Die Uhr tickt (für dieses Land), die Politik taktiert (gegen unser Land). Alles also so, wie gehabt. Hier wieder die aktuellsten Meldungen zu den drohenden Neuwahlen.
Umfrage: Ein Drittel der lernresistenten Bürger bevorzugt GroKo nach der Bundestagswahl
Trotz der anstehenden Neuwahl zum deutschen Bundestag zeichnet sich unter den Bürgern noch keine klare Mehrheit für eine neue Regierungskoalition ab. Das ist das Ergebnis einer Forsa-Umfrage im Auftrag des „Stern“ am Ende der vergangenen Woche.
Nur ein Drittel der Befragten wünscht sich eine Neuauflage der Großen Koalition aus CDU/CSU und SPD. Alle anderen genannten Bündnisvarianten sind noch unbeliebter. Klar ist: Eine deutliche Mehrheit von 70 Prozent möchte, dass die Union an der neuen Regierung beteiligt ist.
Auffällig aber erwartungsgemäß sind die Unterschiede nach Parteianhängern: Unter Wählern von Union und SPD findet eine neuerliche Große Koalition von allen Bündnisvarianten jeweils die größte Zustimmung, unter den SPD-Anhängern befürwortet sie sogar eine Mehrheit.
Die größte Gruppe der Grünen-Anhänger (48 Prozent) wünscht sich ein schwarz-grünes Bündnis. 71 Prozent der FDP-Wähler wollen, dass ihre Partei mit der Union die neue Regierung stellt. Anhänger von AfD und BSW befürworten mehrheitlich andere Regierungsbündnisse nach der Wahl.
Die Daten wurden vom Markt- und Meinungsforschungsinstitut Forsa für den „Stern“ und RTL Deutschland am 7. und 8. November 2024 erhoben, insgesamt 1.008 Personen nahmen teil.
Kleinparteien warnen vor übereilter Neuwahl des Bundestages
Führende Vertreter von Kleinparteien haben vor einer übereilten Neuwahl des Bundestages und damit fehlender Chancengleichheit gewarnt. Der Bundesvorsitzende der Piraten, Borys Sobieski, sagte dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Dienstagausgaben): „Unserer Demokratie tut so eine Hauruckwahl sicher nicht gut.“
Sie sei „in der Kürze der Zeit sicher rein technisch machbar“, fügte er hinzu. Doch „ob sie fair und sinnvoll ist, steht auf einem ganz anderen Blatt“. Sobieski schloss rechtliche Schritte deshalb nicht aus.
Die Sprecherin von Volt, Gina Nießer, sagte dem RND, eine allzu kurzfristige Neuwahl sei „eine riesige Gefahr für die Demokratie. Scholz, Merz und Co. spielen mit dem Feuer – mit dem Fortbestand dieser Demokratie. Die Rechtsextremisten stehen bereit und werden von diesem Zerfall profitieren.“ Volt sei es hingegen wichtig, das Vertrauen in die Demokratie wieder zu stärken, so Nießer. „Dafür brauchen wir eine gut organisierte Wahl ohne Fehler.“
Nathalie Sanchez Friedrich, Mitglied im Bundesvorstand der Partei „Die Basis“, fürchtet bei Neuwahlen drastisch sinkende Erfolgschancen für alle Parteien, die derzeit nicht im Bundestag vertreten sind. „Demokratisch fair wäre, die Teilnahme wenigstens nicht zusätzlich zu erschweren“, sagte sie. „Deshalb sollte die Zahl der erforderlichen Unterstützungsunterschriften wenigstens halbiert oder geviertelt werden, analog zur Bundestagswahl 2021 und zu den Landtagswahlen im Jahr 2022.“
Werden die geltenden Regeln nicht an die Umstände der Neuwahl angepasst, müssten die Kleinparteien bis 69 Tage vor der Wahl je nach Bundesland bis zu 2.000 gültige Unterstützungsunterschriften sammeln, um es überhaupt auf die Wahlzettel zu schaffen. Ausgenommen von der Regelung sind etablierte Parteien, die bereits mit mindestens fünf Abgeordneten im Bundestag oder einem Landtag vertreten sind.
Auch finanziell fühlen sich die Kleinparteien benachteiligt. Denn um Anspruch auf staatliche Mittel zu bekommen, müssen sie mindestens 0,5 Prozent der gültigen Stimmen holen. Das setzt aber ebenfalls voraus, dass sie auf den Wahlzetteln stehen.
