Neuer Streit um „Arsch-hoch-Prämie“
Die „Arsch-hoch-Prämie“, die allen Fleißigen direkt ins Gesicht spuckt, ist leider immer noch nicht vom Tisch:
Die Fraktionsvizes von SPD und FDP auf jeden Fall verteidigen die geplante 1.000-Euro-Prämie für Langzeitarbeitslose gegen interne Kritik weiterhin.
„Aus der Schule wissen wir, es braucht nicht nur Strafe, sondern auch Anreize“, sagte SPD-Fraktionsvizin Verena Hubertz dem „Handelsblatt“ (Dienstagausgabe). Deswegen finde sie die Logik hinter der Prämie richtig.
FDP-Fraktionsvize Lukas Köhler betonte, dass die Prämie als Teil der Wachstumsinitiative zusammen mit verschärften Sanktionen beim Bürgergeld auf den Weg gebracht worden sei. „Wichtig ist, dass die Wachstumsinitiative jetzt schnell und vollständig umgesetzt wird.“ Die Prämie ermögliche, dass der „Übergang aus dem Bürgergeld in den Arbeitsmarkt möglichst einfach und attraktiv“ wird.
Etwas zurückhaltender äußerte sich Grünen-Fraktionsvize Andreas Audretsch: „Die Bundesregierung hat mit der Prämie einen Vorschlag gemacht, den wir uns genau anschauen werden“, sagte der designierte Wahlkampleiter der Partei dem „Handelsblatt“. Klar sei: „Wir wollen die Anreize weiter verbessern, Mehrarbeit soll noch stärker als bisher im Portemonnaie ankommen.“
Am Wochenende hatten andere Ampel-Vertreter Widerstand gegen der Plan der Bundesregierung angekündigt, eine Prämie in Höhe von 1.000 Euro auszuzahlen, wenn Langzeitarbeitslose einen sozialversicherungspflichtigen Job aufnehmen. Dieser muss ein Jahr andauern und so gut vergütet sein, dass die Person keinerlei Bürgergeld mehr braucht.
Die Prämie ist Teil der „Wachstumsinitiative“, auf die sich Kanzler Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) Anfang Juli geeinigt hatten.
Auch Habeck verteidigte den Vorschlag am Montag. Das Gesetz zur Prämie wird im Arbeitsministerium von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) erarbeitet.
Auf der anderen Seite der rostigen Medaille, beim Bürgergeld gibt es jetzt auch wieder einmal neue Pläne zu bewundern:
Jobcenter können Bürgergeld-Empfänger künftig monatlich zu einem persönlichen Gespräch einbestellen, um zu überprüfen, ob sich die Betroffenen an Absprachen halten. Das geht aus einer Formulierungshilfe des Bundesarbeitsministeriums für die Ampelfraktionen hervor, über die die Zeitungen des „Redaktionsnetzwerks Deutschland“ berichten und die am Mittwoch im Kabinett beschlossen werden soll.
Insbesondere bei arbeitslosen Leistungsberechtigten solle die Überprüfung von Absprachen „monatlich in einem persönlichen Gespräch stattfinden, wenn dies zur Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt erforderlich ist“, heißt es in dem Entwurf, der Regierungskreisen zufolge am Montagabend in die Ressortabstimmung gegangen ist.
Die monatlichen Termine sind etwa für arbeitslose Jugendliche im Bürgergeld sowie für die Bezieher vorgesehen, die drohen, in die Langzeitarbeitslosigkeit abzurutschen. „Die für die monatliche Gesprächsdichte erforderlichen Ressourcen sind für arbeitslose Leistungsberechtigte einzusetzen, bei denen dies für die Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist“, heißt es in der Begründung. In Frage kämen insbesondere Arbeitslose in den ersten zwölf Monaten des Leistungsbezugs, um Personen mit hohem Verbleibrisiko möglichst schnell zu identifizieren.
Ebenso seien die Gespräche für Absolventen etwa von Integrations- oder Berufssprachkursen sinnvoll. „Darüber hinaus erscheint eine monatliche Gesprächsdichte bei Jugendlichen oder Personen mit komplexeren Problemlagen denkbar“, nennt das Arbeitsministerium als weitere Beispiele.
Mit den erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einem kontinuierlichen Gesprächskontakt zu stehen, sei von zentraler Bedeutung. Die Jobcenter sollen nach eigenem Ermessen entscheiden, wie sie die Gespräche gestalten. „Dauer und inhaltliche Ausrichtung der persönlichen Gespräche sind durch die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende und in der konkreten Ausgestaltung vor Ort festzulegen.“
Bleibt die Frage, wie viele Sprachen die ohnehin überlasteten Mitarbeiter der Jobcenter jetzt noch lernen müssen und ob ukrainisch nicht viel zu schwer ist. (Mit Material von dts)