Mindestens ein halbes Jahr lang wird in Deutschland so gut wie nichts mehr politisch entschieden werden. Die Haupt- und Nebendarsteller der parlamentarischen Scheindemokratie sind wieder einmal überwiegend mit sich selbst beschäftigt.
Was für ein unwürdiges Schauspiel diese Typen da oben abgeben, als ob es wirklich keine Probleme gibt, die dringend gelöst werden müssen. Es ist mittlerweile müßig, diese aufzuzählen, man muss nur offenen Auges durch die Gegend wanken, beim Arzt im Wartezimmer vor sich hin schimmeln, oder einen kurzen Blick auf die Kontoauszüge werfen.
Aber das interessiert die Herrschaften in Berlin herzlich wenig. Sie haben andere Sorgen, sie müssen sich für die Neuwahlen neu formieren und sortieren, noch schnell ein paar kranke Gesetze durchpeitschen und sich bei den getreuen Genossen mit Posten und Gehaltserhöhungen bedanken.
Der Wahlkampf wird dann wieder schmutzig und lähmt die Republik anschließend mit „schwierigen“ Koalitionsverhandlungen bis weit in den späten Frühling hinein – während die Probleme immer größer und kaum noch lösbar werden.
Wie dieses Affentheater funktioniert, erkennen wir an diesen völlig albernen D-Day-Skandal, der uns alle von dem Horror, den wir täglich erleben müssen, trefflich ablenkt, bei dem sich die Parteibonzen aber wieder einmal so richtig verausgaben, sich gegenseitig anpissen und den Schwarzen Peter schieben dürfen.
Hier einige Meldungen aus dem unerträglichen Kasperle-Theater:
FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai tritt zurück. Das wurde am Freitag aus Parteikreisen bekannt. Djir-Sarai will noch im Laufe des Mittags vor die Kameras treten.
Zuvor waren Rücktrittsforderungen auch aus der eigenen Partei laut geworden, unter anderem von der Jugendorganisation „Junge Liberale“. Die FDP-Europapolitikerin Strack-Zimmermann hatte Selbstkritik und Aufarbeitung von ihrer Partei verlangt.
Hintergrund ist das Strategiepapier der Partei, mit dem offenbar über Wochen der Ausstieg aus der Ampel-Koalition geplant worden war. Darin wird auch der Begriff „D-Day“ verwendet. Djir-Sarai hatte allerdings erst vor wenigen Tagen in einem Interview mit dem Nachrichtensender n-tv gesagt, dieser Begriff sei „nicht benutzt worden“. Und: „Das ist falsch und das, was medial unterstellt wird, ist eine Frechheit.“
FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai hat vorher bestritten, dass die Führung seiner Partei über das sogenannte D-Day-Papier informiert gewesen sei. „Das Papier ist auf Ebene der Mitarbeiter entstanden. Niemand aus der Führung der FDP kannte das Papier“, sagte Djir-Sarai der „Welt“ (Freitagausgabe).
Auch FDP-Bundesgeschäftsführer Carsten Reymann sein Amt auf. „Ich tue dies, weil ich eine personelle Neuaufstellung der Partei im Hans-Dietrich-Genscher-Haus ermöglichen möchte“, sagte Reymann am Freitag.
Die FDP stehe vor einer wichtigen Bundestagswahl, die eine Richtungswahl für Deutschland sei. „In diesen Wahlkampf sollte die FDP mit voller Kraft und ohne belastende Personaldebatten gehen. Christian Lindner hat mein Angebot angenommen.“
Währenddessen gehen die beiden Ex-Ampel-Partner hart mit den Liberalen ins Gericht und verlangen Konsequenzen. SPD-Generalsekretär Matthias Miersch forderte FDP-Chef Christian Lindner auf, sich für die Planung des Ausstiegs aus der Ampelkoalition zu entschuldigen. Solch ein „verantwortungsloses Handeln“ zerstöre das Vertrauen der Bürger „in die demokratischen Institutionen“, sagte Miersch dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Freitagausgaben).
„Christian Lindner und seine FDP stehen in der Verantwortung, sich bei den Menschen in diesem Land zu erklären und zu entschuldigen“, so Miersch. Die Planungen der FDP zum Bruch der Ampelkoalition seien „ein weiterer Tiefpunkt für die politische Kultur in Deutschland“.
