Die FDP ist nicht nur intellektuell, politisch und demoskopisch am Ende, sondern auch moralisch. Gestern traten Generalsekretär Bijan Djir-Sarai und kurz darauf auch Bundesgeschäftsführer Carsten Reymann von ihren Ämtern zurück. Grund dafür war das sogenannte „D-Day“-Papier, in dem die Partei intern ihren Fahrplan für den viel zu späten Austritt aus der Ampel-Koalition dargelegt hatte. In den letzten Tagen hatte Djir-Sarai noch erklärt, der Begriff „D-Day“, angelehnt an die alliierte Landung in der Normandie 1944, sei nie gefallen, bis die FDP selbst das Papier veröffentlicht hatte. In seiner 45-sekündigen Rücktrittrede beharrte er darauf, nichts von dessen Existenz gewusst zu und die Öffentlichkeit „unwissentlich falsch informiert“ zu haben. Reymann, der das Papier offenbar verfasst hat, musste dann ebenfalls seinen Hut nehmen. Zuvor gab es schwere Vorwürfe an die Parteiführung, unter anderem von der nach Brüssel abgeschobenen Kriegstreiberin Marie-Agnes Strack-Zimmermann.
Besonders massiv und wortreich hatte sich jedoch Franziska Brandmann, die Vorsitzende der Jugendorganisation Junge Liberale, zu Wort gemeldet. Auf Twitter klagte sie: „Das Papier, das gestern öffentlich wurde, ist einer liberalen Partei unwürdig. Nicht nur die Öffentlichkeit muss den Eindruck gewinnen, über Wochen getäuscht worden zu sein – sondern auch die eigene Partei. Das gilt auch für mich – auch ich wurde getäuscht.“ Dass das Papier erstellt worden sei, lasse aber tief blicken. „Was da zu sehen ist, passt nicht zu den Freien Demokraten, wie ich sie kenne – souverän, glaubwürdig und mit offenem Visier für liberale Politik eintretend. Es ist das Gegenteil von all dem“, so Brandmann, die auch öffentlich mitteilte, Djir-Sarai zum Rücktritt aufgefordert zu haben.
Kampf gegen das freie Wort
Diese Narrativ Verschiebung ist ganz typisch, auch für den Zustand der FDP: statt dafür Zuspruch zu erhalten und es als grundsätzlich positiv zu würdigen, dass man einen überfälligen Austritt aus dieser linksextremen, unseligen Koalition zumindest strukturiert geplant hat, wird nun aus dem Vorhaben selbst ebenso wie aus der Tat, dieser unterirdische Regierung den Rücken gekehrt zu haben, ein Skandal gestrickt – für den Spitzenpolitiker der Partei ihren Hut nehmen müssen. Dass sich dabei ausgerechnet Brandmann sich über die Missachtung liberaler Prinzipien durch die FDP-Spitze empört, ist ein schlechter Witz, ist sie doch selbst ein Symbol dafür – sie ist Mitgründerin und Geschäftsführerin des Bespitzelungsunternehmens und gegen die Redefreiheit gerichteten Abzock-Startups So Done, das es zum lukrativen Geschäftsmodell gemacht hat, Bürger, von denen dünnhäutige Politiker sich beleidigt fühlen, mit Abmahnungen und anderen juristischen Schikanen zu überziehen. Sowohl der grüne Anzeigenhauptmeister Robert Habeck als auch sein weibliches FDP-Pendant Strack-Zimmermann geben sich bereitwillig als Werbegesichter für So Done her.
Brandmann profitiert also vom Kampf gegen das freie Wort – etwas, das antiliberaler nicht sein könnte, wirft sich zugleich aber zur Scharfrichterin über den eigenen Generalsekretär auf, weil dieser im Rahmen einer Petitesse eine klägliche Figur abgab. Was Brandmann in ihrer Überheblichkeit nicht begreift ist, dass sie in viel krasserem Ausmaß ein Gesicht des Niedergangs der FDP ist als Djir-Sarai. Sie unterschrieb sogar eine Unterlassungserklärung, in der sie eingestand, dass ihr Unternehmen unzulässigerweise rechtliche Dienstleistungen anbietet, ohne dazu befugt zu sein. Diese ganze Gemengelage zeigt den katastrophalen Zustand der FDP, die nur noch aus Verlogenheit, Opportunismus und Kleingeistigkeit besteht. Die liberale Kraft, die Deutschland verzweifelt bräuchte, kann und will sie offensichtlich nicht mehr sein, weshalb ihr wahrscheinliches politisches Ende bei der nächsten Bundestagswahl auch kein Verlust mehr ist.
