demokratie auch für Ostdeutschland erkämpft wurde“, so Ahrendt. „Dafür sind wir dankbar. Und müssen nun eben alles dafür tun, dass sie uns erhalten bleibt.“
Pessimistischer äußerte sich Daniel Hannemann, Gründer der Stromspeicherfirma Tesvolt aus Wittenberg, die auf internationale Fachkräfte angewiesen ist. „Das ist der Beginn der schnellen Deindustrialisierung Ostdeutschlands“, so Hannemann.
Auch der Zuliefererverband Automotive Thüringen warnte vor möglichen Folgen des Wahlergebnisses: „Wer die Wirtschaftspolitik der Extremen in Kauf nimmt, darf sich nicht wundern, wenn er aus einem Albtraum aufwacht“, so der Verband. „Nur wenn alle demokratischen Parteien ihre Pfeiler fest verankern und durch Verständigung die Bögen spannen, kann die Brücke halten.“ Das ebenfalls erfolgreiche Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) müsse „beweisen, dass es regierungsfähig ist“, so Automotive Thüringen weiter. „Wir brauchen nun eine Generaldebatte über den politischen Umgang miteinander und die Art und Weise, wie Politik gemacht wird.“
Thüringens CDU-Generalsekretär sieht langwierige Regierungsbildung
Der thüringische CDU-Generalsekretär Christian Herrgott geht am Tag nach der Landtagswahl von einer langwierigen Regierungsbildung in Thüringen aus.
„Wir werden, wenn unsere Gremien zustimmen, zunächst einmal mit der SPD und dem Bündnis Sahra Wagenknecht sprechen“, sagte Herrgott der „Welt“ (Dienstagsausgaben). „Das wird dann der Beginn eines längeren Prozesses sein.“ Die Frage, ob man anschließend eher mit der AfD oder der Linkspartei sprechen werde, gegen die es in der Union jeweils einen Unvereinbarkeitsbeschluss gibt, könne zum jetzigen Zeitpunkt nicht beantwortet werden. Die Union werde dazu Gespräche führen.
„In dieser Situation kann man nicht aus dem Bauch heraus über Nacht entscheiden. Deshalb werden wir uns auch die nötige Zeit nehmen“, sagte Herrgott. Die „Gesamtlage nach dieser Wahl“ sei „ausgesprochen kompliziert und stellt uns vor eine große Herausforderung“.
Den Wahlerfolg der AfD in Thüringen führte Herrgott unter anderem darauf zurück, dass diese mehr als die anderen Parteien von bundespolitischen Themen profitiert habe. „Die Debatte über Krieg und Frieden hat nicht bei uns eingezahlt, dazu die Migration und die generell schwache Performance der Ampel. Wir haben viele Antworten auf Thüringer Fragen gegeben, müssen aber zur Kenntnis nehmen, dass die Menschen sich sehr stark für Themen interessieren, die nicht in Erfurt, sondern auf der Bundesebene entschieden werden.“
Wagenknecht will persönlich mit möglichen Regierungschefs reden
Nach dem starken Abschneiden des BSW sieht Sahra Wagenknecht ihr Bündnis trotz schwieriger Koalitionsoptionen in der Verantwortung, in Thüringen und Sachsen mitzuregieren und will sich dabei auch persönlich einbringen.
In der Sendung „RTL Direkt“ sagte Wagenknecht am Montag: „Wir sind bereit, eine gute Regierung mit auf den Weg zu bringen. Das ist auch unsere Verantwortung.“ Bei den Verhandlungen in Erfurt und Dresden wolle sie auch selbst eingebunden werden, so Wagenknecht. „Wer mit BSW koalieren will, der muss auch mit mir sprechen. Wenn es um die großen Linien geht und darum, welche Verantwortung auch auf einer neuen Regierung in Sachsen und erst recht in Thüringen lastet, da möchte ich schon auch mit den möglichen Ministerpräsidenten sprechen.“
Außenpolitische Forderungen des BSW wie etwa das Nein zu US-Mittelstreckenraketen in Deutschland sind aus Sicht Wagenknechts kein Hindernis für eine Koalition mit der CDU: „Das ist nicht irgendeine Forderung, die wir aufstellen, sondern das bewegt die Menschen. Und ich halte das für sehr wichtig, dass wir hier eine Veränderung erreichen.“
Eine Koalition mit der AfD schloss Wagenknecht erneut aus: „Nein, mit der AfD kann man in diesen Bundesländern auch deshalb nicht sprechen, weil dort wirklich die Rechtsradikalen wie Herr Höcke sehr, sehr stark sind. Das sind Menschen, die keine kein seriöses Programm haben.“
Zu einem möglichen Bündnis der Linkspartei in Thüringen sagte Wagenknecht: „Ich habe kein Problem mit Bodo Ramelow. Ich glaube, er hat ein gewisses Problem mit mir, weil er uns dafür verantwortlich macht, dass die Linke jetzt so schlechte Ergebnisse hat.“
Ziemiak zu AfD-Erfolgen: „Dürfen nicht zur Tagesordnung übergehen“
Nordrhein-Westfalens CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak warnt davor, keine Konsequenzen aus dem Wahlergebnis in Sachsen und Thüringen zu ziehen.
Der CDU-Politiker sagte der „Rheinischen Post“ (Dienstagsausgaben): „Das bereits in Umfragen erwartete starke Abschneiden der Extremisten von der AfD, insbesondere bei jungen Menschen, ist ein tiefer Einschnitt in die politische Landschaft unseres Landes. Dieses Ergebnis muss uns alle intensiv beschäftigen. Wir dürfen jetzt nicht einfach zur Tagesordnung übergehen.“
Gleichzeitig sei das Votum der Menschen damit auch ein absolutes Desaster für die Ampelparteien. „Die SPD-geführte Bundesregierung hat jegliches Vertrauen in der Bevölkerung verspielt. Die Reaktionen des Bundeskanzlers und der SPD-Parteiführung auf das Wahlergebnis zeugen von einer gefährlichen Realitätsverweigerung.“
Die CDU in Sachsen und Thüringen sei „klar stärkste Kraft der politischen Mitte und die einzig verbliebene Volkspartei“. Der Auftrag zur Bildung einer Regierung unter Führung einer demokratischen Partei in schwierigen Zeiten liege jetzt bei Ministerpräsident Michael Kretschmer und Mario Voigt, sagte der NRW-Politiker.