Es sei darüber hinaus zynisch und zeuge von mangelndem historischen Verantwortungsbewusstsein, Begriffe wie „D-Day“ und „offene Feldschlacht“ zu benutzen. „Die FDP-Führung hat die Verwendung dieser Begriffe stets bestritten. Sie hat somit die Öffentlichkeit offensichtlich wiederholt getäuscht“, kritisierte Miersch.
Erst nachdem sie mit den entsprechenden Dokumenten konfrontiert worden seien, hätten sie die Flucht nach vorne angetreten. Dies sei „ein Armutszeugnis politischer Integrität“, sagte Miersch. „Während die Menschen von der Regierung Lösungen erwarteten, arbeitete die FDP an einem perfiden Ausstiegsszenario.“
SPD-Generalsekretär Matthias Miersch ist nach eigenen Angaben „geschockt“ über die kürzlich veröffentlichten Pläne der FDP, die Ampelregierung absichtlich platzen zu lassen. Er habe sich auch „persönlich betrogen gefühlt“, sagte er am Freitag dem Nachrichtenportal „T-Online“.
Die „Zeit“ und die „SZ“ hatten unlängst berichtet, wie die FDP über Wochen den Bruch der Ampelregierung vorbereitete, intern „D-Day“ genannt. Am Donnerstag hatte die FDP – wohl auf Druck von Medienanfragen – ein Dokument zu veröffentlicht, das die Recherchen bestätigt.
Miersch sagte, er habe etwa mit dem FDP-Fraktionschef Christian Dürr konstruktiv zusammengearbeitet und 2023 nächtelang das Heizungsgesetz verhandelt. „Zu erfahren, dass die FDP-Spitze die letzten Wochen insgeheim den Bruch der Regierung vorbereitete, hat mich tief getroffen“, so der damalige Vizevorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion.
Der Vorwurf von FDP-Chef Christian Lindner an die SPD, diese wolle die FDP „zerstören“, wies Miersch zurück. „Das ist absurd, ein hilfloser Schmähversuch der FDP. Nicht wir haben die geheimen Pläne aufgedeckt, sondern Journalisten.“ Er erwarte von Christian Lindner, dass er sich entschuldige. „Auch wenn ich glaube, dass er nicht die Größe dazu hat.“
Die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann hat dieses am Donnerstag bekannt gewordene Strategiepapier der FDP-Parteizentrale zum Ausstieg aus der Ampelkoalition kritisiert. „Die Wortwahl ist der Sache nicht dienlich, eine Verschriftlichung mit dieser Tonalität nicht nachvollziehbar“, sagte Strack-Zimmermann dem „Tagesspiegel“ (Freitagausgabe). Jetzt seien ausschließlich Selbstkritik und Aufarbeitung gefragt.
In dem Papier finden sich mehrere Formulierungen im Militärjargon. So ist von „Ablaufszenarien und Maßnahmen“ für einen „D-Day“ die Rede. Kommuniziert werden sollte das Ampel-Aus demnach in vier Phasen bis hin zu einer „offenen Feldschlacht“.
Die Europapolitikerin verteidigte jedoch, dass die liberale Parteispitze bei mehreren Treffen vor dem Bruch der Ampel am 6. November über Szenarien für einen Ausstieg aus der Koalition nachdachte. „Ich war bei diesen Treffen nicht dabei. Dass man sich in einer Situation, wie wir sie in der Regierung hatten, mit Ausstiegsszenarien allerdings auseinandersetzt, war folgerichtig, nicht nur für die FDP“, sagte Strack-Zimmermann.
Ben Brechtken bringt diesen Schwachsinn auf den Punkt:
Zur Erinnerung: In der FDP ist bis heute NIEMAND wegen Heizgesetz, Impfpflicht, Steuererhöhungen, Bürgergeld, Migrationsversagen, Selbstbestimmungsgesetz, Atomausstieg und Wirtschaftszerstörung zurückgetreten. Aber ein Ampelaustrittspapier, das reicht für einen Rücktritt, weil der Elfenbeinturm sich aufregt. Ist das jämmerlich. Rückgratlos bis zum bitteren Ende.