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Teilt sich die AfD jetzt etwa auch in Ost und West?

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Mit den Russen und dem Zweiten Weltkrieg ist das so eine Sache. Für die einen gehören sie zu den Befreiern, für die anderen zu den Siegern und Besetzern. Diese ewige Debatte tobt auch in der AfD, wie diese beiden Stellungnahmen belegen können. Diskrepanzen in einer heiklen Angelegenheit:

Zuerst die AfD-Fraktion in Sachsen:

Der russische Botschafter Sergej Netschajew will am kommenden Freitag an einer weiteren Gedenkveranstaltung zum Ende des Zweiten Weltkriegs vor 80 Jahren teilnehmen. In Torgau wird dann an das Aufeinandertreffen US-amerikanischer und sowjetischer Soldaten an der Elbe am 25. April 1945 erinnert. Das Auswärtige Amt hatte zuvor davon abgeraten, offizielle russische Vertreter zu Weltkriegs-Gedenkveranstaltungen zuzulassen. Begründet wurde das mit der Befürchtung, dass Russland diese Veranstaltungen „instrumentalisieren und mit seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine missbräuchlich in Verbindung bringen“ könnte.

Jörg Urban, Fraktionsvorsitzender der AfD im Sächsischen Landtag, fordert: „Der russische Botschafter Sergej Netschajew soll bei der Gedenkveranstaltung in Torgau teilnehmen und reden dürfen. Im Zweiten Weltkrieg hat die Rote Armee der Sowjetunion den größten Blutzoll zahlen müssen. Das bekannte Bild, auf dem russische und amerikanische Soldaten zu sehen sind, die sich 1945 an der Elbe in Torgau die Hände reichen, ist in die Geschichtsbücher eingegangen. Wie das Auswärtige Amt davon abraten kann, russische Vertreter zu Weltkriegs-Gedenkveranstaltungen zuzulassen, ist mir völlig unverständlich. Die Geschichtsexperten unseres Außenministeriums sollten die politische Führung in Berlin darüber aufklären, dass sich die von ihnen unterstützte Selenskyj-Regierung der Ukraine auf Vorkämpfer wie Stepan Bandera und Roman Shukhevych beruft, die als rassistische Mörder für schlimmste Taten an Juden, Polen und Deutschen verantwortlich waren.“

Der AfD-Bundestagsabgeordnete Rüdiger Lucassen schreibt:

Wir Deutsche begehen das Gedenken an das Kriegsende vor 80 Jahren anders. Wir sekundieren nicht den heutigen Vertretern der Siegermächte, um an einer piefigen Veranstaltung mit den Nachtwölfen und Sachsens Ministerpräsident Kretschmer teilnehmen zu können. Das schaffen die gewiss ohne die Hilfe von AfD-Vertretern. Wir waren nicht Sieger und das spätere Gefühl einer Befreiung konnten in den Monaten ab Mai 1945 nur sehr wenige unserer Landsleute empfinden. Zu Viele hatten zu viel verloren.

Das Polit-Establishment hat es in den letzten 20 Jahren zudem fertig gebracht, das Gedenken an den Zweiten Weltkrieg vollends in den Dienst der innenpolitischen Instrumentalisierung zu stellen. Dem „Schrecken zu gedenken“ heißt heute, sein Kreuz nicht bei der „falschen Partei“ zu machen. Diesem respektlosen Missbrauch braucht die AfD jetzt nicht mehr kurz vor Schluss hinterher zu hecheln. Im übrigen hätte sich nie im Leben ein Repräsentant der alten Bundesrepublik auf eine Veranstaltung der ehemaligen Kriegsgegner verlaufen. Nicht Adenauer, nicht Brandt, nicht Schmidt, nicht Kohl, nicht Kurt Schumacher, nicht Genscher oder sonstwer mit intakter Pietät und Nationalgefühl. Ich möchte diese Tatsache in diesen Zusammenhang stellen, weil die „BRD“ (alter DDR-Schmähbegriff) heute, aus nachvollziehbaren Gründen, nicht mehr gut beleumundet ist. Vor der deutschen Wiedervereinigung applaudierte allerdings nur die SED-Nomenklatura der bedingungslosen Kapitulation und der Zerschlagung Deutschlands.

Der erste, der dies nach der Wiedervereinigung tat, war Gerhard Schröder bei den Feierlichkeiten zum 60. Jahrestag der Normandie-Landung. Deutschland steht vor einer neuen Zeit. Noch ungewiss, aber das Alte ist bereits vergangen.

Lassen wir als AfD die hohlen Rituale bei denen, die ebenfalls für das Vergangene stehen und bauen mit an einer neuen, größeren Zeit.

Man kann jetzt nur hoffen, dass die AfD nicht auch noch – wie die Gesellschaft – in Ost und West zerfällt und irgendwelche Parteimauern hochgezogen werden.

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