Die Identitätssuche des ZDF: Rassismus je nach Tagesform und Einzelfall?

Eigentlich gilt in jeder freiheitlichen Gemeinschaft stets der Gedanke der Differenzierung als hehre Tugend gegen schablonenhaftes Verallgemeinern. Denn Pauschalisieren kann im Zweifel jeder. Und man erweist sich damit nicht selten als populistisch, wenn man alle über einen Kamm schert – oder in einen Topf wirft. Doch es gibt wenige Bereiche, in denen eine Abstufung ausdrücklich untersagt ist.

Von Dennis Riehle

So verhält es sich beispielsweise mit der Menschenwürde aus Art. 1 GG. Sie bleibt unter dem Schutz der Ewigkeitsklausel nicht nur unantastbar, sondern ebenso nicht teilbar, nicht zu schmälern und nicht zu deuten. Es ist dieser verrückten Zeit im 21. Jahrhundert zu verdanken, dass man eine eigentliche Selbstverständlichkeit gerade in Richtung des sich selbstdarstellerisch stets als integer gebenden öffentlich-rechtlichen Rundfunks artikulieren muss. Doch weil aktuell nichts mehr normal scheint, bedarf es offenbar einer verfassungsrechtlichen Lehrstunde für das ZDF. Nachdem der Sender zum Besten gegeben hatte, dass Rassismus gegenüber Weißen nicht existiert, beschwerte sich ein Zuschauer kurzerhand vollkommen nachvollziehbar und notwendigerweise. Doch die Redaktion blieb bei ihrer Haltung. Und auch der Fernsehrat unterstrich noch einmal: Nicht jede Diskriminierung oder Beleidigung entlang einer Nationalität oder Kultur entspricht einer kulturellen Herabwürdigung aufgrund der ethnischen Herkunft.

Nun könnte man dieser weisen Einsicht vollends zustimmen, wäre da nicht ein gravierendes Problem. Denn man darf mit Sicherheit davon ausgehen, dass diese Definition keine Gültigkeit mehr besitzt, wenn das Opfer einer Anfeindung nicht hellhäutig oder deutsch, sondern farbig im Gesicht und fremden Ursprungs ist. Immer wieder wird darauf verwiesen, dass Hass und Hetze gegen eine schwarz-rot-goldene Identität schon allein deshalb ausgeschlossen seien, weil das hiesige Volk weder den Kolonialismus durchlitten, noch der Leidtragenden des Dritten Reiches war. Stattdessen wird in umgekehrter Manier weiterhin auf ein kollektivschuldiges Narrativ der immerwährenden Haftung, Sühne und Buße für das Vergangene beharrt. Und das, obwohl mittlerweile kaum noch jemand unter uns ist, der an den Verbrechen des Hitler-Regimes wache Erinnerung hat – und schon gar nicht daran beteiligt war. Müssen wir uns also gefallen lassen, dass beispielsweise die grüne Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt während der Europameisterschaft feststellte, dass unser Team auf dem Platz wohl nicht so erfolgreich wäre, hätte man es ausschließlich mit einheimischen Spielern besetzt? Das Messen mit zweierlei Maß hat vor allem unter den sich als die Guten und Korrekten in Szene setzenden Linksorientierten momentan Hochkonjunktur.

Da gibt es nicht nur „ihre“ und „unsere“ Demokratie. Sondern der Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 GG wird ohne ein Wimpernzucken relativiert. Denn wenn in Hamburg Islamisten auf die Straße gehen, das Kalifat und Scharia einfordern – und damit unverhohlen skandieren, dass man die hiesige Tradierung und Prägung durch eine sarazenische Wesenseinheit verdrängen will, so ist das im Geist der Toleranz sämtlicher Germanophobiker auch dann noch eine völlig zulässige Meinungsäußerung, wenn in der Konsequenz die Daseinsberechtigung unserer Spezies auf dem Spiel steht. Da empört man sich über die Beschimpfung eines nordafrikanischen Flüchtlings durch einen potenziell Rechtsradikalen, aber bleibt stumm, falls wieder einmal ein im Auftrag von Allah handelnder Extremist mit einem Messer marodierend durch die Fußgängerzone streift. Diesen Kollateralschaden der multikulturellen Bereicherung sollen wir schlichtweg hinnehmen. Aber wehe, es regt sich Widerstand gegen den massenhaften Missbrauch des Asylwesens. Dann kommen diejenigen mit Faschismus um die Ecke, die selbst von sich sagen, mit ihren Wurzeln nichts anfangen zu können. Sie empfinden kein Zugehörigkeitsgefühl, sondern sind mit der ständigen Emanzipation und Distanzierung von ihren phänotypischen Merkmalen befasst, die sie am liebsten wie ein Chamäleon abstreifen würden, weil sie beispielsweise auch bei der Geschlechtersuche Schwierigkeiten damit haben, irgendeine Konformität einzugehen – und sich zu evolutionär zugeteilten Tatsachen zu bekennen.

Es geht also insgeheim um das Verleugnen des eigenen Ichs, wenn man sich stellvertretend für diese fehlende Annahme von Kongruenz und Übereinstimmung ganz generell weigert, seinen Ausgangspunkt auf hiesigem Boden mit Stolz und Respekt in sich zu tragen, zu schätzen und zu verteidigen. Einer Existenz in grenzenloser Vielfalt, Buntheit und Unstetigkeit mangelt es an jeglichem Halt, Orientierung und Richtung. Sich seiner Souveränität und Integrität gewahr zu werden, fällt demjenigen verständlicherweise nicht leicht, der auf eine kärgliche Lebensbiografie und schmale Leistungsbilanz blickt. Für ihn gibt es keinen Anlass, sich als etwas Ebenbürtiges zu begreifen. Daher ist die masochistische Ader bei denen besonders ausgeprägt, die nichts vorzuweisen haben – und sich in Scham, Verbitterung und Frustration über ihr Versagen bei Bedarf bis zur Unkenntlichkeit knechten lassen. Diese subjektive Mentalität des Negierens, Kleinmachens und Veräußerns kann allerdings nicht die verbindliche Norm sein, wenn es um die Frage geht, ob Missbilligung und Desavouierung von europäischem Patriotismus akzeptabel ist. Nein, wer die Schmähung des Individuums ausschließlich von dessen Provenienz und Sippschaft abhängig macht, der agiert gegen die Prinzipien des liberalen Miteinanders, das sämtliche Benachteiligung allein aufgrund der Abstammung verbietet.