Der Vorsitzende der Piraten beklagte schließlich, dass sehr schnell Versammlungen organisiert werden müssten, um Kandidaten aufzustellen. „Gerade am Jahresende und in der Kürze der verfügbaren Zeit sind entsprechende Räumlichkeiten, die benötigt werden, kostspielig oder gänzlich ausgebucht“, sagte Sobieski dem RND.
Czaja fordert eigene Fraktion zur Zurückhaltung bei Anträgen auf
Wegen der unberechenbaren Mehrheitsverhältnisse im Bundestag hat der frühere CDU-Generalsekretär Mario Czaja seine Fraktion davor gewarnt, Anträge einzubringen, die von der AfD unterstützt werden könnten. „Wir als Union sollten uns davor hüten, Anträge oder Gesetzesentwürfe in dieser aktuell wackeligen Lage im Bundestag einzubringen, ohne dabei die möglichen Mehrheiten zu bedenken“, sagte der Bundestagsabgeordnete dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Dienstagausgaben).
„Wir wollen keine Zustimmung von den Falschen, also von der AfD. Mehrheiten für CDU-Vorhaben mit Rechtsradikalen darf es nicht geben.“ Czaja forderte seine Fraktion auf, vorausschauend zu agieren. „Das muss bei jedem Antrag bedacht werden, den wir bis zu den Neuwahlen einbringen wollen“, mahnte der CDU-Politiker. „Wir sollten unsere Ziele mit den Stimmen der demokratischen Mitte erreichen und nicht auf die AfD angewiesen sein.“
Lauterbach sieht Ampel-Aus als „historischen Fehler“
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat das Ende der Ampel-Koalition als schwerwiegenden Fehler bezeichnet. „Es ist aus meiner Sicht ein historischer Fehler, dass wir die Ampel aufgelöst haben, weil wir noch wichtige Arbeit hatten“, sagte Lauterbach der RTL/ntv-Redaktion auf dem SZ-Wirtschaftsgipfel. Der Minister hob die Notwendigkeit einer stabilen Regierung in Krisenzeiten hervor.
Er verwies auf den Krieg in der Ukraine, die Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten und die wirtschaftliche Krise in Deutschland als drängende Herausforderungen. „Unter diesen Umständen hätten wir uns zusammennehmen müssen und hätten gemeinsam eine Lösung ausarbeiten können“, beklagte der Sozialdemokrat.
Trotz des vorzeitigen Endes der Koalition plant Lauterbach, wichtige Gesetzesvorhaben noch umzusetzen. „Ich werde auf jeden Fall das Krankenhausgesetz noch umsetzen. Ich glaube, dass wir das durch den Bundesrat bekommen werden. Das ist die größte Reform im Krankenhaussektor seit 20 Jahren.“
Er bedauerte jedoch, dass einige geplante Gesetze wie das „gesunde Herzgesetz“ nicht mehr verabschiedet werden können, die laut Experten jährlich tausende Leben hätten retten können.
Zur Frage nach einer möglichen Fortsetzung seiner Arbeit als Gesundheitsminister in einem künftigen Kabinett sagte Lauterbach: „Ich habe noch viele Ideen, noch viel vor. Daher würde ich das sicherlich nicht ablehnen. Aber klar ist: Im Vordergrund steht jetzt erst mal die Arbeit, die wir jetzt zu leisten haben.“
Auf die Frage, ob die Koalition zu retten gewesen wäre, antwortete der SPD-Politiker auch im Hinblick auf FDP-Chef Christian Lindner: „Nein, wir haben alles versucht, und der Bundeskanzler spricht die Wahrheit, wenn er sagt, alle wollten eigentlich weitermachen. Ich glaube sogar, die FDP-Minister hätten gerne weitergemacht, aber er wollte nicht mehr“, sagte Lauterbach.
Zur Entscheidung des Kanzler, den Finanzminister zu entlassen, gab es für Lauterbach keine Alternative: „Wenn also Olaf Scholz am Mittwoch den Finanzminister nicht entlassen hätte, wäre die Koalition trotzdem geplatzt, weil der Finanzminister wollte nicht mehr. Er hat ganz klar jede konstruktive Diskussion über ein Weiterregieren abgelehnt. Somit wären wir sowieso auseinander geflogen.“
Merz peilt jetzt Neuwahlen am 16. oder 23. Februar an
Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) peilt jetzt offenbar Neuwahlen im Februar an. Wie die „Rheinische Post“ (Dienstagausgabe) unter Berufung auf Teilnehmer berichtet, soll Merz in der Sitzung des Fraktionsvorstands der Union den 16. oder 23. Februar als „gut zu erreichen“ genannt haben. Der zunächst von ihm ins Spiel gebrachte 19. Januar sei demnach inzwischen zu ambitioniert, so Merz.
