Brandmauer gefallen: Der Sächsische Landtag hat mit überraschend großer Mehrheit André Wendt von der AfD – mit den Stimmen der CDU – erneut zum Zweiten Landtagsvizepräsidenten gewählt. Anscheinend setzt sich die Einsicht durch, dass 30 Prozent der Wähler nicht ignoriert werden können.
Mindestens 44 Stimmen kamen also bei der Wahl des AfD-Politikers Wendt zum Zweiten Landtagsvizepräsidenten in Sachsen aus anderen Fraktionen. Da die Abgeordneten von Linken (6 Sitze), Grünen (7 Sitze) und SPD (10 Sitze) zuvor erklärt hatten, Wendt nicht zu unterstützen, ist davon auszugehen, dass die zusätzlichen Stimmen aus der CDU (41 Sitze) und dem Bündnis Sachsen (BSW, 15 Sitze) stammten. Nach der Wahl wurde dem AfD-Politiker nicht ein Blumenstrauß vor die Füße geschmissen, sondern die BSW-Chefin Sabine Zimmermann gratulierte Wendt sogar mit einem solchen. „Die Brandmauer ist damit schon in der ersten Sitzung des neuen Landtags gefallen“, kommentierte Jan Zwerg, Parlamentarischer Geschäftsführer der AfD-Fraktion, gegenüber der Bild-Zeitung.
Die AfD stellt im Sächsischen Landtag die zweitstärkste Fraktion – sie liegt nur knapp hinter der CDU. Anders als in Thüringen sind keine undemokratischen Änderungen der Geschäftsordnung nötig, um der AfD den Vorsitz des Parlaments zu verwehren – diesen hält ohnehin die CDU.
Wie die Bild berichtet, soll es im Vorfeld zu Absprachen zwischen CDU und AfD gekommen sein. So wurden auch die Landtagspräsidentenwahl und die Wahl zur Ersten Vizepräsidentin mit deutlichen Mehrheiten entschieden. Der neue Parlamentspräsident Alexander Dierks (CDU) erhielt 97 von 119 Stimmen, während Ines Sabarowski (CDU) als Erste Vizepräsidentin auf 95 Stimmen kam – mutmaßlich unterstützt von der CDU und AfD.
Der AfD-Kandidat Wendt folgte in der Reihe der Wahlergebnisse, während andere Kandidaten größere Hürden überwinden mussten: BSW-Mann Jörg Scheibe wurde erst im zweiten Wahlgang gewählt, und Albrecht Pallas (SPD) benötigte drei Anläufe, um auf die nötige Stimmenzahl zu kommen.
Obwohl die Wähler in Sachsen sich klar für ein konservative Regierung entschieden haben, laufen aktuell Sondierungsgespräche zwischen CDU, BSW und SPD zur Regierungsbildung. Diese Parteien verfügen zusammen über 66 Mandate, während die bisherige schwarz-rot-grüne Koalition am 1. September abgewählt wurde. CDU und SPD hatten bei der Wahl ihre schlechtesten Ergebnisse seit der Wiedervereinigung kassiert.
(SB)