Der hermeneutische Zirkelschluss: Wie die AfD durch bösartige Zuschreibungen, infame Etiketten und haltlose Unterstellungen dämonisiert wird / von Nicole Höchst
Die Hermeneutik geht davon aus, dass Texte keinen objektiven, ein für alle Mal feststehenden Inhalt haben, sondern vom Leser vor dem Hintergrund seiner Zeit, Erfahrung und Einstellung interpretiert werden. Dabei kann es zu einem Zirkelschluss kommen: Der Leser versteht den Text so, dass er in sein bestehendes Weltbild passt. Anders ausgedrückt: Möchtegern-AfD-Vernichter schreiben uns eine unpassende Eigenschaft zu, wie etwa „Nazis“. Ab diesem Zeitpunkt wird alles unter dieser selbst gewählten Voraussetzung gelesen. Da wir keine Nationalsozialisten sind und auch unser Parteiprogramm nichts Derartiges hergibt, muss Schwammiges, Diffuses herhalten.
Es wurde sogar eine Extra-Kategorie „Hass und Hetze“ geschaffen, um den Affen namens „Ausgrenzung von Minderheiten“ zu füttern. Damit werden zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Die AfD wird in den Dunstkreis der NSDAP geframed, und jede Islamkritik wird mit derselben angemaßten Berechtigung als Minderheitenhass – wie in den schlimmsten zwölf Jahren – dargestellt. Die Muslime seien die neuen Juden, und so weiter. Da aber niemand von uns Muslime hasst oder ihnen etwas Schlechtes wünscht, finden sich keine Straftaten in unseren Reihen unter dem Paragraphen der Volksverhetzung. Also wird noch diffuser argumentiert: Berechtigte Kritik an der Einwanderungspolitik wird plötzlich fremdenfeindlich, Islamkritik sowieso. Selbst faktisch zutreffende Aussagen zu Kriminalitätsstatistiken werden zur “Volksverhetzung” erklärt.
Stoisches Behaupten der Unwahrheit erzeugt eine eigene Wirklichkeit
Zweitens wird Kritik an Ideologien zu Ausländerfeindlichkeit, Homo- und Transfeindlichkeit, insgesamt zu Menschenfeindlichkeit – egal, wie oft wir betonen, dass unsere Kritik nicht Menschen, sondern Ideologien und politische Fehlleistungen betrifft. AfD-Kritiker haben durch stoisches Behaupten, wir seien menschenfeindlich, die Voraussetzung geschaffen, unsere Aussagen als gegen die Menschenwürde gerichtet zu interpretieren. Die steht immerhin ganz oben im Grundgesetz. Genauso verhält es sich mit der Behauptung, wir seien “gegen Behinderte”. Weil wir die totale Inklusion als Ideologie kritisieren, unter der kein Kind – mit oder ohne Förderbedarf – optimal unterrichtet wird, seien wir “gegen Behinderte”. Blödsinn!
Am lächerlichsten wird es jedoch, wenn behauptet wird, wir wollten „das System abschaffen“. Wir wollen weder „Reiche erschießen“ noch „AfDler in die Gaskammer schicken“. Das wollten Linke. Wir haben auch keine militante Jugendorganisation im Stil der gewaltbereiten Antifa, die marodiert, Leute mit Hämmern verprügelt, Autos anzündet, Todeslisten mit Privatadressen von AfDlern pflegt und öffentlich verbreitet. Wir lehnen Gewalt als Mittel zum politischen Zweck aus tiefstem Herzen ab. Aber wir seien die Gefahr für das System? Aha! Wir haben in einer großen Anzahl von Programmen erklärt, welche Ziele und Vorstellungen wir haben. Doch die Deutungshoheit-Inhaber wissen es natürlich besser. Obwohl wir stets betonen – Rechtsstaat, Demokratie, Freiheit, Grundgesetz, saubere Gewaltenteilung –, wollen wir in Wahrheit das System und die Demokratie abschaffen. Ach so!
Kognitive Dissonanz
Selbst die Tatsache, dass wir mehr Demokratie durch Volksentscheide auf allen Ebenen fordern, stört die Chefhermeneutiker nicht. Dabei müsste jedem auffallen, dass die der AfD angehängten Schuhe einfach nicht passen. Und natürlich ziehen wir sie uns nicht an. Warum aber denkt niemand mehr nach und ruft „Bullshit“? Das liegt an der kognitiven Dissonanz. Die AfD ist die verfassungstreueste Partei, soll aber angeblich die Verfassung abschaffen wollen. Dieser Widerspruch ist nicht auflösbar. Und so bildet sich der „Tagesschau“- und „heute journal“-Bürger keine eigene Meinung – die wird durch kognitive Dissonanz blockiert –, sondern übernimmt willig vorgekaute „Wahrheiten“. Faktenchecker sorgen für die Eindämmung abweichender Meinungen und Klarheit.