Zudem soll der Fraktionsvorsitzende erneut hervorgehoben haben, dass erst die Vertrauensfrage des Bundeskanzlers nötig sei, bevor es Gespräche über Gesetzesvorhaben gebe. Die Regierung habe keine Verfahrensmehrheit mehr. „Es kommt nur noch auf die Tagesordnung, was wir gemeinsam vorher besprochen haben“, zitieren Teilnehmer Merz.
Linken-Urgestein Gregor Gysi rechnet sogar damit, dass Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) Mitte nächster Woche die Vertrauensfrage im Bundestag stellen wird. „Weil das die Bedingung von Merz ist, damit sie noch Ukraine-Hilfe und noch irgendwelche Punkte beschließen können“, sagte Gysi als Begründung in der ntv-Sendung „#beisenherz“.
Scholz lasse sich dadurch unter Druck setzen und daher werde es etwa eine Woche nach seiner Regierungserklärung zur Vertrauensfrage kommen, so Gysi, also in der nächsten Woche „Mittwoch oder Donnerstag vielleicht“. Das wäre der 21. oder 22. November.
Verliert Scholz die Vertrauensfrage, hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier 21 Tage Zeit, den Bundestag aufzulösen. Anschließend müssen innerhalb von 60 Tagen Neuwahlen stattfinden. Stimmt also Gysis Prognose, wäre der spätmöglichste Wahltermin demnach der 9. Februar 2025, noch vor Merz` angepeiltem Datum.
Bundeswahlleiterin: Bundestagswahl befindet sich in Vorbereitung – was für eine Sensation!
Die Bundeswahlleiterin und die Landeswahlleitungen treffen aktuell alle Maßnahmen, um sicherzustellen, dass eine vorgezogene Neuwahl des Deutschen Bundestages im Rahmen der gesetzlichen Fristen stattfinden kann. Das teilte das Gremium am Montagnachmittag mit.
Um Herausforderungen bei der Wahlorganisation, die sich aus den Fristen bei einer Neuwahl ergeben, bestmöglich zu begegnen, sollte dabei der Zeitraum von 60 Tagen zwischen der Auflösung des Bundestages bis zur Neuwahl ausgeschöpft werden, hieß es.
Zugleich wirkten die Wahlleitungen darauf hin, dass die zuständigen Stellen in Bund, Ländern und Gemeinden unabhängig von einem genauen Wahltermin schon jetzt alle organisatorischen Schritte ergreifen, die losgelöst von konkreten Fristen umgesetzt werden können, so die Bundeswahlleiterin.
Unabhängig vom Zeitpunkt einer Bundestagswahl im Jahr 2025 liefen aktuell mit Blick auf eine vorgezogene Neuwahl unter anderem folgende Maßnahmen an: Die Bildung der Wahlausschüsse, die Bildung der Urnen- und Briefwahlbezirke, die Bestimmung von Wahlräumen und deren Ausstattung, die Information der Wahlvorschlagsträger zu den Modalitäten der Einreichung von Wahlvorschlägen und Beteiligungsanzeigen sowie die Vorprüfung der eingereichten Unterlagen durch Bundes-, Landes- und Kreiswahlleitungen. Zudem würden Wahlunterlagen beschafft.
Den genauen Wahltermin innerhalb der 60-Tage-Frist nach Auflösung des Bundestages legt der Bundespräsident fest. Im Falle einer Auflösung des Bundestages ist das Bundesinnenministerium ermächtigt, die im Bundeswahlgesetz und in der Bundeswahlordnung bestimmten Termine und Fristen durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates abzukürzen.
Bei bisherigen Neuwahlen seien die bei einer „regulären“ Bundestagswahl geltenden Fristen, etwa zur Anzeige der Beteiligung an der Wahl oder zur Einreichung von Kreiswahlvorschlägen und Landeslisten, in der Regel halbiert worden. Zuletzt war das 2005 der Fall, als Gerhard Schröder (SPD) Bundeskanzler war.
Eine vorgezogene Neuwahl werde aber grundsätzlich wie eine „reguläre“ Bundestagswahl vorbereitet und durchgeführt. Unter anderem bleibe die erforderliche Zahl der Unterstützungsunterschriften für Parteien unverändert, teilte die Bundeswahlleiterin mit.
Zuletzt hatte vor allem die Union Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) immer wieder darauf gedrängt, die Vertrauensfrage zu stellen und in der Folge den Weg für Neuwahlen frei zu machen. Scholz hatte sich am Sonntagabend in der ARD-Sendung „Caren Miosga“ offen zu gezeigt, die Vertrauensfrage noch vor Weihnachten zu stellen.