Einer von denen, die in ihrem vorschnellen Eifer über die (heute vorerst zurückgenommene) auftragsgemäße Etikettierung der AfD als “gesichert rechtsextrem” durch den Bundesverfassungsschutz gleich im vorauseilenden Gehorsam vorpreschten, war der rheinland-pfälzische SPD-Ministerpräsident Alexander Schweitzer, der sogleich entsprechende raunende Drohungen gegen AfD-Anhänger im Staatsdienst aussprach. Nun hat Schweitzer beim Sender „Welt“ erneut einen entlarvenden Einblick in sein demokratiefremdes Politikverständnis gegeben: Diesmal ging es um die Pflichten von Bundestagsabgeordneten: Mit Blick auf diejenigen, die Friedrich Merz im ersten Wahlgang ihre Stimme verweigerten, äußerte er sich “fassungslos”.
Er habe keine Erklärung dafür, so Schweitzer, denn mit so etwas sei nicht zu rechnen gewesen. Dafür hatte er aber klare Lektionen für Volksvertreter: Deren Job bestehe nämlich darin, „Teil des Teams“ zu sein. Jene, die „mal ein bisschen Schicksal“ gespielt hätten, seien „feige“, „verantwortungslos“ und „nicht klug mit Blick auf das gemeinsame Ziel“, befand er. Immerhin will Schweitzer darauf verzichten, wie er großzügig bekannte, jetzt in „Detektivarbeit“ einzusteigen, um die schuldigen Kollegen ausfindig zu machen. Zumindest Repressalien sollen ihnen also erspart bleiben. Seine Ausführungen zeigen dennoch exemplarisch, was aus dem „freien Mandat“ von Abgeordneten geworden ist.
Selbst ein Fall für den Verfassungsschutz
Laut Artikel 38 des Grundgesetzes sind sie eigentlich nach dem Geist der Verfassung „Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.“ Dass sie „Teil des Teams“ zu sein haben und „verantwortungslos“ handeln, wenn sie dies nicht sind, steht dort nirgends. In der politischen Praxis sind sie jedoch Vertreter und Kostgänger ihrer Parteien und nur dem Fraktionszwang unterworfen. Wenn sie ihr Mandat behalten oder überhaupt die Aussicht auf eines haben wollen, müssen sie sich bedingungslos der Parteiführung unterwerfen, damit sie auf einem „sicheren Listenplatz“ landen, die wiederum in Hinterzimmern ausgekungelt werden. Wenn sie nach ihrer Wahl nicht nach der Pfeife der Fraktionsführung tanzen, erhalten sie bestenfalls noch eine Warnung, danach sind sie weg vom Fenster.
Schweitzer hat zwar nur ausgesprochen, was seit Generationen üblich ist, allerdings nicht etwa kritisch oder indem er darin einen Misstand sieht, sondern er macht es zur Norm und empört sich über deren Verletzung. Im Grunde wäre er damit selbst ein Fall für den Verfassungsschutz, da er frei gewählte Abgeordnete öffentlich dazu aufrief, auf ihre verfassungsmäßigen Rechte zu verzichten. Aber da diese Behörde selbst längst Teil desselben Problems ist wie Schweitzer und der gesamte politisch-juristische Komplex, wird das alles natürlich folgenlos bleiben und die Degeneration der staatlichen Institutionen ungehindert weitergehen. (DM)