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Kanzlei Mandic zur Ausreiseverweigerung der Bundesregierung gegenüber 8 jungen Deutschen

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Wir nähern uns immer mehr der DDR. Nur, dass hier die juristische Mauern hochgezogen werden und noch keiner vom Schäferhund gebissen wird, wenn er ins benachbarte Ausland reisen möchte.

Hier die Pressemitteilung der Kanzlei Mandic zu dem wohl größten Skandal dieser Tage:

„Gestern Abend erreichte uns ein Anruf eines Aktivisten, der am Flughafen München von der Bundespolizei festgehalten wurde, weil er zusammen mit anderen Mitstreitern am Remigrationsgipfel in Mailand teilnehmen wollte. Teilweise wurden die jungen Leute noch aus dem Flieger wieder herausgezogen. 

Nachts um 02:30 schickte uns der Mandant die ihm ausgehändigte Ausreiseuntersagung. Um 08:00 informierten wir das Verwaltungsgericht München und kündigten Eilanträge an und baten die Richter, sich bereit zu halten. Derweil versuchten wir die Bescheide auch der anderen Aktivisten zu bekommen, was nur in fünf Fällen gelang. 

Um 09:49 schrieb uns das Gericht und bat „dringend“ darum, „den Antrag mit sämtlichen Unterlagen, insbesondere dem Bescheid, unverzüglich einzureichen und den Antrag bis spätestens 10:30 zu begründen“. (!)

10:35 reichten wir 15 Seiten Eilantrag und Bescheide von 5 Aktivisten ein. 

Die Ausreiseuntersagungen sind offensichtlich rechtswidrig und wurden praktisch lediglich damit begründet, dass es auf dem Gipfel um Remigration gehe und dies ein rechtsextremistisches Konzept sei. Im Weiteren muten die Schreiben der Polizei skurril an. Teilweise wurde vermerkt, dass AfD Kugelschreiber und Höcke-Mützen aufgefunden wurden.

Bijan Tavassoli hat da noch eine hoch interessante Ergänzung:

„Sehe da jetzt im Rahmen der doch eher kursorischen Prüfung des zugrundeliegenden VAs nicht umbedingt eine große Wahrscheinlichkeit, dass das VG München die Rechtswidrigkeit der Ausreiseuntersagung oder gar die Notwendigkeit der Verfassungskonformen Auslegung des § 10 I PassG selbst feststellen wird.

Da gibt es einfach zu viele Fälle die diese politisch begründete Handlung inhaltlich stützten. Siehe dazu nur beispielhaft den Leitsatz aus dem Beschluss des VGH Mannheim vom 18.05.1994 – 1 S 667/94, „Durch die rechtsextremistische Betätigung eines Repräsentanten einer verbotenen neonationalsozialistischen Vereinigung im Ausland können sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland i. S. von § 7 I Nr. 1 PaßG gefährdet werden, die die Beschränkung des Geltungsbereiches eines Passes rechtfertigen (hier: Ausreiseverbot nach Polen).“

Da § 10 I S. 2 Alt. 1 eine Ermessensvorschrift ist die sich darauf bezieht, dass (beliebige) Tatsachen vorhanden sind, die ausreichen die ANNAHME zu rechtfertigen, dass die Vorraussetzungen des Blanketttatbestand des § 7 I Nr. 1 PassG vorliegen sehe ich nicht, wie ein Gericht im Eilverfahren – ohne diese Tatsachen wirklich umfangreich prüfen oder gar die Hintergründe der Ermessensausübung aufklären und auf mögliche Ermessensfehler untersuchen zu können – zu einer Rechtswidrigkeit des VA kommen kann sofern es keine Europa- oder Verfassungsrechtlichen Probleme mit der Norm selbst hat.

Im Hinblick auf das Europarecht hat mein damals auf dem Weg zum NATO-Gipfel in Straßburg aus dem Bus gezerrter Mitpassagier, während ich der erstmaligen Ankunft des dunklen Hegemon, Barack Hussein Obama, auf unserem Kontinent zusammen mit Französischen Kommunisten und Deutschen Anarchisten auf den Barrikaden der Elsässischen Rheinmetropole entgegentrat und unverhofft nach erheblichem Gummigeschossbeschuss und der Einwirkung unzähliger Tränengasgranaten plötzlich weinenden Auges doch seligem Herzens am bezaubernden Busen einer Sorbonne-Studentin Trost fand und im entzückendsten Pariser Zungenschlag die Parallelen unseres gegenwärtigen heroischen Kampfes zu dem unserer historischen Vorläufer vom 14. Juli 1789 aus dem Munde dieser prächtigen Philosophin erläutert bekam, einen für ihn sicher nicht unbedeutenderen Sieg vor Gericht erringen können. Beim nostalgischen Schwelgen in der Erinnerung, wo mein inneres Ohr das Dröhnen der Polizeikanonen und die – inhaltlich sicher stichhaltigen, mir als Lateiner jedoch nur sehr grob verständlichen – Worte der französischen Tochter aus Elisium durch den Klang der Töne von Beethovens engelsgleichem Chor zu Schillers Ode an die Freude ersetzt, wird mir allerdings bewusst, wie ungern ich diese Erfahrung für jeden noch so entscheidenden juristischen Erfolg opfern würde und das ich mit dem Genossen um keinen Preis der Welt tauschen wollte.

