Hubert Aiwanger: Peinlich eingeknickt (Bild: IMAGO / Sven Simon)

Umfaller Aiwanger gibt sich als Erpressungsopfer von Söder

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Hubert Aiwanger, Chef der Freien Wähler und bayerischer Wirtschaftsminister, hätte der Held der Stunde sein können: Mit einer konsequenten Verweigerung seiner Zustimmung zum Schuldenpaket hätte er dessen Billigung im Bundesrat durch Bayern torpedieren und zumindest eine Stimmenthaltung des Freistaats erreichen können, die eine Mehrheit für den historischen Hochverrat von Friedrich Merz an Deutschlands Zukunft verhindert hätte. Doch am Ende knickte Aiwanger ein. Lange Zeit hatte er sich zuvor als entschiedener Gegner des milliardenschweren Schuldenpakets inszeniert.

Das Paket, das eine Lockerung der Schuldenbremse und hohe Investitionen in Verteidigung, Infrastruktur und Klimaschutz vorsieht, benötigte eine Zweidrittelmehrheit in der Länderkammer – und damit auch die Stimmen Bayerns. Aiwanger drohte zunächst mit einer Blockade, nannte das Vorhaben „völligen Wahnsinn“ und pochte auf fiskalische Disziplin. Dann behauptete er am Wochenende faktenwidrig, eh nichts ausrichten zu können, weil die CSU auch ohne die Freien Wähler Bayerns Plazet Bundesrat durchsetzen könnte. Statt es darauf ankommen zu lassen, gab Aiwanger dann kurz vor der entscheidenden Abstimmung am 21. März 2025 den letzten Scheinwiderstand auf. Bayern stimmte zu – eine Entscheidung, die massive Kritik nach sich zog.

Mangel an Rückgrat

Nur hagelt es – zu Recht – von allen Seiten wütend Kritik an Aiwangers “Kurswechsel”, der eigentlich nie einer war. Wie Merz in der CDU, wird nun auch ihm innerhalb seiner eigenen Partei, den Freien Wählern, vorgeworfen, seine Prinzipien verraten zu haben. Die Partei, die sich traditionell als Anwalt kommunaler Interessen und fiskalischer Vernunft sieht, hatte das Schuldenpaket scharf abgelehnt. Landräte der Freien Wähler hatten zuvor sogar gegen Aiwangers Linie argumentiert und die Investitionen für Infrastruktur gefordert. Sein Einlenken wird nun als Kapitulation vor dem Druck der CSU und Ministerpräsident Markus Söder gewertet. Aiwanger selbst rechtfertigt sich damit, dass ein Nein ohnehin nichts gebracht hätte: „Die CSU kann auch ohne uns zustimmen.“ Kritiker sehen darin jedoch einen Mangel an Rückgrat und werfen ihm vor, die Machtposition in der bayerischen Koalition über ideologische Standfestigkeit gestellt zu haben.

Auch die Opposition übt harsche Kritik. Die AfD nennt Aiwanger einen „Steigbügelhalter der CSU“, während die SPD spottet, er habe „gepokert und verloren“. Für sie ist sein Schwenk ein Beweis für politische Schwäche. Selbst in der Bevölkerung, wo Aiwanger mit seiner bodenständigen Art punkten konnte, regt sich Enttäuschung. Viele Wähler, die ihn als Gegenpol zum Berliner Establishment sahen, fühlen sich nun im Stich gelassen. Interessant ist, dass Aiwanger nun eine neue Ausrede für seinen Wankelmut auftischt: Er habe unter Bedrohung gestanden und sei quasi erpresst worden. Denn Söder habe ihm mit Koalitionsbruch und der Entlassung der Freie-Wähler-Minister gedroht. „Wir wären politisch tot gewesen“, erklärte er.

Weg des geringsten Widerstands

Doch diese Verteidigung überzeugt nicht; erst einmal wäre dies, sollte es so stimmen, Nötigung und wäre strafbar, worauf auch Kommentatoren auf Twitter/Xhinweisen. Janine Beicht von “Haintz-Media” schreibt: “Das kann als politische Erpressung oder Nötigung bezeichnet werden. Falls es durch Drohungen, Druck oder Zwang geschieht, kann es auch unter undemokratische Einflussnahme, Machtmissbrauch oder Korruption fallen. Juristisch könnte es je nach Kontext unter Nötigung (§ 240 StGB) oder Erpressung (§ 253 StGB) eingeordnet werden, eigentlich müsste es zur Anzeige gebracht werden.” Doch auch moralisch verfängt das Argument nicht. Hätten Aiwanger und die Freien Wähler 1933 im Reichstag gesessen, wäre seine Selbstverteidigung später vermutlich so ausgefallen: “Hätte ich nicht für Hitlers Machtergreifung gestimmt, hätten das halt andere gemacht und ich wäre entlassen worden…

Zu Recht fragen Beobachter, warum Aiwanger nicht die Konsequenzen in Kauf nahm, um seine Überzeugungen zu verteidigen, nach dem Motto: Jetzt erst recht! Tatsächlich hat “Maulhelden-Hubsi” den Weg des geringsten Widerstands gewählt – ein Vorwurf, der fortan zeitlebens an seiner Glaubwürdigkeit nagen wird. Für die Freien Wähler ist dies fatal: Hätte Aiwanger die historische Katastrophe des Schuldenpakets abgewendet, wäre er zur geschichtlichen Schlüsselfigur geworden und die Freien Wähler hätten bundesweit riesige Stimmzuwächse erwarten können. Nun wird ihn seine Verzagt- oder gar Feigheit definitiv Wählerstimmen kosten – insbesondere an die AfD, die beim Thema Schuldenbremse als einzige Partei standhaft geblieben ist, nachdem auch die Linkspartei sich der parlamentarischen Option verweigert hatte, durch Antrag auf sofortige Einberufung des neuen Bundestages den Spuk zu beenden. Alle anderen haben sich als Teil des Systems, als rückgratlose Kantonisten und Haupttäter oder Komplizen bei der Zerstörung Deutschlands erwiesen. (TPL)

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