Sahra Wagenknecht hat offenbar eingesehen, dass die nach ihr benannte Partei, sich dadurch, dass sie sich zum willigen Steigbügelhalter des abgehalfterten Altparteien-Kartells gemacht hat, der Rolle als Hoffnungsträger gründlich beraubt hat. Das enttäuschende Wahlergebnis, bei dem man denkbar knapp an der Fünf-Prozent-Hürde scheiterte, hat ihr offensichtlich gezeigt, dass ein gründlicher Kurswechsel her muss, wenn das BSW etwas über ein Jahr nach seiner Gründung nicht schon wieder im Nichts verschwinden soll.
Deshalb gibt es offenbar ernsthafte Überlegungen, die Regierungsbeteiligung in Thüringen nach wenigen Monaten schon wieder zu beenden. Im dortigen Landesverband herrscht ohnehin massive Wut auf Wagenknecht, der man vorwirft, von der Berliner Zentrale aus immer neue Parteimitglieder nach Thüringen zu entsenden, um die dortige Führung zu sabotieren. Mit dieser Methode soll laut Bericht auch der Landesparteitag im April manipuliert werden, um den Ausstieg aus dem Regierungsbündnis mit der CDU und der SPD zu beschließen. „Die Leute scharren mit den Füßen. Bei unserer Mitgliederversammlung am Sonntag wurde deutlich, dass die Aufnahmepraxis ein Mosaikstein für das Wahlergebnis war. Das wird so nicht noch mal passieren“, erklärte ein BSW-Sprecher gegenüber „Bild“.
Zu späte Einsicht?
Natürlich ist da etwas dran; bloß hätte Wagenknecht konsequenterweise den Fehler, überhaupt in die Regierung gegangen zu sein, bereits vor der Wahl korrigieren müssen als jetzt nach den Wahlen, in denen sie knapp an der 5-Prozent-Hürde scheiterte. Damit droht der Thüringer Finanzministerin Katja Wolf, die mit Wagenknecht ohnehin verfeindet ist, ein schnelles Ende ihrer Regierungskarriere. „Es trifft mich persönlich, wenn die Bundesvorsitzende unwidersprochen nur zehn Wochen nach unserem Amtsantritt sagt, dass wir in Thüringen nicht einmal in der Lage seien, ein kostenfreies Mittagessen für Schüler möglich zu machen“, klagte der stellvertretende Landesvorsitzende Steffen Schütz.
Aber auch bei CDU und SPD geht die nackte Panik um. Denn wenn das BSW tatsächlich die Koalition platzen lässt, kämen beide Parteien zusammen nur noch auf jämmerliche 29 von 88 Sitzen und wären somit auf wechselnde Mehrheiten und auf die Hilfe der AfD von Björn Höcke angewiesen, die man in einem putschartigen Manöver um ihre parlamentarischen Rechte betrogen hatte. Eine weitere Brandmauer-Debatte wäre der CDU dann sicher, die einmal mehr als der antidemokratische Funktionärshaufen entlarvt wäre, der sie ist. (TPL)