Ich muss mich Beizeiten wohl mal bei ihm melden und fragen wie es ihm so geht. Jedenfalls stellt der von ihm erkämpfte Beschluss vom 4. 4. 2009 des VG Stuttgart, AZ- 11 K 1293/09, dass:

„1. Bei der Prüfung, ob bestimmte Tatsachen die Annahme begründen, dass ein Deutscher erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährdet (§§ 10 I 2, 7 I Nr. 1 PassG) ist entscheidend darauf abzustellen, ob der handelnde Beamte aus der ex-ante-Sicht mit Blick auf die ihm tatsächlich zur Verfügung stehenden Informationen vom Vorliegen einer Gefährdung ausgehen konnte und diese Prognose dem Urteil eines fähigen, besonnenen und sachkundigen Amtswalters entspricht.

2. Der Umstand, dass es nicht zu strafrechtlichen Verurteilungen gekommen ist, mindert die Relevanz polizeilicher Erkenntnisse für die Gefahrenprognose.

3. Auf nicht konkretisierte polizeiliche Hinweise kann sich eine rechtsstaatlich vertretbare Gefahrenprognose nicht stützen.

4. Eine „bestimmte Tatsache” i.S. des § 7 I Nr. 1 PassG kann nicht schon darin gesehen werden, dass der Betreffende im Datenbestand INPOL als „Gewalttäter links” ausgeschrieben ist. Ohne genaue Kenntnis des der Eintragung des Betroffenen in dem Datenbestand INPOL zu Grunde liegenden Geschehens ist eine realistische Gefahrenprognose nicht möglich.“

Und ganz entscheidend:

„5. Die Wiedereinführung der Grenzkontrollen ist nur zulässig, wenn eine schwerwiegende Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder inneren Sicherheit abgewendet werden soll. Eine Ausreiseuntersagung mit dem Ziel, eine Beschädigung des Ansehens der Bundesrepublik Deutschland zu verhindern, dient aber nicht der Abwendung einer schwerwiegenden Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder inneren Sicherheit.“

Nun wird seitdem aufgrund der Europarechtlichen Überlagerung vielfach angenommen, dass ein Vorgehen wie im Falle Ihrer Mandanten nicht mehr zulässig sei denn Art. 25 des Schengener Grenzkodex erlaube die Wiedereinführung von Binnengrenzkontrollen ausschließlich als Abwehrmaßnahme und nur im Falle einer schwerwiegenden Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder inneren Sicherheit des jeweiligen Mitgliedstaates und nicht zur Abwendung etwaigen ansehensschädigenden Verhaltens für die Bundesrepublik Deutschland.

Ein solcher Verstoß gegen höherrangiges EU-Recht könnte zur Rechtswidrigkeit auch von nach nationalem Recht ansonsten nicht zu beanstanden Ausreiseuntersagungen führen. Soweit der VA sich allein auf die friedliche politische Betätigung des Mandaten stützt und keine Begründung im Hinblick auf bevorstehendes gewalttätiges und insoweit für die Bundesrepublik Deutschland ansehensschädigendes Verhalten, sowie entsprechende Anhaltspunkte wie einschlägige Verurteilungen des Mandanten bspw. wg Landfriedensbruches nachgeschoben werden kann, wäre er meiner Auffassung nach rechtswidrig. Das Bundesinnenministerium sowie der neue Bundeskanzler vertritt in dieser Frage allerdings bekanntlich seit wenigen Tagen eine andere – von Ihrer Mandantschaft ironischerweise vermutlich sogar begrüßte – Rechtsauffassung zur Frage der Zulässigkeit von Binnengrenzkontrollen im Schengenraum. Da diese Auffassung sich mittlerweile auf eine seit 2015 zunehmend ausgeweitete und in der Corona-Zeit kulminierende Staatenpraxis stützen kann. Es lässt sich daher gut vertreten, dass die noch vor 15 Jahren herrschende Meinung bzgl. des Art. 25 des Schengener Grenzkodex und seiner Ausstrahlungswirkung auf die Tatbestandsvorraussetzungen des § 10 I S. 2 Alt. 1 im § 7 I Nr. 1 PassG nun nicht mehr zu halten sei.

Wenn der Zugrundeliegende VA also nicht als rechtswidrig verworfen wird, kommt es allein darauf an ob das öffentliche Interesse oder das Interesse eines Beteiligten an der sofortigen Vollziehung das Aussetzungsinteresse des Betroffenen überwiegt. Bei dieser Abwägung hat das Gericht im einstweiligen Rechtsschutz einen erheblichen Beurteilungsspielraum von dem – davon kann man wohl ausgehen – es eher nicht zugunsten Deiner Mandantschaft Gebrauch machen dürfte.

All zu leicht kann es im Hinblick auf die geografische sowie temporäre Einschränkung der Ausreiseuntersagung, die zuvor schon in der Verhältnismäßigkeitsprüfung zugunsten des Staates wirkte, hier das Aussetzungsinteresse des Betroffenen für äußerst gering betrachten.

Der Weg über einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gem. § 80 V VwGO wäre daher jetzt nicht mein zentraler Angriffspunkt gewesen.

Kenne die Akte natürlich nicht und selbst wenn sich der SV abschließend so darstellen sollte wie ich in meinem Ausführungen an anderer Stelle vermutete, so würde ich da dennoch absolut keinen Beratungsfehler sehen (zumal man die Mandantschaft sicherlich über die weiterhin bestehende Möglichkeit der legalen Einreise in die Betroffenen Länder via der Grenze zu einem nicht Deutschen Drittstaat aufgeklärt haben wird) und erst recht keinen Haftungsfall.

Deutschland wird mit ihrem „alle anderen sind rechtsextrem“ immer mehr zur internationalen Lachnummer – auch oder gerade wegen der neuen Linksregierung unter Friedrich Merz.

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