Bei den Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg kam die FDP in diesem Monat auf 1,1, 0,9 und 0,8 Prozent – und damit so wenig, dass sie nicht einmal mehr einzeln aufgeführt wird, sondern unter den “Sonstigen” im Splittersegment untergeht. Die Partei wird regelrecht vernichtet, die Beteiligung an der desaströsen Ampel-Koalition kostete sie – womöglich schon jetzt unwiderruflich – die Existenz. Seit Bestehen der Ampel hat die FDP nicht weniger als 20 (!) Wahlniederlagen in Folge eingefahren, darunter alleine 11 Landtagswahlen. Selbst dort, wo sie gerade noch den Einzug in einen Landtag schafft, ist ihr Stimmenanteil so gering, dass sie nicht mehr als Mehrheitsbeschaffer taugt. Für diese beispiellose Niederlagenserie gab es bislang keinerlei personelle Konsequenzen. Parteichef Christian Lindner und seine Nordrhein-Westfalen-Connection halten die FDP bis zum Unterhang in ihrem Würgegriff.
Allerspätestens jetzt wäre der Moment, diese nicht nur unbeliebte, sondern verhasste Regierung platzen zu lassen und sich öffentlich Asche dafür aufs Haupt zu streuen, dass man solange an ihr mitgewirkt hat. Die große Mehrheit der Deutschen wäre so dankbar dafür, endlich vom Ampel-Alptraum erlöst zu sein, dass sie es der FDP wahrscheinlich wohl tatsächlich mit Wählerstimmen vergelten würde. Doch stattdessen schwadronierte Lindner am Montag von einem „Herbst der Entscheidungen“, in dem die Koalition wichtige Beschlüsse in den Bereichen Migration, Wirtschaftswachstum und Haushaltsstabilität fassen müsse. Er sei „engagiert, gute Ergebnisse zu erzielen“ und nicht nur nicht pessimistisch, sondern „sprungbereit, sofort loszulegen“. Das FDP-Präsidium stehe „in großer Übereinstimmung“ zu seiner Linie. Eine „Dynamik“ Richtung Ausstieg aus der Koalition sehe er nicht. Mit diesem aberwitzigen Gefasel hat er endgültig das politische Todesurteil für seine Partei besiegelt und das ganze Ausmaß seiner Charakterlosigkeit offenbart.
Absurder Zickzack-Kurs
FDP-Vize Wolfang Kubicki hatte am Sonntagabend verkündet, in drei Wochen müsse ein gemeinsamer Nenner gefunden sein, sonst mache es für die Freien Demokraten „keinen Sinn mehr, an dieser Koalition weiter mitzuwirken“. „Die Menschen sind mit der Ampel fertig“, stellte er immerhin korrekt fest. Er glaube nicht, „dass die Ampel-Koalition Weihnachten noch erreicht“. Damit bewies Kubicki erneut, dass er zu seiner eigenen Karikatur geworden ist. Zum x-ten Mal spricht er der Ampel die Legitimität ab und droht, sie platzen zu lassen, wenn sich nicht bald etwas ändere, während Lindner dies ausschließt und behauptet, das Präsidium sei auf seiner Seite.
Das Ganze ist nur noch lächerlich –, zumal ausgerechnet Kubicki sich Ende letzten Jahres vehement gegen einen Austritt aus der Ampel ausgesprochen hatte, als die FDP in Kassel einen entsprechenden Mitgliederentscheid initiierte. Kubicki hatte damals für eine Fortsetzung getrommelt und allen Ernstes erklärt, diese arbeite „vergleichsweise gut“. Die Initiatoren der Mitgliederbefragung seien naiv, wenn sie glaubten, durch ein Ende der Ampelkoalition der FDP zu helfen. Man könne kaum mit dem Slogan in den Wahlkampf ziehen: „Wir haben zwar versagt, aber wählt uns doch bitte trotzdem!“, sagte Kubicki. „So naiv kann man nicht sein“, meinte er. In den fast zehn Monaten, die seither vergangen sind, war er es jedoch, der ständig öffentlich ein Ende der Koalition herbeiredete. Schon dieser absurde Zickzack-Kurs sagt alles über den Zustand der Partei, in der offenbar endgültig das Motto „Nach uns die Sintflut“ herrscht. Lindner und Co. wollen die Privilegien des Minister- und Abgeordnetendaseins noch bis zur nächsten Bundestagwahl voll auskosten und nehmen dafür billigend in Kauf, dass eine prägende Partei der Bundesrepublik danach für immer im Orkus der Geschichte verschwindet und das Land weiter in Grund und Boden regiert wird. Danach werden sie ihre Ruhegelder genießen und irgendeine lukrative Anschlussverwendung finden. Es ist der wohl ekelerregendste Fall von Egoismus und Verantwortungslosigkeit, den es in der zweiten deutschen Demokratie je gab. (TPL)