Stramm auf Linkskurs ins Nirwana
Das das woke und linksradikale Virus in dieser Partei wütet und sie vermutlich bis zum lange fälligen, wohl in spätestens zwei Monaten besiedelten politischen Exitus begleiten wird, zeigt auch die Tatsache, dass Realpolitiker zunehmend weggebissen werden. Letzte Woche hatte die ehemalige FDP-Generalsekretärin Linda Teuteberg angekündigt, bei der nächsten Bundestagswahl im Potsdamer Bundestagswahlkreis 61 als Direktkandidatin antreten zu wollen und auch für die Spitzenkandidatur auf der Bundestagsliste der FDP zur Verfügung zu stehen. Sie wolle sich für eine Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des Landes und eine „konsequente Zeitenwende in der Migrations- und Integrationspolitik“ einsetzen, da es „kein unbedingtes Recht auf Einreise“ gebe.
Doch ihre Partei schafft es wohl auch diesmal wieder, ihre wenigen verbliebenen Topleute wegzumobben: Teuteberg ist eine der letzten wirklich liberalen Stimmen in der Partei, die auch zu ihren Überzeugungen steht, und so wurde ihr – anstatt ihr zumindest die minimale Chance zu eröffnen, im Bundestag wirken zu können, was angesichts der desolaten Umfragewerte der FDP ohnehin nicht sehr wahrscheinlich ist – prompt der Spitzenplatz streitig gemacht. Denn gegen Teuteberg lässt man nun den 28-jährigen Matti Karstedt gegen sie antreten, der seit ganzen sechs Wochen Generalsekretär der Brandenburger FDP ist. Die Entscheidung soll am 21. Dezember fallen.
Erst Adler, nun Teuteberg auf der Abschussliste
Dies ist ein offener Affront gegen Teuteberg – und nicht der erste: 2020 hatte Parteichef Christian Lindner sie als Generalsekretärin abgesägt und ausgerechnet durch Volker Wissing ersetzt – jenen Ampel-Fan, der sich für seine Förderung durch Lindner dadurch bedankte, dass er lieber aus der FDP austrat, um Minister in der rot-grünen Regierungsruine bleiben zu können, anstatt mit den anderen FDP-Ministern die Koalition zu verlassen. „Differenzierungsfähigkeit und Menschenkenntnis. So wichtig“, hatte Teuteberg diese öffentliche Demütigung Lindners bissig kommentiert.
Doch dieses Debakel reichte offenbar immer noch nicht, um dem Opportunistenverein FDP endlich die Augen zu öffnen und Leuten den Weg zu ebnen, die ihr wieder etwas Glaubwürdigkeit verleihen könnten. Dies hatte sich schon letzte Woche gezeigt, als der Bundestagsabgeordneten Katja Adler auf dem Parteitag der Hessen-FDP in Wetzlar der aussichtsreiche vierte Listenplatz für die Bundestagswahl verweigert wurde. Adler zählte, wie Teutenberg, zu den ganz wenigen, die sich dem rot-grünen Wahnsinn in der Ampel konsequent widersetzt hatten – und zwar nicht nur durch Worte, wie der medienwirksame Dampfplauderer Wolfgang Kubicki, der am Ende doch alles abgenickt oder sich allenfalls enthalten hatte, sondern auch durch ihr Abstimmungsverhalten. Dass nun auch Teuteberg offenbar kaltgestellt werden soll, und das auch noch durch einen völlig profillosen 28-jährigen Noname wie Karstedt, zeigt, dass die innere Säuberung fortgesetzt wird und die FDP unwiderruflich vom politischen Todestrieb erfasst ist. (TPL)