Die AfD ist nicht rechtsextrem. Weder Programm noch Aussagen geben das her. Auf der einen Seite. Auf der anderen: Die AfD sei “gesichert rechtsextrem”, sagt der weisungsgebundene Verfassungsschutz. Diese Information trifft auf durch kognitive Dissonanz lahmgelegte Hirne. Krieg ist Frieden, Unwissenheit ist Stärke. Dazwischen ist jede verhaltensökonomische, manipulative Sauerei staatlich erlaubt. Die kognitiv Dissonanten haben ihren politischen Kompass beim ARD-Hauptstadtstudio abgegeben. Das eigenständige Denken übernimmt der Staat gern. Schließlich haben die Herrschenden des Polit-Medien-Kartells alles zu verlieren: Macht, Geld und Einfluss.
Die Fabel „Der Junge, der ‚Wolf! Wolf!‘ rief“
Dennoch habe ich Hoffnung. Denn ich habe früher aufmerksam zugehört, wenn mir Geschichten und Fabeln erzählt wurden. In besonderer Erinnerung geblieben ist mir die Fabel „Der Junge, der ‚Wolf! Wolf!‘ rief“. Sie stammt aus Äsops Sammlung und erzählt von einem Hirtenjungen, der aus Langeweile die Dorfbewohner narrte. Ein junger Hirte bewachte seine Schafe nahe eines Dorfes. Um sich zu amüsieren, rief er eines Tages: „Wolf! Wolf!“, obwohl kein Wolf da war. Die Dorfbewohner eilten herbei, fanden aber nur den lachenden Jungen. Er wiederholte den Streich mehrmals, und die Dorfbewohner kamen jedes Mal, nur um getäuscht zu werden. Eines Tages kam tatsächlich ein Wolf und griff die Herde an. Der Junge schrie aus Leibeskräften: „Wolf! Wolf!“ Doch diesmal glaubten ihm die Dorfbewohner nicht und blieben fern. Der Wolf zerstörte die Herde, und der Junge konnte nichts tun. Es ist die dichterische Variante der Weisheit „Ruf niemals ‚Feuer!‘, wenn es nicht brennt!“.
Lügen werden nicht wahrer, wenn sie stetig wiederholt werden. Sie nutzen sich ab. Am Ende glaubt dem Lügner niemand mehr, auch nicht, wenn es der Staat ist, der aus allen Propaganda-Rohren feuert.
Zur Autorin:
Nicole Höchst, Jahrgang 1970, ist AfD-Bundestagsabgeordnete aus Rheinland-Pfalz. Sie trat 2015 in die AfD ein und ist seit 2017 Bundestagsabgeordnete für den Wahlkreis 201 (Bad Kreuznach/Birkenfeld). Dort ist sie unter anderem als ordentliches Mitglied und Obfrau des Bildungsausschusses und als Sprecherin der AfD-Fraktion für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung tätig. Ferner ist sie stellvertretendes Mitglied in den Ausschüssen für Familie, Senioren und Jugend sowie für Digitales. Höchst ist desweiteren Delegierte des Deutschen Bundestages in den Europarat für die AfD-Fraktion und stellvertretende Vorsitzende des Kuratoriums der Desiderius-Erasmus-Stiftung.
Bis 2012 unterrichtete sie als Studienrätin am Staatlichen Speyer-Kolleg, anschließend war sie bis Oktober 2017 Referentin am Pädagogischen Landesinstitut (vormals IFB). Höchst war 2015 Mitglied der AfD-Bundesprogrammkommission und ist stellvertretende Vorsitzende des AfD-Kreisverbands Speyer. Sie ist katholisch, hat vier Kinder und lebt mit ihrer Familie in Speyer, wo sie auch Stadträtin ist.
Auf jouwatch veröffentlicht Nicole Höchst alle 14 Tage die kritische Kolumne „Höchst brisant“ zu aktuellen politischen und gesellschaftlichen Themen. Der erste Jahrgang dieser Kolumnen ist auch in Buchform erschienen. Unter demselben Titel veröffentlicht sie in unregelmäßigen Abständen Videobeiträge auf ihrem YouTube-Kanal.