Ausgewogene und gerechte Justiz im Namen des Volkes? Von wegen... (Symbolfoto: Collage)

Sogar der Richterbund sorgt sich um den Zustand des deutschen Rechtsstaats

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Inzwischen macht sich sogar beim Deutschen Richterbund Besorgnis um den Zustand des Rechtsstaates in diesem Land breit – allerdings aus den völlig falschen Gründen. Deshalb ruft er die neue Regierung nun dazu auf, die Justiz besser vor autoritären Kräften zu schützen. Dass ausgerechnet die Merz-Truppe, die ja die autoritäre Politik verschärft, dies leisten könne, ist natürlich absurd; dennoch hat die Kritik der Richter einen Punkt: Der verbesserte Schutz des Bundesverfassungsgerichts vor gezielten politischen Eingriffen könne nur ein erster Schritt gewesen sein, meint Bundesgeschäftsführer Sven Rebehn. Es werde „immer klarer, dass es weitere Initiativen braucht, um den Rechtsstaat wetterfest zu machen und die Unabhängigkeit der Justiz gegen Durchgriffsversuche illiberaler Kräfte zu sichern“. Vor allem müssten die „gesetzlichen Einfallstore“ für einen politischen Missbrauch der Strafverfolgung „dringend geschlossen“ werden, so Rebehn weiter.

Das aus dem vorletzten Jahrhundert stammende Weisungsrecht der Justizminister für Ermittlungen der Staatsanwaltschaften sei „Gift für das Vertrauen der Menschen in eine objektive Strafjustiz“, kritisiert er zu Recht. Deshalb solle die neue Bundesregierung den Justizminister aus der Weisungskette bei der Strafverfolgung herausnehmen, wie es in Österreich bereits geschehen sei. „In den falschen Händen wäre ein politisches Durchgriffsrecht auf konkrete Strafverfahren fatal“, so Rebehn – dass dieses Durchgriffrecht in den Händen jeder Regierung grundsätzlich „fatal“ und eine Ohrfeige für die Gewaltenteilung ist, sagte er nicht.

Wohlfeiles Geschwätz

Auch die parteipolitisch instrumentalisierte Besetzung von Richterstellen ist dem Richterbund plötzlich ein Dorn im Auge, obwohl sie seit Generationen anhält. Das Verfahren soll nun so gestaltet werden, dass die Justiz „starke Mitbestimmungsrechte bei Einstellungen und Beförderungen“, fordert Rebehn.

Das alles ist zwar richtig, aber zugleich auch wohlfeiles Geschwätz. Dahinter streckt nämlich offensichtlich die Angst vor einer Regierungsbeteiligung der AfD, die dann auch Einfluss auf die Justiz hätte. Erst an diesem Punkt hat der Richterbund ein Problem mit der parteipolitischen Gängelei, die in Deutschland sei Urzeiten gang und gäbe ist. Solange es die AfD nicht gab, hatten Rebehn und Co. kein Problem damit, wenn Justizminister aller anderen Parteien darüber befinden, wann und gegen wen ermittelt werden darf. Der Missbrauch der Justiz durch politische Einflussnahme ist seit eh und je ein permanenter Skandal, den es so in keinem anderen demokratischen Rechtsstaat gibt. Aber erst dann, wenn eine dem herrschenden Kartell unliebsame Partei aufkommt und trotz aller Vernichtungsversuche immer stärker wird, entwickelt man in Justizkreisen plötzlich Bedenken gegen die eigene Degradierung zum Lakaien der Politik, die man bislang klaglos akzeptierte. Trotz richtiger Ansätze sind Rebehns Forderungen daher Heuchelei und ein Ausdruck derselben Missstände, die sie kritisieren. (TPL)

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