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Kulturlos (2): Wenn es Nacht wird im deutschen TV

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Telemedien verlieren dank Internet an Bedeutung. Einmalig kurios verläuft dieses in Deutschland. Im Rückblick auf Sonderwege entlarven sich die immer gleichen Ursachen. Nach WK2 erlebten wir in Westdeutschland mit Rundfunk und Fernsehen kulturellen Aufbruch. Mediale Emanzipation brachte in den USA Moderatoren als multiple Kommunikatoren hervor, wie Kultfigur Wolfman Jack. Die Ramones feierten subversive Unterhaltung mit dem Song „Rock’n’Roll Radio“. Das Woodstock-Festival kam bei uns übers Staats-Fernsehen in die Haushalte, wie auch die erste Mondlandung oder das Attentat auf John F. Kennedy. Die erste deutsche Nachrichtensprecherin bei der ARD, Dagmar Berghoff, erinnerte, dass sie einmal vor Beginn der „Tagesschau“ verzweifelt überlegte, wie sie den Zuschauern beibringen könnte, dass soeben John Lennon in New York erschossen wurde. Popkultur war Nachricht in den politisch geformten Staatsmedien ARD, ZDF, Deutschlandfunk sowie allen Hörfunksendern.

Von Hans S. Mundi

Die Dosierung von Unterhaltung und freier Information wurde stets von der Kaste staatstragender Berufspolitiker streng überwacht. In schlechter Tradition die aktuelle „politisch korrekte“ Einfalt als Fetisch des Primats der Politik. Sicherlich waren TV-Unterhalter wie Harald Schmidt und der alte Stefan Raab mal frecher und provokanter, aber die deutschen GEZ-Öffentlich-Rechtlichen zeigen: Hierzulande ändern sich nur Aggregatzustände im ewig Gleichen der Obrigkeit. Bereits als elektronische Medien ab den 1920er Jahren starteten, gab es zwischen den USA und Deutschland signifikante Unterschiede. Die Amis setzten gleich zu Beginn auf Unterhaltung, liessen den Spirit kultureller Freiheit im ätherischen Raum sich frei entfalten. Natürlich grenzte es auch dort an politische Macht, welche aber von aussen (!) Schranken setzte, etwa bei der damaligen Rassentrennung, die ursprünglich auch in Rundfunk und Fernsehen in den USA strikt von den Sendern berücksichtigt wurde. Doch der Siegeszug der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung explodierte genau in diesen Medien: US Entertainment war von der gewaltigen Kraft der Black Music mit Gospel, Soul und Blues untrennbar. Fats Domino, Little Richard, Chuck Berry oder Barry Gordis Motown Label waren unaufhaltsam. Mit der Gründung der Radio Corporation of America (RCA) war der Name Programm; 1919 als Aktiengesellschaft von US-Elektronikherstellern gegründet.

Zur RCA gehörten mit RCA Records mehrere Plattenlabel und auch der Fernsehsender NBC. Hierzulande undenkbar, dass ein privates Konsortium mit den damaligen „Schallplattenfirmen“ Telefunken und Decca, ARD und Rundfunk an den Start gebracht hätte. Schon in den Gründerzeiten des deutschen Rundfunks unkten Sozialdemokraten, frei nach urdeutschem Motto: Wo kommen wir denn hin, wenn jeder sagen kann, was er will…? Zwar waren an der technischen Entwicklung auch hierzulande private Firmen beteiligt, doch Deutschlands radikaler Weg in eine lange Phase alleiniger Staatssender bei Radio und TV, war früh vorgezeichnet: Bereits 1892 (!) hiess es im Paragrafen 1 des „Gesetzes betreffend das Telegrafenwesen des Deutschen Reiches“: „Das Recht, Telegrafenanlagen für die Vermittlung von Nachrichten zu errichten und zu betreiben, steht ausschließlich dem Reiche zu.“ Bedingt durch technischen Fortschritt kam es 1908 zur Novellierung des Telegrafengesetzes: „Elektrische Telegrafenanlagen, welche ohne metallische Leitungen Nachrichten vermitteln, dürfen nur mit Genehmigung des Reiches errichtet oder betrieben werden“. Aus diesem Ungeist heraus, wie auch drastisch bei national- und realsozialistischem Staatsfunk, wird hierzulande die Betreuung der Medien traditionell als politische Erziehungsaufgabe betrachtet. Medien müssen präventiv auf die Untertanen einwirken. Beispiel: Wenn Sie folgende Formulierung lesen, denken Sie dabei an die kommunistische Partei in China, oder Erich Honeckers DDR: „Meinungsbildung und Kontrolle der Medien“…?! Weit gefehlt. Der Text ist aus dem Hier und Jetzt, aus einer staatlichen Institution, die amtliche Politik im Sinne der Parteien in Pädagogik fürs Volk übersetzt: „Bundeszentrale für politische Bildung“. Dort heisst es unter genannter Überschriift in weiteren Kapiteln:  „Regelungen für die Medienpolitik in Deutschland für eine medienspezifische Konzentrationskontrolle“. https://www.bpb.de/themen/medien-journalismus/medienpolitik/172240/meinungsbildung-und-kontrolle-der-medien/

