Bereits einen Tag nach ihrer großspurigen Ankündigung, fällt die Migrationswende von CDU-Chef Friedrich Merz, bei der es sich ohnehin um Augenwischerei handelt, schon wieder in sich zusammen. Von einem konsequenten Einreisetopp, der das einzig richtige Mittel wäre, um dem Massenansturm an den deutschen Grenzen endlich und zehn Jahre zu spät, Einhalt zu gebieten, kann nämlich keine Rede sein. Die Zurückweisungen sollen nämlich nur „in Abstimmung mit unseren europäischen Nachbarn“ erfolgen. Damit will Merz vermeiden, dass sich Migrantenmassen an den Grenzen stauen und erreichen, dass Asyl-Verfahren an der EU-Außengrenze stattfinden. Bei der Union verschanzt man sich hinter Wortklaubereien: Im Sondierungspapier heiße es bewusst nicht „im Einvernehmen“, sondern nur „in Abstimmung“ mit den EU-Nachbarn.
Diese “Nachbarn” teilten jedoch umgehend mit, was sie von solchen feinsinnigen Unterscheidungen halten: Die österreichische Regierung erklärte unmissverständlich, man werde sich zurückgewiesener Asylbewerber nicht annehmen. Dies sei nach EU-Recht nämlich nicht erlaubt. „Das Innenministerium hat deshalb die betroffenen Landespolizeidirektionen angewiesen, unionsrechtswidrige Einreiseverweigerungen seitens der deutschen Behörden nicht zu akzeptieren und über Wahrnehmungen unverzüglich Bericht zu erstatten“, hieß es. Andererseits will man auch in Österreich eine wesentlich restriktivere Migrationspolitik fahren, indem der Familiennachzug zumindest zeitweise ausgesetzt wird.
Österreich kompromisslos
Bei einer weiteren Zunahme der Asylanträge will man sogar die EU-Notfallklausel auslösen und gar keine neuen Anträge mehr annehmen. Trotz ähnlicher Absichten ließ die Regierung es sich aber nicht nehmen, Merz auszurichten, dass sie nicht gewillt ist, sich mit den Migranten herumzuschlagen, die Deutschland seit einem Jahrzehnt regelrecht nötigt, sich in Richtung Europa aufzumachen und in die deutschen Sozialsysteme einzuwandern und nun plötzlich auf Kosten der Nachbarländer abgewiesen werden sollen. Dies dürfte auch eine Retourkutsche für Merz` Einmischungen in die österreichische Innenpolitik sein, der es für nötig hielt, die jetzige Kanzlerpartei ÖVP mehrfach anzugehen, weil sie – letztlich gescheiterte – Koalitionsgespräche mit der rechten FPÖ geführt hatte.
Abgesehen davon, dass Merz ohnehin keine ernsthafte Wende durchsetzen wird, selbst wenn er wollte, machen also auch die europäischen Nachbarn klar, dass sie sich von Deutschland nicht mehr einfach herumschubsen lassen, das seit 2015 seine Grenzen für jeden offen hält und jeden beschimpfte, der die Migranteninvasion aus der halben Welt eindämmen wollte. Es ist ein weiteres Desaster mit Ansage, das sich nahtlos in die Darbietung einer Regierung einreiht, die schon gescheitert ist, bevor sie überhaupt im Amt ist. (TPL)