Bei den Genossen zerfleischen sie sich nun noch vor einer Regierungsbildung geschweige denn konkreten Ressortaufteilung gegenseitig: Die überführte Doktorarbeit-Plagiatorin Franziska Giffey stellt sich gegen ein Ministeramt für die Ex-Straßenmusikantin und Gewerkschaftlerin Saskia Esken. Lustig wird es diese Woche nicht mehr. Tatsächlich tobt in der SPD ein interner Konflikt, der die Partei vor eine Zerreißprobe stellt. Dass sich Berlins stellvertretende Regierende Bürgermeisterin und Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey so klar gegen ein mögliches Ministeramt für Parteichefin Saskia Esken positioniert, kommt zu einem Zeitpunkt, an dem die SPD nach einer historischen Wahlniederlage versucht, sich neu aufzustellen und ihre Glaubwürdigkeit in der Bevölkerung zurückzugewinnen.
Giffey äußerte sich in einem Interview mit der „Rheinischen Post“ deutlich: „Ich denke, dass die SPD mit der Kabinettsbesetzung neben Erfahrung und Expertise auch ein Zeichen des Neubeginns setzen sollte. Alles andere wäre in der Bevölkerung nach der historischen Wahlschlappe nicht erklärbar.“ Damit reagiert sie auf Eskens Ankündigung, sich ein Ministeramt in der kommenden Bundesregierung vorstellen zu können. Für Giffey ist dies ein Affront gegen die dringend benötigte Erneuerung der Partei.
Dauermürrische Zumutung
Die Kritik an der dauermürrischen Esken ist nicht neu. Bereits im Februar hatte Giffey im „Tagesspiegel“ eine Ablösung an der Parteispitze gefordert, mit Verweis auf das schlechte Wahlergebnis. Sie steht damit nicht allein: Politiker wie der Fürther Oberbürgermeister Thomas Jung und die ehemalige Bundestagsabgeordnete Dagmar Freitag unterstützen ihre Haltung. Freitag betonte, dass Eskens magere 12,9 Prozent im eigenen Wahlkreis ihre mangelnde Akzeptanz bei den Bürgern zeigten – ein Makel, der auch parteiintern schwer wiege.
Esken, selbst von vielen Genossen als Zumutung empfunden, gibt sich betont gelassen und verweist auf einen geplanten Parteitag im Sommer, auf dem die Wahlniederlage analysiert werden soll. Doch der Druck wächst. Giffey plädiert für eine starke Führung durch Lars Klingbeil allein, während Eskens Ambitionen als unvereinbar mit einem Neustart gelten. Die SPD steht vor der Frage: Rückzug oder Risiko? (TPL)