Um diesen Kontrollwahn zu begreifen, muss man erneut zurück. Schon in der Weimarer Republik gab es parteiübergreifend einen spiessigen antikapitalistischen Reflex, der den heutigen Hass auf Elon Musk in der Berliner Elitenblase (inkl. Sister von der Leyen) erklärt. Denn kaum entstand ein revolutionäres neues Massenmedium wollte der deutsche Spießer unbedingt nur „gewerbliche Ausbeutung … verhüten“. Die Infrastruktur von Radiosendern wurde direkt an ein Ministerium gekoppelt. Über die Vorläufer heutiger Staatsverträge und politischer Kontrollmechanismen hiess es: „1926 stellte der Berliner Oberpostrat Thurn fest, dass dies entscheidende Voraussetzungen waren, den Rundfunk nicht zu kommerzialisieren und wirtschaftlichen Interessen zu unterwerfen. Die Regierung legte den Rundfunkgesellschaften strenge Regeln der Überparteilichkeit bei Wortsendungen auf. Um die Durchführung nachzuhalten und Fehlverhalten zu maßregeln, führte sie für die einzelnen Rundfunkbezirke „Überwachungsausschüsse“ ein, in denen Reichs- und Landesvertreter saßen. Um Unstimmigkeiten im Vorfeld zu vermeiden, musste jeder Sender einen „kulturellen Beirat“ aus drei bis sieben Personen einrichten, die auf lokaler Ebene bestimmt, aber vom Reichsinnenministerium abgesegnet wurden.“ https://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_des_H%C3%B6rfunks_in_Deutschland

Medien und Kontrolle bilden seit über 100 Jahren ein deutsches Wort. Medienkontrolle war bei der späten Zulassung von Privatsendern stets im Raum. Selten deutlich wurde dies 1979 in einem Artikel des „Spiegel“, mit Überschrift zu piefigster Rückständigkeit,: „Privat-TV: »Gefährlicher als Kernenergie«“, darin heisst es: „Bundeskanzler Helmut Schmidt erwägt, den Streit um private Fernsehprogramme zum Wahlkampfthema 1980 zu machen. Die geplante Verkabelung von Städten ist vorerst gestoppt; um die Bürger vor den schädlichen Einflüssen einer Reizüberflutung zu schützen.“ Justizminister Hans-Jochen Vogel wollte „Dämme“ gegen „Reizüberflutung“ in deutschen Wohnstuben errichten: „Ich kann mir nichts Gefährlicheres für die Familie vorstellen. Zu viele Krimis, Quiz und Shows machen die Menschen muffig und sprachlos.“ https://www.spiegel.de/politik/privat-tv-gefaehrlicher-als-kernenergie-a-d335ee71-0002-0001-0000-000039868784

Heute erleben nun wieder mehr Staatskontrolle im Zeichen des dritten deutschen Sonderwegs hin zu ökosozialistischer Planwirtschaft. Aber die toxische Hypermoral ist zugleich multinationale Kampagne im gesamten freien Westen. Was hierzulande auf fruchtbaren Boden trifft. Der mediale Pöbel aus blassen Talk-Kontrolleuren und inquisitorischen Pseudohumoristen wie Welke und Böhmermann hat den Anschluss an „Sudel Ede“ und den „Schwarzen Kanal“ der Terror-DDR erreicht. Zeitgleich kommt folgender Hinweis am Rande. Der Geist der popkulturellen Freiheit ist im TV tot: „Monty Python’s Flying Circus“ (1969-1974) war grosses Kino und Flaggschiff frecher Popkultur. Ein Nachruf aus dem Gefängnis in dem wir nun sitzen: „Natürlich gelten die Pythons heute als unumstrittene Comedy-Legenden, ihre TV-Show „Monty Python’s Flying Circus“ als revolutionär, weil die Sketche oft keinen Anfang oder Ende hatten, der Humor der britischen Komikertruppe keine Grenzen kannte – im Zweifelsfall alles und jeden schonungslos durch den Kakao zog. Ob ein TV-Sender heute so viele Freiheiten zulassen würde?“ https://www.msn.com/de-de/unterhaltung/tv/diese-tv-shows-w%C3%A4ren-heute-undenkbar/ss-AA1sCFip?ocid=hwminus&appid=hwbrowser&ctype=picture_gallery

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